Auch Zwanziger vor letztem Akt im Sommermärchen-Prozess

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Nach der Einstellung des Verfahrens gegen Ex-DFB-Generalsekretär Schmidt dürfte der Sommermärchen-Prozess auch für Theo Zwanziger ein Ende finden. Nur der DFB muss weiterkämpfen.

Das Verfahren gegen den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger dürfte am Mittwoch eingestellt werden.

Das Verfahren gegen den früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger dürfte am Mittwoch eingestellt werden. picture alliance/dpa/dpa/POOL

Wenn Günter Netzer am Mittwoch als Zeuge im Sommermärchen-Prozess aus der Schweiz zugeschaltet wird, dürfte Theo Zwanziger den Gerichtssaal bereits als freier Mann verlassen haben. Knapp 14 Monate nach der Eröffnung ist die Einstellung des Verfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung zu Beginn des 28. Verhandlungstages wohl nur noch Formsache.

Nachdem Ende der vergangenen Woche der Beschluss über die Einstellung des Prozesses gegen den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt gegen die Zahlung einer fünfstelligen Geldauflage ergangen ist, wie ein Sprecher des Landgerichts Frankfurt und Schmidts Anwälte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bestätigten, soll im zweiten Anlauf nun auch für Zwanziger Schluss sein. Der erste Versuch war Anfang April am Veto der Staatsanwaltschaft gescheitert.

Mittlerweile haben Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz und der leitende Staatsanwalt Jesco Kümmel bei einem Telefonat die neuen Modalitäten besprochen. Es gilt daher als sicher, dass die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler das Prozess-Ende für Zwanziger gegen eine Zahlung von 10.000 Euro zugunsten einer wohltätigen Einrichtung verkündet.

Ex-DFB-Boss rehabilitiert

Für Zwanziger, der Anfang Juni 80 Jahre alt wird, ist die bei einer vorzeitigen Verfahrenseinstellung gesetzlich vorgeschriebene Geldauflage ein kleines, aber notwendiges Übel, das er in Kauf nimmt. Denn sowohl das Gericht als auch die Staatsanwaltschaft als anklagende Behörde hatten den ehemaligen DFB-Boss in den vergangenen Wochen vom Verdacht einer Täuschung im Zuge der Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland freigesprochen.

Kümmel hatte Zwanziger attestiert, dass dieser "weder in die Initiierung noch die ersten Schritte der Tilgung" eines Darlehens in Höhe von zehn Millionen Schweizer Franken eingebunden gewesen sei. Das Darlehen hatte Franz Beckenbauer 2002 vom französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus erhalten.

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Die Summe war nach Katar auf ein Firmenkonto des damaligen FIFA-Exekutivmitglieds Mohamed bin Hammam geflossen. Es habe sich dabei um eine "Schmiergeldzahlung" gehandelt, stellte die Vorsitzende Richterin während des Verfahrens fest. Mit dem Geld habe sich der DFB ein FIFA-Zuschuss in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken für die WM-Kosten gesichert.

Anklage reduziert Steuerschaden

Nach Ansicht von Chef-Ankläger Kümmel hätte Zwanziger dies "nicht gebilligt, sondern mit allen Mitteln zu verhindern versucht, wenn er es von Beginn an gewusst hätte". Zwanziger hatte jedoch - anders als Schmidt - erst 2003 davon Kenntnis erhalten. Im April 2005 hatte der DFB die Beckenbauer-Schulden bei Louis-Dreyfus beglichen.

Die Rückzahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro war damals über die FIFA abgewickelt und in der Steuererklärung für 2006 als Betriebsausgabe verbucht worden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war dies nicht rechtmäßig. Der DFB habe dadurch Steuern in Höhe von 2,7 Millionen Euro hinterzogen. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft von einem Steuerschaden in Höhe von 13,7 Millionen Euro gesprochen.

Die Vorsitzende Richterin war bei ihrer rechtlichen Einschätzung, die sie Ende März vorgetragen hatte, dagegen zu einer anderen Bewertung gekommen. Nach derzeitiger Betrachtung dürfte die Zahlung "eine Betriebsausgabe darstellen", sagte Distler. Sie hatte daraufhin die Einstellung des Verfahrens gegen Zwanziger vorgeschlagen.

Noch nicht das Ende des Prozesses

Schmidt (83) und Niersbach (74) haben den seit 2015 laufenden Justiz-Marathon bereits beendet - obwohl ihnen das Gericht eine gewichtigere Rolle in der Affäre um die WM 2006 zugeschrieben hatte. Schmidt hatte aus gesundheitlichen Gründen seit dem vorigen Sommer nicht mehr bei den Verhandlungen erscheinen müssen, das Verfahren gegen Niersbach war im September des Vorjahres gegen eine Geldauflage in Höhe von 25.000 Euro eingestellt worden.

Sollte nun auch Zwanziger als letzter Angeklagter ausscheiden, würde dies trotzdem nicht das Ende des Sommermärchen-Prozesses bedeuten. Denn eine Einstellung des Verfahrens gegen den DFB hat die Staatsanwaltschaft generell abgelehnt, da "ein öffentliches Interesse an einer weiteren Verfolgung des Falls gegeben" sei. Deshalb soll neben Netzer am Mittwoch auch der ehemalige FIFA-Generalsekretär Urs Linsi per Videoschalte aussagen.

Für den Verband geht es noch um viel Geld, wurde ihm im Zuge der Affäre doch rückwirkend die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt. Aus diesem Grund musste der DFB eine Steuernachzahlung von rund 22 Millionen Euro leisten. Die würde sich der Verband gerne vom Fiskus zurückholen.

DPA

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