Der Deutsche Fußball-Bund kämpft gegen vier weitere Kandidaten um die Austragung der Frauen-Europameisterschaft 2029. Celia Sasic und Almuth Schult sprachen über den Stand der Bewerbung und die Chancen, die das Turnier bieten würde.

Geht optimistisch in die heiße Phase der Bewerbung: Celia Sasic. IMAGO/HJS
Unter dem Slogan "Together WE Rise" kandidiert der DFB bei der UEFA für die Austragung der Frauen-Europameisterschaft 2029. Eine erste Bewerbung hat der Verband bereits eingereicht, im August muss dann die finale Bewerbung fertig sein, bevor Anfang Dezember eine Entscheidung fällt.
In Kreisen des DFB gibt man sich weiter optimistisch, dass man den Zuschlag trotz der großen Konkurrenz aus Portugal, Italien, Polen sowie von Dänemark und Schweden, die sich gemeinsam bewerben, erhalten kann. "Von der organisatorischen Seite steht außer Frage, dass wir hier in Deutschland die Möglichkeit und die Infrastruktur haben, große Turniere zu organisieren", unterstrich Celia Sasic in einer Talkrunde des SID gemeinsam mit Volkswagen. Die ehemalige Nationalspielerin, mittlerweile DFB-Vizepräsidentin für Gleichstellung und Diversität, erinnerte an die Heim-EM der Männer und betonte: "Wir sind einfach auch ein Frauenfußball-Standort mit einer ganz großen Historie und sehr, sehr vielen Titeln, die unseren Verband schmücken."
Gesellschaftlicher Mehrwert "nicht geringer als bei Männer-EM"
Das Heimturnier sei allerdings ebenso eine Chance, die Richtung des deutschen Frauenfußballs vorzugeben. "Wir stecken auch in einer Phase, in der wir fragen: Wo geht es hin? Was passiert mit dem Frauenfußball in Deutschland und wie wollen wir ihn zusammen künftig denken." Schon jetzt sei unter anderem zu erkennen, dass Lizenzklubs den Frauenfußball "für sich erkannt" hätten. "Aber viel wichtiger sehe ich das Thema, dass der Frauenfußball gesellschaftlich angekommen ist, einen gesellschaftlichen Mehrwert hat." Und der Mehrwert des Turniers sei im Falle des Zuschlags keineswegs geringer als bei der Europameisterschaft der Männer im Vorjahr. "Es soll ein Turnier werden, wo Menschen zusammenkommen, wo sie ihre Identität feiern können und Spitzensport von Frauen sehen, Frauen im Spotlight stehen und Vorbilder sein können."
Auch Almuth Schult, Europameisterin von 2013, Olympiasiegerin von 2016 und unter anderem achtmalige DFB-Pokal-Siegerin, machte in der Talkrunde klar: "So eine EM kann ein sehr, sehr großer Hebel sein." Das habe man nicht zuletzt bei dem Turnier 2022 in England erlebt, bei dem die Lionesses den Titel im eigenen Land feierten. "Ich glaube, die Frauen von Arsenal würden aktuell nicht die meisten Spiele im Emirates austragen, wenn es diese Europameisterschaft nicht gegeben hätte und es wären auch nicht so viele Zuschauer bei den Länderspielen in England dabei."
WM 2011 zeigte, "was möglich sein könnte"
Schon beim letzten großen Frauen-Turnier in Deutschland, der WM 2011, habe man gespürt, "was möglich sein könnte". Auch damals zog der Frauenfußball eine große Aufmerksamkeit auf sich. "Dann ist es, einfach weil es nicht erfolgreich war, wieder ein bisschen eingeschlafen", erinnert sich Schult, die den erhofften Push erst mehr als ein Jahrzehnt später bei der Vize-Europameisterschaft in England bemerkte. Eine Heim-EM könne man nun nutzen, um den nächsten Schritt zu gehen.
Wir haben eine hervorragende Bewerbung abgegeben und Unterstützer im ganzen Land, nicht nur im Sport, sondern auch in Politik und Gesellschaft.
Wo genau der DFB in dem großen Konkurrenzfeld steht, das ließe sich noch nicht sagen, wie Sasic erklärte. "Ich kenne die Bewerbungen von den anderen nicht, das ist alles noch sehr, sehr geheim." Also konzentriere man sich voll auf die eigenen Vorzüge. "Wir haben eine hervorragende Bewerbung abgegeben und Unterstützer im ganzen Land, nicht nur im Sport, sondern auch in Politik und Gesellschaft", gab sich die frühere Stürmerin zuversichtlich. "Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, dass man es nicht nur als isoliertes Event sieht, sondern eben als gesellschaftliches Event, das uns in vielen Bereichen voranbringt."
Und auch bei der UEFA wisse man, was die Deutschen beitragen können. Dort stimmen - anders als bei der FIFA - nicht alle Nationen des Verbandes, sondern das 20-köpfige Exekutivkomitee über den Austragungsort ab. "Wir haben ein sehr, sehr gutes Netzwerk, die UEFA-Mitarbeiter und Mitglieder des Exekutivkomitees kennen den deutschen Fußball, sie kennen den DFB und sie haben auch schon ein gutes Gefühl für das, was sie erwarten könnten von so einem Turnier", gab sich Sasic überzeugt. "Aber am Ende ist es eben ein Wettkampf und ein Wahlverfahren, da steckt man natürlich nicht drin."
Große Stadien und traditionelle Frauenfußball-Standorte
Wo der DFB allerdings bis spätestens August unter anderem noch drinsteckt, ist die Auswahl der acht Austragungsorte. Auf der Shortlist stehen mit Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hannover, Köln, Leipzig, München, Rostock und Wolfsburg elf Standorte, drei müssen noch gestrichen werden. "Wir haben natürlich den Anspruch, ein Fußballfest zu feiern und so vielen Menschen wie möglich die Möglichkeit zu geben, live dabei zu sein. Daher haben wir auch die ganz großen Stadien dabei", erklärte Sasic. "Wir haben aber auch im Blick, dass wir auch traditionelle Frauenfußball-Standorte aufnehmen, wie zum Beispiel Wolfsburg." Egal, welche acht Stadien letztlich den Zuschlag erhalten, im Falle einer Zusage der UEFA sei man definitiv "sehr, sehr gut aufgestellt."
Dennis Zaremba