Vor wenigen Tagen jährte sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zum 39. Mal. Lange galt das umliegende Ackerland als unbrauchbar. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse deuten nun darauf hin, dass Tausende Hektar des betroffenen Ackerlandes in der Nordukraine inzwischen gefahrlos genutzt werden könnten.
In einer Studie haben die Universität Portsmouth und das ukrainische Institut für landwirtschaftliche Radiologie eine Methode entwickelt, mit der neu bewertet werden kann, ob das Ackerland wieder sicher zu bewirtschaften ist, das nach dem Reaktorunfall 1986 aufgegeben wurde. Sie wurde im Journal of Environmental Radioactivity veröffentlicht. Die Forschungsergebnisse wecken demnach die Hoffnung, dass die seit fast vier Jahrzehnten nicht mehr bestellten Gebiete nun nutzbar gemacht werden könnten.
Sicherer Anbau auf Versuchsfeld möglich
Für die Studie nutzten die Forschenden ein 100 Hektar großes Versuchsfeld in der ukrainischen Region Schytomyr. Ihre Ergebnisse zeigten, dass es möglich war, auf dem Feld Pflanzen sicher anzubauen. Auch die Landarbeiter seien während des Anbaus einer effektiven Strahlendosis ausgesetzt gewesen, die weit unter dem nationalen Sicherheitsgrenzwert der Ukraine liegt – und deutlich niedriger ist als die Hintergrundstrahlung, die überall auf der Welt auftritt.
Die Forschenden entwickelten zudem ein aus fünf Punkten bestehendes Protokoll, das eine einfache Neubewertung des Sicherheitsstatus von Ackerland im Umkreis von Tschernobyl ermöglichen soll. Das Protokoll müsse sich jedoch nicht auf die Nordukraine beschränken, wie Jim Smith, Professor an der Universität Portsmouth und Studienautor, sagt: »Hier geht es nicht nur um Tschernobyl. Es geht um die Anwendung von Wissenschaft und Fakten, um sicherzustellen, dass die Menschen geschützt sind und gleichzeitig kein Land unnötig vergeudet wird.«
Nach der Katastrophe von Tschernobyl wurden große Regionen der Nordukraine als zu gefährlich für den landwirtschaftlichen Anbau eingestuft. Rund um das Atomkraftwerk existiert eine 4200 Quadratkilometer große Sperrzone, die nach wie vor unbewohnt ist. Sie gilt mittlerweile als eines der größten Naturschutzgebiete Europas.