Selbstkritik beim Unionsfraktionschef: Spahn räumt Mitverantwortung bei verpatzter Richterwahl ein

vor 7 Stunden 1

CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hat eine Mitverantwortung für die missglückte Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht eingeräumt. Die Bilanz der schwarzroten Regierung nach 70 Tagen könne sich sehen lassen, schrieb Spahn am Montag in einem Brief an die Unions-Fraktion.

„Dass diese Bilanz nun durch die Ereignisse der letzten Woche im Zusammenhang mit der Richterwahl überschattet wurde, ärgert mich sehr“, betonte der CDU-Politiker in dem Reuters vorliegenden Schreiben. „Dass ich als Fraktionsvorsitzender daran eine Verantwortung trage, ist mir bewusst.“ Er werde nun alle Energie darauf verwenden, dass die Unionsfraktion „verlässlicher Stabilitätsanker“ der Koalition bleibe.

Man werde im geschäftsführenden Fraktionsvorstand die Lage beraten. Es bestehe keine Dringlichkeit, weil das Verfassungsgericht voll arbeitsfähig sei, betonte Spahn wie zuvor schon Kanzler Friedrich Merz. „Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam mit der SPD eine Lösung finden werden“, fügte Spahn hinzu. Wie diese aussehen könnte, deutete er nicht an.

Spahn verwies auf die Bedeutung der Klausurtagung der geschäftsführenden Vorstände von CDU/CSU und SPD Ende August. Man werde über den Sommer über die Zusammenarbeit in der Fraktion und zwischen den Koalitionsfraktionen beraten. „Die Frage des Gemeinsamen und des Vertrauens ist zentral“, so Spahn.

In der Unions-Fraktion hatte es Vorbehalte gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf gegeben. Spahn erklärte, es sei ein Fehler gewesen, dass dabei der Eindruck entstanden sei, ein Plagiatsverdacht sei die zentrale Kritik an der Kandidatin gewesen. Beide Seiten hätten einen Anteil daran, dass man am Freitag keine Lösung mehr habe finden können.

Die Koalitionsfraktionen seien „nicht gut gewappnet“ gewesen gegen eine von außen kommende Emotionalisierung und Polarisierung. Man dürfe aber auch nicht zulassen, dass der Einsatz von Unionspolitikern für Lebensschutz als „rechts oder gar rechtsextrem diffamiert“ werde.

Etliche Unions-Politiker hatten ihren Widerstand gegen Brosius-Gersdorf mit deren liberalen Haltung zum Schwangerschaftsabbruch begründet. Weil keine Zweidrittel-Mehrheit mehr für Brosius-Gersdorf sicher war, waren alle drei Richterwahlen am Freitag abgesagt worden. (Reuters)

Gesamten Artikel lesen