Der türkische Oppositionelle Ekrem İmamoğlu sitzt in Haft. Von dort hat er sich überraschend an die Bundesregierung gewandt – mit einem verteidigungspolitischen Anliegen.
Aktualisiert am 22. April 2025, 15:51 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, mga
Der inhaftierte Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu hat an die künftige Bundesregierung appelliert, die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an die Türkei nicht zu blockieren. Die Flugzeuge würden von der türkischen Luftwaffe "dringend benötigt und seit langem erwartet", hieß es in einem Beitrag, der auf dem Account des türkischen Oppositionspolitikers auf X veröffentlicht wurde.
In dem Post bat İmamoğlu darum, die Entscheidung unabhängig davon zu treffen, wer die Türkei regiert. "Die Türkei ist nicht nur Erdoğan. Sie ist größer als Erdoğan", sagte der Politiker der Säkularen CHP mit Blick auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dessen islamisch-konservative AKP. "Regierungen kommen und gehen. Die nationalen Interessen der Türkei sind wertvoller als Erdoğan oder İmamoğlu."
Deutschland hatte vor wenigen Monaten eine Kehrtwende beim Export von Rüstungsgütern in die Türkei vollzogen; nach Jahren wurden erstmals wieder größere Lieferungen an das Nato-Land zugelassen. Im Oktober zeigt sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Türkei-Besuch zudem offen für die Lieferung von 40 Eurofighter-Kampfjets. Da Deutschland an dem europäischen Gemeinschaftsprojekt beteiligt ist, können die Kampfjets ohne die Zustimmung der Bundesregierung nicht exportiert werden.
Entscheidung über Kampfjet-Lieferung wohl noch nicht gefallen
Mit seinem Appell an eine künftige schwarz-rote Bundesregierung unter dem designierten Kanzler Friedrich Merz (CDU) reagierte İmamoğlu nun auf einen Bericht des Handelsblatts. Darin hieß es vergangene Woche, die geschäftsführende rot-grüne Regierung blockiere den Export der in Großbritannien unter deutscher Beteiligung produzierten Eurofighter. İmamoğlu schrieb dazu an die künftige Regierung: "Ich bitte Sie inständig, diese Entscheidung zurückzunehmen."
Das für Rüstungsexporte zuständigen Bundeswirtschaftsministerium teilte unterdessen mit, die geschäftsführende Bundesregierung werde "in weitreichenden Rüstungsexportkontrollfragen den von der künftigen Bundesregierung zu treffenden Entscheidungen nicht vorgreifen". Eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der möglichen Lieferung der Kamfpjets scheint demnach noch nicht gefallen zu sein.
Seit seiner Festnahme hatten sich İmamoğlu und sein Team primär zu innenpolitischen Themen zu Wort gemeldet und das Vorgehen der AKP-Regierung kritisiert. İmamoğlu gilt als aussichtsreicher Herausforderer des Staatspräsidenten Erdoğan, dem vorgeworfen wird, zunehmend autoritär zu regieren. Der beliebte Oppositionspolitiker war am 19. März zunächst festgenommen, später verhaftet und als Bürgermeister von Istanbul abgesetzt worden. Das Vorgehen wird weithin als politisch motiviert kritisiert und löste eine Protestwelle in der Türkei aus, im Zuge derer es zu zahlreichen weiteren Festnahmen von Oppositionellen kam.