Stromausfall in Spanien und Portugal: Die Folgen des Blackouts

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In Großstädten herrscht Verkehrschaos, Geschäfte müssen schließen, Menschen stehen an Geldautomaten Schlange, der Handyempfang bricht zusammen, ein Tennisturnier wird abgebrochen: Spanien und Portugal haben mit den Folgen eines enormen Stromausfalls zu kämpfen. Die gute Nachricht: In mehreren Gebieten fließt mittlerweile wieder Strom. Doch die Ursache für den Blackout gibt Rätsel auf.

Der spanische Stromnetzbetreiber Red Eléctrica meldet, im Norden, Süden und Westen der iberischen Halbinsel sei die Stromversorgung wieder gesichert. Regionen wie Katalonien, Aragonien, das Baskenland, Galicien, Asturien, Navarra und Kastilien haben demnach wieder Strom. Die komplette Wiederherstellung der Versorgung im spanischen Stromnetz könnte allerdings noch zwischen sechs und zehn Stunden dauern, zitiert die spanische Zeitung »El País«  einen Sprecher des Stromnetzbetreibers Red Eléctrica.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez berief den Nationalen Sicherheitsrat ein. Es gebe derzeit keine belastbaren Informationen über die Ursache des Stromausfalls, sagte Sánchez. Nach der Ursache werde gesucht. Spaniens Rat für nukleare Sicherheit erklärte, die Reaktoren im Land seien in einem sicheren Zustand und würden für einen Wiederanschluss ans Netz vorbereitet.

 Kleiderfabrik im Dunkeln

Stromausfall in Sevilla: Kleiderfabrik im Dunkeln

Foto: Cristina Quicler / AFP

Suche nach der Ursache

Spaniens nationales Institut für Cybersicherheit hatte mitgeteilt, es untersuche, ob ein Hackerangriff hinter dem Stromausfall stecken könnte. Nach Angaben von EU-Ratspräsident António Costa gibt es derzeit allerdings keinen Hinweis auf einen Cyberangriff. Die EU-Kommission befasste sich mit dem großflächigen Stromausfall. »Die Kommission wird die Situation weiter beobachten und dafür sorgen, dass ein reibungsloser Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten stattfindet«, teilt die Behörde in Brüssel mit.

Der portugiesische Stromversorger REN erklärte, die Stromausfälle auf der Iberischen Halbinsel seien auf extreme Temperaturschwankungen im Landesinneren Spaniens zurückzuführen. Dies habe in den 400-Kilovolt Hochspannungsleitungen »induzierte atmosphärische Vibrationen« ausgelöst. Was sich dahinter verbirgt, erläuterte REN nicht. Experten sind sich über die Ursache noch im Unklaren.

Prinzipiell wäre es aber auch denkbar, dass ein Strahlungsausbruch auf der Sonne zu Störungen in Stromnetzen führen kann. Bei der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) gibt es nach SPIEGEL-Informationen aktuell aber keine Hinweise darauf, dass dies zu den Problemen in Spanien und Portugal geführt haben könnte. Bei den Daten zur Sonnenaktivität gebe es keine Auffälligkeiten, erklärte ein Experte. Außerdem seien in solchen Fällen eher Länder in hohen geografischen Breiten betroffen, also etwa im Norden Europas – und eher nicht südliche Staaten wie Spanien und Portugal.

 Gegessen wird trotzdem

Restaurant in Burgos: Gegessen wird trotzdem

Foto: Cesar Manso / AFP

Menschen aus Fahrstühlen gerettet

Von dem Stromausfall am Montagmittag war die gesamte Iberische Halbinsel betroffen. Reporter berichteten von den Auswirkungen in Metropolen wie Madrid, Barcelona oder Lissabon. Im ganzen Land hatte der Stromausfall enorme Auswirkungen auf die Infrastruktur, den Mobilfunk sowie den Verkehr: Ampeln und Aufzüge an Bahnhöfen, in Flughäfen und in anderen Gebäuden seien ausgefallen. Menschen mussten aus U-Bahn-Tunneln und Fahrstühlen gerettet werden. Krankenhäuser waren dank des Einsatzes von Generatoren nach Angaben von Spaniens Gesundheitsministerium aber kaum betroffen. Vor Banken bildeten sich lange Warteschlangen. Die Menschen wollten sich angesichts des Blackouts mit Bargeld versorgen.

Wegen des Stromausfalls musste das Masters-1000-Tennisturnier in Madrid unterbrochen werden.

Die meisten Geschäfte und Gaststätten in Premià de Mar bei Barcelona und anderen Orten Spaniens mussten einem Reporter der Nachrichtenagentur dpa zufolge schließen. Vor allem Geschäfte mit verderblichen Waren und Eisdielen warteten sehnsüchtig auf die Wiederherstellung der Stromversorgung. »Ein paar Stunden halten wir noch aus, dann wird das Eis flüssig«, sagte eine Verkäuferin in einer Eisdiele in Premià de Mar. Nachbarn riefen sich von Balkon zu Balkon die neuesten Nachrichten und Gerüchte zu.

 Mit Bargeld eindecken

Menschen stehen an Geldautomaten Schlange: Mit Bargeld eindecken

Foto: Quique Garcia / EPA

Züge stehen, Ampeln ausgefallen

Der Verkehr und Transport auf der Halbinsel war in weiten Teilen gestört. Nach Angaben der spanischen Eisenbahngesellschaft Renfe war um 12.30 Uhr Ortszeit das »gesamte nationale Stromnetz« ausgefallen – an allen Bahnhöfen seien die Züge stehen geblieben und nicht abgefahren. Eine Wiederaufnahme des Mittel- und Fernverkehrs ist derzeit nicht absehbar, teilte der spanische Verkehrsminister Óscar Puente mit.

Der 19 Jahre alte Bauarbeiter Carlos Condori befand sich in Madrid wie viele andere in der Metro, als der Strom ausfiel. »Das Licht ging aus und die Metro hat angehalten«, sagte er der Nachrichtenagentur AFP: »Kein Netz, ich kann meine Familie, meine Eltern nicht anrufen, nichts. Ich kann nicht einmal zur Arbeit gehen.«

Auch Spaniens Flughafenbetreiber Aena meldete »Zwischenfälle« wegen des Blackouts. Notfallgeneratoren seien aktiv. Passagiere sollten sich mit Fragen an ihre jeweilige Fluggesellschaft wenden, da es möglicherweise Probleme bei der Weiterreise am Boden gebe. Fernsehbilder des Senders RTVE von den großen Flughäfen des Landes zeigten gestrandete Passagiere, stillstehende Rolltreppen und Laufbänder sowie heruntergelassene Rollgitter.

Offenbar beschränkte sich der massive Blackout auf das Festland. Reporter berichteten, dass die zum Land gehörenden Inselgruppen Kanaren und Balearen nicht betroffen seien.

 Ampelanlagen ausgefallen

Stau in Madrid: Ampelanlagen ausgefallen

Foto: Thomas Coex / AFP

Portugal: Normalisierung könnte Tage dauern

Auch das Nachbarland Portugal erlebte einen weitreichenden Blackout, vom Norden bis in den Süden des Landes, berichtete der Sender RTP. Portugals Verteidigungsminister Nuno Melo rief die Bevölkerung zur Ruhe auf.

Der portugiesische Stromnetzbetreiber REN teilte mit, der Betrieb werde schrittweise wiederhergestellt. Die Sicherheit und Stabilität des Netzes hätten aber Vorrang. Die vollständige Normalisierung des Netzes könnte »aufgrund der Komplexität des Phänomens« bis zu einer Woche dauern.

Im in den Pyrenäen gelegenen Kleinstaat Andorra dauerte der Stromausfall dagegen nur wenige Sekunden, meldete dessen Energieversorger FEDA. Der Ausfall sei auf spanischer Seite verursacht worden und die Elektrizität dank der »automatischen Wiederverbindung mit der aus Frankreich kommenden Leitung« umgehend wiederhergestellt worden.

Auch Teile Frankreichs waren zwischenzeitlich vom Blackout betroffen. Der Stromnetzbetreiber RTE schrieb, dass Haushalte im französischen Teil des Baskenlandes einige Minuten lang ohne Strom waren. Die Versorgung sei aber wiederhergestellt worden.

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