Wegen einer offenbar gefälschten Audioaufnahme, in der Mohammed beleidigt worden sein soll, kam es bei Damaskus zu Kämpfen. Dabei wurden mindestens zehn Menschen getötet.
Aktualisiert am 29. April 2025, 17:41 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, ale
In einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus sind bei Kämpfen zwischen bewaffneten Angehörigen der Minderheit der Drusen und regierungstreuen sunnitischen Kämpfern mindestens zehn Personen getötet worden. Das teilte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Das von Aktivisten getragene Medienkollektiv Suwaida 24 sprach von elf Toten und zwölf Verletzten. Ursache der Kämpfe war eine – offenbar gefälschte – Audioaufnahme, in welcher der islamische Prophet Mohammed beleidigt worden sein soll.
Die Aufnahme wurde einem drusischen Geistlichen, Marwan Kiwan, zugeschrieben. Nachdem sie verbreitet worden war, brachen den Aktivisten zufolge Kämpfe im Damaszener Vorort Dscharamana aus. Kirwan bestritt, den Clip angefertigt zu haben. "Ich habe das nicht gesagt, und derjenige, der das gesagt hat, ist ein bösartiger Mensch, der Unfrieden zwischen Teilen des syrischen Volkes stiften will", sagte der Geistliche in einem Videostatement. Auch das Innenministerium der neuen syrischen Übergangsregierung teilte mit, dass Kirwan laut ersten Ermittlungen keine Verbindung zu dem Mitschnitt habe. Die noch unbekannten Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen, kündigte es an.
Laut einem Vertreter der Sicherheitsbehörden sollen die Kämpfe in der Nacht zum Dienstag begonnen haben, als Bewaffnete aus mehreren überwiegend sunnitischen Gebieten in das mehrheitlich von Drusen bewohnte Dscharamana eingedrungen seien. Ein Sprecher des Innenministeriums bestritt wiederum, dass die Stadt attackiert worden sei. Gruppen von Zivilisten, die über die Aufnahme empört gewesen seien, hatten demnach einen Protest organisiert, der von drusischen Gruppen beschossen worden sein soll.
Drusen misstrauen syrischer Übergangsregierung
Dem Ministeriumssprecher zufolge waren unter den Toten zwei Mitglieder einer neuen Sicherheitstruppe, die hauptsächlich aus ehemaligen Rebellen gegen die Diktatur von Baschar al-Assad besteht. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht hingegen von sechs getöteten Einwohnern von Dscharamana und vier getöteten Angreifern. Das Innenministerium rief die Bürger zur Ruhe auf: Sie dürften nicht zulassen, dass Emotionen zu Gewalt führten, teilte es mit. Auch Vertreter von drusischen Gemeinden verurteilten die Tonaufnahme, kritisierten aber den "ungerechtfertigten bewaffneten Angriff" auf Dscharamana und die Regierung dafür, ihn nicht verhindert zu haben.
In den vergangenen Wochen kam es in Dscharamana mehrmals zu Kämpfen zwischen syrisch-drusischen Bewaffneten und Sicherheitskräften. Die Religionsgemeinschaft der Drusen ist ein Ableger des schiitischen Islam, der im zehnten Jahrhundert entstand. Weltweit gibt es etwa eine Million Drusen, die Hälfte von ihnen lebt in Syrien. Die Minderheit, die wie weitere ethnisch-kulturelle Minderheiten der syrischen Übergangsregierung misstraut, wirft den neuen Machthabern vor, sie nicht gegen feindliche Milizen schützen zu können.
Der Sturz der Assad-Diktatur durch ein Bündnis von Rebellen, das von der islamistischen Miliz HTS angeführt wurde, führte zu Befürchtungen einer Verfolgung von Minderheiten durch die neuen Machthaber. Im März sind bei Kämpfen Hunderte Menschen aus der Volksgruppe der Alawiten getötet worden, der auch Assad angehört. Mutmaßlich waren die Täter regimefreundliche Kräfte, die aus Vergeltung für einen Aufstandsversuch von Anhängern Assads handelten.