Unter Druck: Freiheit der Presse weltweit auf historischem Tiefpunkt

vor 15 Stunden 5

Die weltweite Lage der Pressefreiheit ist Reporter ohne Grenzen (RSF) zufolge auf einem historischen Tiefstand. Das zeigt die Rangliste der Pressefreiheit, die die Journalistenvereinigung am Freitag in Berlin veröffentlichte. In 90 von 180 Ländern sei die Situation für Medienschaffende „schwierig“ oder „sehr ernst“. Neben einer fragilen Sicherheitslage und zunehmendem Autoritarismus mache vor allem der ökonomische Druck den Medien weltweit zu schaffen.

Nur in sieben Ländern sei die Lage als „gut“ einzuschätzen. Diese liegen alle in Europa. Während Norwegen seinen ersten Platz gegenüber dem Vorjahr verteidigte, rutschte Deutschland um eine Position zurück auf Rang elf auf „zufriedenstellend“. Auf den zweiten Platz schaffte es Estland (2024: Rang sechs), gefolgt von den Niederlanden (2024: Rang vier).

Reporter ohne Grenzen bewertet seit 2002 für die Rangliste der Pressefreiheit regelmäßig die Lage in einem Land oder Territorium in den Kategorien Politik, Recht, Wirtschaft, Soziokultur und Sicherheit. Dafür stehen nach einem Punktesystem die fünf Kategorien „gut“, „zufriedenstellend“, „erkennbare Probleme“, schwierig„ und “sehr ernst“.

„Autokraten ist unabhängiger Journalismus ein Dorn im Auge“

RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus betonte, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebe nun in Staaten, in denen die Lage der Pressefreiheit als sehr ernst eingestuft werde. „Autokraten ist unabhängiger Journalismus ein Dorn im Auge.“

Die Analyse zeige zudem, dass sich Medienschaffende und Redaktionen in allen Teilen der Welt zunehmend zwischen dem Streben nach redaktioneller Unabhängigkeit und ihrem wirtschaftlichen Überleben aufreiben. In fast einem Drittel der Länder mussten Redaktionen im vergangenen Jahr aus wirtschaftlichen Gründen schließen. Häufig ging der wirtschaftlichen Schieflage extremer Druck durch die Behörden voraus, heißt es in der Analyse.

In 160 von 180 beobachteten Ländern schafften es Medien nur „mit Schwierigkeiten“ oder „überhaupt nicht“, stabil zu wirtschaften. In 46 Staaten konzentriere sich Medienbesitz in den Händen weniger Eigentümer. In manchen Ländern, etwa in Russland (Platz 171; 2024: 162), werde die Medienlandschaft vom Kreml oder von Kreml-nahen Oligarchen kontrolliert.

Kritik an großen Tech-Unternehmen

In Ländern wie Ungarn (68; 2024: 67) mische sich der Staat durch die Zuteilung oder den Entzug von Anzeigen aktiv in die journalistische Arbeit ein. Kritik gibt es auch an der weitgehend unregulierten Marktdominanz großer Tech-Unternehmen und deren Social-Media-Plattformen wie X. Sie vereinten den Großteil der Werbeeinnahmen auf sich.

Die gefährlichste Region weltweit für Medienschaffende bleibt laut Reporter ohne Grenzen die Region Naher Osten und Nordafrika. In Gaza wurden demnach seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 fast 200 Journalistinnen und Journalisten bei Angriffen der israelischen Armee getötet, fast 50 im Kontext mit ihrer Arbeit.

Probleme auch in Deutschland

Auch in Deutschland bewegten sich viele Medienschaffende in einem zunehmend feindlichen Arbeitsumfeld, erklärte Reporter ohne Grenzen. Vor allem Journalistinnen und Journalisten, die sich mit rechtsextremen Milieus und Parteien wie der AfD beschäftigten, seien 2024 gefährdet gewesen.

Auch wenn Deutschland im globalen Vergleich gut dastehe, gebe es sichtbare Herausforderungen. „Auch 2024 waren erneut diejenigen Journalistinnen und Journalisten gefährdet, die sich mit rechtsextremen Milieus und Parteien wie der AfD beschäftigten: Sie berichten von Feindmarkierungen, Bedrohungen, Beleidigungen und Angst vor körperlicher Gewalt.“

Auch auf redaktioneller Ebene verschärfte sich demnach das Klima, kritisierte Reporter ohne Grenzen. Dokumentiert seien „zahlreiche Fälle, in denen Medienschaffende über unverhältnismäßig hohe Hürden bei der Berichterstattung zum Nahostkonflikt berichteten“. Die wirtschaftliche Situation für Medienhäuser habe sich auch in Deutschland spürbar verschlechtert.

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