Auch dank der größten Digitalkamera der Welt dürfte ein neues Observatorium bald mehrere Millionen an bisher unbekannten Objekten im Sonnensystem entdecken, darunter auch die Mehrzahl der für die Erde potenziell gefährlichen Asteroiden. Das hat ein internationales Forschungsteam mit einer "innovativen" neuen Software prognostiziert und die Erwartungen an das Vera C. Rubin Observatory kurz vor dessen Inbetriebnahme noch einmal in die Höhe geschraubt. Wie die Gruppe weiter erläutert, wird das Instrument die Himmelskörper nicht nur entdecken, sondern mehrfach mit unterschiedlichen Filtern ablichten. Für die Astronomie werde das "wie der Übergang vom Schwarz-Weiß-Fernsehen zu brillanter Farbe".
Vervielfachung unseres Wissens
Laut den Simulationen dürfte das neue Teleskop schon in den ersten Jahren nach der Inbetriebnahme mehr als 120.000 Asteroiden und Kometen entdecken, die sich der Bahn der Erde mindestens nähern und damit potenziell gefährlich sind. Aktuell kenne man etwa 38.000. Dabei sei zu erwarten, dass mehr als 70 Prozent jener Asteroiden gefunden werden, die größer als 140 Meter sind und bei denen ein Einschlag besonders gefährlich wäre. Darüber hinaus sollte das neue Observatorium fünf Millionen neue Objekte im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, über 100.000 Jupiter-Trojaner, etwa 37.000 transneptunische Objekte und einige Tausend Asteroiden zwischen dem Jupiter und Neptun finden (die sogenannten Zentauren), schreibt das Team.
Es habe 225 Jahre gedauert, um die bisher bekannten 1,5 Millionen Asteroiden zu finden, erklärt der an der Analyse beteiligte Doktorand Jake Kurlander noch: "Das Vera C. Rubin Observatory wird diese Zahl in weniger als einem Jahr verdoppeln." Dabei gehe es nicht nur um eine Rekordjagd, denn viele dieser Objekte sind mit den Planeten entstanden. Wenn wir ein genaueres Bild von ihren Bahnen und ihrer Zusammensetzung haben, kann man die Entstehungsgeschichte des Sonnensystems viel genauer rekonstruieren. Unser Wissen über das Sonnensystem wird sich exponentiell und schnell vervielfachen, ergänzt Meg Schwamb, die die genutzte Simulationssoftware entwickelt hat. Die Prognosen werden jetzt in mehreren Forschungsartikeln vorgestellt.
Das Teleskop in Chile hat im Frühjahr sein Herzstück erhalten, die größte Digitalkamera wurde an dem Teleskop angebracht. Dessen Forschungsarbeit wird jetzt vorbereitet, am 23. Juni sollen die ersten Aufnahmen der Öffentlichkeit gezeigt werden. Die riesige Digitalkamera heißt Legacy Survey of Space and Time (LSST) und hat ein Sensorfeld aus 201 individuellen CCD-Sensoren mit jeweils 16 Megapixeln. In ihrem Observatorium wird die gigantische Digitalkamera von einem Spiegel mit einem Durchmesser von 8,4 Metern und einem besonders großen Sichtfeld profitieren. So wird sie den kompletten Nachthimmel immer wieder abfotografieren und innerhalb von zehn Jahren den größten Zeitraffer des Sternenhimmels erstellen, den es je gegeben hat.
(mho)