Glosse: Das Streiflicht: Lars but not least sind Politiker doch auch nur Menschen

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(SZ) Bekanntlich ist niemand selbstkritischer als wir Medienmenschen. Daher das offene Bekenntnis: Es kann, natürlich nur in extrem seltenen Ausnahmefällen und selbstredend noch extrem seltener in dieser Zeitung, gelegentlich zu inhaltlichen Unschärfen oder Fokussierungsmängeln kommen. Dann mag es geschehen, dass aus der Waldschlößchenbrücke zu Dresden die Feldschlößchenbrücke geworden ist, weil dem Autor das Feldschlößchen-Pilsner offenbar deutlich näher lag als das alte Waldschlösschen nahe der Elbe. Manchmal sind erstaunliche Ausführungen etwa auf der Homepage eines Mediums auch damit zu erklären, dass gegen Abend, wenn die Tagschicht in den Feierabend geht, die nächste übernimmt und die Leserschaft dann am nächsten Morgen statt der üblichen Trumps und Putins mit der Schlagzeile begrüßt wird: Der Penis ist die Antenne des Herzens. Die anschließende Konferenz verläuft dann lebhaft.

Solche oder ähnliche Gründe mag es haben, dass der so knochenseriöse Spiegel den guten alten Namenswitz entdeckt hat. „Lars Man Standing“ steht dann über einem Bericht zu den Koalitionsverhandlungen im Allgemeinen und Lars Klingbeil im Besonderen. Damit soll wohl gesagt werden, dass diesem Teile der prinzipienstolzen Partei abhandenkommen, weil ihnen konkrete Kompromisse unheimlich sind. Das ist natürlich ein echter Klopper und hat seinen Schöpfern so viel Freude gemacht, dass sie gleich noch „Lars macht mobil“ folgen ließen, angelehnt an den Zahnplomben gefährdenden Schokoriegel, der nach Genuss angeblich umgehend die Lebensgeister weckt für Arbeit, Sport und Spiel. Kleingeister mögen nun fragen: Wie und wen kann denn der Lars mobil machen, wenn er doch der letzte Mann ist, der noch steht? Aber derlei Beckmesserei würde die stille Schönheit dieser Schöpfungen verkennen. Klingbeil selbst ließ übrigens wissen, er habe in jüngeren Jahren den Spitznamen Lars Vegas getragen. Die genauen Gründe dafür mögen sich aus heutiger Sicht nicht ganz leicht erschließen. Aber womöglich hat er deswegen so geschickt gezockt in den Verhandlungen mit der CDU, die noch so oft vergeblich rief: Der Merz ist da!

Albert schläft wie Einstein! Namenswitze sind eine verkannte Perle des deutschen Humors. Egal, wie du schillerst, Friedrich war Schiller! Wie gern würde man den Faden aufgreifen und den geschätzten Kollegen weitere Anregungen unterbreiten: Hoffentlich hat der SPD-Vorsitzende trotz all des rituellen Gemosers der Jungsozialisten über seine Verhandlungskunst die Lars Vivendi nicht verlernt. Lars mal chillen, kann man da nur sagen. Lars but not least ist er doch auch nur ein Mensch. Die Jusos wiederum würden den Zustand der Republik und der SPD leicht erklären durch die heutige Spätphase des staatsmonopolistischen Kapitalismus. Da ist der Genosse Klingbeil eben doch nur lars pro toto.

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