SPD verschärft Ton gegenüber CDU/CSU: »Ich habe Julia Klöckner gewählt. Aber ich muss schon sagen...«

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Die Koalition aus Union und SPD hatte sich zwar Reformen gemeinsam vorgenommen, etwa bei Bürgergeld, Rente oder Krankenversicherung. Bei der Ausgestaltung gehen die Meinungen der Regierungsparteien aber stark auseinander. Das wurde zuletzt an diesem Samstag auf einem Parteitag der CDU in Niedersachsen deutlich. Dort kündigte Merz an, es der SPD »bewusst nicht leicht« machen zu wollen.

Wie es um die Stimmung in der Koalition steht, machen auch Äußerungen von Klingbeil in Richtung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) deutlich. »Ich habe Julia Klöckner gewählt«, sagte er der Funke-Mediengruppe. »Aber ich muss schon sagen, dass ich über manches irritiert bin – etwa 'Nius' und die 'taz' in einen Topf zu werfen.« Klingbeil spielte damit auf Äußerungen der CDU-Politikerin vom vergangenen Wochenende an. Klöckner hatte beim Sommerfest der Koblenzer CDU auf dem Firmengelände des Unternehmers Frank Gotthardt – Finanzier des rechtspopulistischen Onlinemediums »Nius« – gesagt, dass die Methoden von »Nius« ähnlich denen der linken Tageszeitung »taz« seien und eine Demokratie dieses Meinungsspektrum aushalten müsse. Dies hatte deutliche Kritik ausgelöst.

Klingbeil betonte nun, dass er sich nicht vorstellen könne, dass sich der frühere Bundestagspräsident und CDU-Politiker Wolfgang Schäuble so geäußert hätte wie Klöckner. Auf die Nachfrage, ob er Klöckner wieder zur Bundestagspräsidentin wählen würde, sagte er: »Ich habe einige Fragen, die ich Julia Klöckner aber lieber demnächst in einem Gespräch mal selbst stelle.«

Rote Linie für die Jusos

Inhaltlich prallen zwischen Union und SPD derzeit Welten aufeinander. Während CDU und CSU auf deutliche Reformen der Sozialsysteme drängen, lehnen viele Sozialdemokraten genau das ab – und drängen stattdessen auf höhere Steuern für Reiche. So erklärte Juso-Chef Philipp Türmer am Wochenende, Sozialkürzungen sollten für die SPD eine rote Linie sein. Er betonte in der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«, dass die von Merz geplante Bürgergeldreform eine Gewissensfrage für die Abgeordneten darstellen könne. »Wenn die Idee hinter einem Herbst der Reformen Sozial- und Leistungskürzungen sind, kann ich nur klipp und klar sagen: Die SPD darf da keinen Zentimeter mitgehen«, sagte er. Türmer verwies auf die Gewissensfreiheit der Abgeordneten und deutete damit mögliche Nein-Stimmen der SPD im Bundestag an.

Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) geht verbal auf Konfrontation zur Union. Er forderte, wie zuvor bereits Parteichef Klingbeil, eine stärkere Belastung von »Superreichen« – dabei sind Steuererhöhungen wiederum für die Union ein rotes Tuch. Ihm gehe es um »Multi-Millionäre und Milliardäre«, sagte Schweitzer dem Berliner »Tagesspiegel«. Es gebe eine steigende Zahl von Deutschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus Erwerbsarbeit bestritten, »sondern davon leben, dass sie hohe Vermögen, Aktien, große Erbschaften besitzen«, sagte der SPD-Politiker. »Diese stärker zu fordern, sollte politischer Konsens sein, auch zwischen SPD und CDU/CSU.« Bisher ist von einem Konsens in dieser Frage allerdings nichts zu sehen.

Linnemann ruft »Herbst der Reformen« aus

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verlangt derweil einen »Herbst der Reformen« und warnt vor halbherzigen Bemühungen – seinerseits ein Seitenhieb Richtung SPD. Es gehe darum, »ob Politik überhaupt noch reformfähig ist«, sagte er der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Gerade für die Auszahlung des Bürgergelds seien strengere Regeln nötig, um Missbrauch zu vermeiden. »Wenn jemand wiederholt eine zumutbare Arbeit nicht annimmt, dann muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Entsprechend darf er dann keine Hilfe mehr bekommen.«

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