Bald Raketenstartplatz in der Nordsee?: Söder will Infrastruktur-Sondervermögen für deutsche Raumfahrt nutzen

vor 16 Stunden 5

Deutschland soll dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zufolge einer der führenden europäischen Akteure in der Raumfahrt werden. Dazu müsse auch Geld aus dem neuen milliardenschweren Sondervermögen Infrastruktur eingesetzt werden, sagte der CSU-Chef am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Man solle Geld nicht nur für Schiffswerften ausgeben, sondern auch in „moderne Technologien der Zukunft“ investieren. Zudem habe die schwarz-rote Koalition bereits Geld für die Aufstockung der deutschen Anteile an der Europäischen Raumfahrtagentur ESA reserviert. Damit solle der deutsche Einfluss auf gesamteuropäische Projekte in diesem strategisch wichtigen Bereich erhöht werden.

Als er sich bereits vor Jahren sehr stark in Bayern für das Thema Raumfahrt eingesetzt habe, sei er belächelt worden, so Söder. Im Bereich der Raumfahrt gebe es „Riesen-Chancen und Riesen-Möglichkeiten. Deutschland war da lange zu zurückhaltend.“ Weiter betonte er die Chancen in diesem Bereich: „Deutschland kann tatsächlich in Europa eine ganz zentrale Rolle spielen.“

Vor einigen Jahren gabs Lächeln, heute ist das anders. Wir haben da Milliardenumsätze.

Markus Söder

Söders Plan: Länder-Kooperationen und Fachkräfte-Ausbildung

Söder sprach von einer nötigen Zusammenarbeit der Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bremen, in denen bereits Firmen in dem Bereich aktiv seien.

Wichtig sei auch die Ausbildung von Fachkräften in dem schnell wachsenden Wirtschaftsbereich. „Wir haben in München (zudem) jetzt die größte Fakultät für Luft- und Raumfahrt in Europa mit auf den Weg gebracht“, sagte Söder. Diese werde „überrannt“ von Studenten aus Deutschland, Europa und der Welt.

Söder kritisiert Habecks Absage an Flugtaxi-Förderung

Der CSU-Chef warf der Ampel-Regierung und besonders Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, die Raum- und Luftfahrt-Branche zu wenig gefördert zu haben. „Robert Habeck hat da zu wenig getan“, beklagte Söder.

Als Beispiel nannte er eine nicht erteilte Bundes-Bürgschaft über 50 Millionen Euro für ein Flugtaxi-Unternehmen in Bayern, dessen Knowhow dann nach China gegangen sei.

Dabei sei die Raumfahrt „ein echtes ökonomisches Zukunftsthema“ und nicht nur militärisch wichtig. Es gebe positive Effekte auch auf andere Technologiebereiche wie die künstliche Intelligenz oder Quantencomputing.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte sich im Oktober nicht auf eine Kreditbürgschaft über 50 Millionen Euro für den Flugtaxi-Entwickler Lilium einigen können. Von Seiten der Grünen hatte es geheißen, ein Engagement sei angesichts der schwierigen Haushaltslage des Bundes nicht verantwortbar. Das Flugtaxi sei zudem ein Luxus-Nischenprodukt, das mit hohen technischen Risiken behaftet sei. Im Februar hatte Lilium zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet.

Die Zuständigkeit für Raumfahrt wird in der neuen Bundesregierung aus dem Wirtschafts- ins Forschungs- und Technologieministerium verlagert. Die CSU wird dort die Ministerin stellen. Im Gespräch ist die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär.

Söder schließt Raketenstartplatz in der Nordsee nicht aus.

Auf die Frage, ob es tatsächlich konkrete Pläne für einen Raketenstartplatz in der Nordsee geben wird, antwortete Söder: „Das wird auf jeden Fall diskutiert werden.“ Dabei verwies er auf Abflüge von ESA-Raketen aus französischen Überseegebieten, die bereits durchgeführt werden.

Söder strebt seit Jahren ins All

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es: „Raumfahrt ist eine Zukunfts- und Schlüsseltechnologie und auch für unsere Sicherheit und unsere militärischen Fähigkeiten zentral.“ Man strebe zudem an, einen deutschen Astronauten auf den Mond zu bringen, haben sich die Koalitionäre in ihren Vertrag geschrieben. Wie zu hören ist, trägt das Kapitel vor allem die Handschrift Söders.

Seit Jahren strebt Markus Söder ins All. 2018 stellte der Ministerpräsident die bayerische Raumfahrtstrategie „Bavaria One“ vor und erntete dafür jede Menge Spott. Doch Söder zeigte sich unbeirrt, versprach 700 Millionen Euro und verfolgte den Plan, in Bayern ein „Houston Deutschlands“ zu entwickeln.

Was nach der Verwirklichung eines Kindheitstraums des 58-Jährigen wirkt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Thema mit großer sicherheits- und wirtschaftspolitischer Brisanz. Die Umsätze der Raumfahrtindustrie lagen 2023 bei rund drei Milliarden Euro, etwa 10.000 Arbeitsplätze hatte die Branche zuletzt. Tendenz steigend. Vor allem Universitäten und Start-ups in Bayern gelten seit Jahren als führend. (Reuters, mira)

Gesamten Artikel lesen