Der AFC Wrexham hat als erstes Team in der englischen Football League drei Aufstiege in aufeinanderfolgenden Saisons gefeiert. Die Gesichichte von einer grauen Maus, die zu einer großen Marke aufpoliert wurde - und noch lange nicht am Ende ist.

Drei Saisons, drei Aufstiege: Der AFC Wrexham. IMAGO/Shutterstock
Mit Hollywood-Glanz auf dem Weg nach ganz oben: Der AFC Wrexham hat sich am Wochenende den dritten Aufstieg in Folge gesichert und geht in der kommenden Saison in der zweitklassigen Championship an den Start. Der Aufschwung seit der Übernahme der Schauspieler Ryan Reynolds und Rob McElhenney scheint schier unaufhaltsam. Dabei war der Klub lange Zeit eher eine graue Maus in den Untiefen der englischen Football League.
Der AFC Wrexham gilt als der älteste Fußballklub in Wales. 1864 erblickte der Verein das Licht der Welt und sicherte sich 1878 mit dem walisischen Pokal den ersten Titel. Es folgten weitere Erfolge im Pokal und Meisterschaften in der Welsh Senior League, einer hauptsächlich regionalen Liga, und "The Combination", einer Liga mit Klubs aus dem Nordwesten Englands und Wales.
Rekordsieger des Welsh Cup
1921 trat der Klub in die englische Football League ein, in deren System sich der Verein satte 87 Jahre hielt, dabei aber nie den Sprung in die Erstklassigkeit schaffte, sondern sich stets zwischen der zweiten und der vierten Division bewegte. Große Erfolge in England blieben aus, im walisischen Pokal sammelte der Verein derweil weiter Trophäen. Mit 23 Titeln ist Wrexham der Rekordsieger des Welsh Cup, an dem er allerdings seit 1995 - mit Ausnahme der Saison 2011/12 - nicht mehr parallel zu den Wettbewerben im englischen Verband teilnehmen darf.
2008 folgte erstmals der Absturz aus der Football League in die fünftklassige National League, in der man fortan feststeckte. Zwar erreichte man fünfmal die Play-offs zur 4. Liga, spätestens im Finale war aber stets Schluss. Doch das sollte sich schlagartig ändern, als ebenjene Schauspiel-Kollegen 2020 in Wrexham aufschlugen und im Februar 2021 den Klub übernahmen.
Rob hat gleich gesagt: 'Das Ziel ist die Premier League'. Leute haben gelacht. Es klang verrückt, aber wir meinten es ernst.
Reynolds erinnerte sich nach dem jügsten Erfolg in einem Instagram-Post: "Auf der ersten Pressekonferenz wurden wir gefragt, was unsere Ziele sind. Und Rob hat gleich gesagt: 'Die Premier League'. Leute haben gelacht. Sie hatten jedes Recht dazu. Es klang verrückt, aber wir meinten es ernst."
Und das sollte sich früh zeigen. Der triste Fünftliga-Alltag erhielt plötzlich einen Hollywood-Anstrich, im Rahmen der Dokumentarserie "Welcome to Wrexham" begleiteten Kameras den Klub, die Brust zierte plötzlich der neue Sponsor TikTok - und der Erfolg sollte schnell folgen. Dies hat der Verein natürlich auch der finanziellen Unterstützung und ganz besonders der Reichweite seiner Eigentümer zu verdanken, durch die Wrexham mittlerweile zu einer echten Marke geworden ist. Ein Beispiel: Während der aktuelle Championship-Spitzenreiter Leeds United es auf 1,2 Millionen Follower bei Instagram bringt, sind es beim AFC Wrexham bereits 1,5 Millionen. Klar, dass mit der Zeit auch die kritischen Stimmen, besonders unter der direkten Konkurrenz, lauter wurden, die einen Wettbewerbsvorteil bei den Walisern sehen.
Weichenstellung im Sommer 2021
Sportlich verpasste man im ersten Halbjahr nach der Übernahme noch die Play-offs um einen Punkt. Im anschließenden Sommer 2021 sollten dann aber die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt werden. Phil Parkinson, zuvor unter anderem für Sunderland und Bolton tätig, wo er Championship-Erfahrung sammelte, übernahm den Trainerstuhl und mit Paul Mullin, der zuvor noch 32 Treffer in der 4. Liga erzielt hatte, unterschrieb der Torgarant auf dem Weg zur Rückkehr in die Football League beim Fünftligisten.
Auch 2021/22 musste Wrexham allerdings in die Play-offs und scheiterte dramatisch mit 4:5 an Grimsby. Ein Jahr später gelang dann aber der Durchbruch. Mit 111 Punkten in 46 Spielen - darunter 22 Siege und ein Remis zuhause - feierte der AFC angeführt von Torjäger Mullin, der 38-mal traf, die Meisterschaft und den direkten Aufstieg.
Große Namen für große Ziele
Wieder wurde sich mit Spielern aus oberen Ligen verstärkt, darunter die international erfahrenen, aber vermeintlich schon ein wenig in die Jahre gekommenen James McClean (103 Länderspiele für Irland) und Steven Fletcher (33 Länderspiele für Schottland) oder der frühere Premier-League-Torwart Ben Foster. Während sich der Klub international aufgrund der Dokumentation immer größerer Bekanntheit erfreute, ging der Erfolgslauf auch sportlich weiter. Mit 26 Siegen, zehn Unentschieden und zehn Remis sicherte sich die Elf von Trainer Parkinson die Vizemeisterschaft und den direkten Durchmarsch in die 3. Liga.
Neues Jahr, gleiches System: Auch vor und während der laufenden Saison wurde der Kader namhaft aufgestockt, unter anderem mit dem früheren Leicester-Profi Matty James, Torwart Arthur Okonkwo, der in der Saison 2022/23 noch österreichischer Pokalsieger mit Sturm Graz geworden war, oder Winterneuzugang Jay Rodriguez, der in seiner Karriere 258 Partien in der Premier League bestritt. Und seit Sonntag steht fest: Das Ergebnis ist wieder dasselbe.

Eigentümer auf einer Erfolgswelle: Rob McElhenney (li.) und Ryan Reynolds. IMAGO/Shutterstock
Mit einem 3:0 über Charlton hat sich Wrexham einen Spieltag vor Schluss nicht nur einen Punkt mehr als im Vorjahr in Liga 4 erspielt, sondern auch erneut die Vizemeisterschaft gesichert und damit für ein Novum gesorgt: Nie zuvor war es einem Klub in der englischen Football League gelungen, in drei aufeinanderfolgenden Saisons aufzusteigen. "Das erste Team, dem das gelingt, und der Kapitän zu sein, der die Ehre hat, das anzuführen, ist absolut unglaublich", freute sich Spielführer McClean nach dem Erfolg bei Sky.
Reynolds fühlt sich in Wrexham "zuhause"
Sowohl McClean als auch Reynolds schwärmen vom Zusammenhalt in Wrexham."Ich fühle mich hier zuhause", sagt der Schauspieler mittlerweile über den Klub, der ihm vor nicht allzu langer Zeit wahrscheinlich noch nichts gesagt hat. Der Durchmarsch sei unter anderem nicht möglich gewesen, ohne "die Weisheit von Phil Parkinson", der in seinen 181 Ligaspielen mit Wrexham unglaubliche 112 Siege einfuhr und nur 29-mal verlor. Oder "dem Talent von Paul Mullin", dem Helden vorangegangener Saisons, auch wenn dieser in der aktuellen Spielzeit nur noch eine untergeordnete Rolle spielte.
So geht der Klub im kommenden Jahr also in der Championship an den Start und ist erstmals seit 1982 und erst zum fünften Mal seit dem Beitritt in die Football League vor 104 Jahren überhaupt zweitklassig. Das von McEllhenney geäußerte und vor vier Jahren noch absurd scheinende Ziel, die Premier League zu erreichen, es rückt näher und näher.
dza