Etwa drei Viertel der Bevölkerung sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Das geht aus einer repräsentativen Studie von ARD, ZDF und Deutschlandradio hervor, die am Mittwoch in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt präsentiert wurde. Die Studie zeigt auch, dass den öffentlich-rechtlichen Medien grundsätzlich eine wichtige Rolle zukommt. Und enthüllt die Stellschrauben, an denen jetzt gedreht werden muss.
Laut Medienstaatsvertrag hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk den gesetzlichen Auftrag, den Zusammenhalt im Land zu fördern. In weiten Teilen komme er diesem in den Augen des Publikums nach, zeigt die Umfrage: Von zwölf gesellschaftlichen Einrichtungen, die einen Beitrag zum Zusammenhalt im Land leisten, landeten ARD, ZDF und Deutschlandradio auf dem vierten Platz, nach Sportvereinen, Wissenschaft und Bundesverfassungsgericht.
Demokratie immer noch gute Staatsform
Insgesamt steht es der Umfrage zufolge aber schlecht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt: 76 Prozent der Befragten sehen ihn als gefährdet an. Den Studienergebnissen zufolge werden soziale Unterschiede dabei problematischer gesehen als kulturelle. Außerdem nähmen Menschen in Ostdeutschland und in Kleinstädten eine stärkere Gefährdung wahr. Nur jeder Dritte sei mit dem derzeitigen Zustand der Demokratie in Deutschland zufrieden. Dass durchaus Potential für Verbesserung bestehe, zeigten andere Ergebnisse: 82 Prozent der Befragten hielten die Demokratie grundsätzlich für eine gute Staatsform. Und zwei Drittel erlebten einen eher starken Zusammenhalt in ihrem persönlichen Umfeld.
Eine richtige Spaltung sei hierzulande noch nicht sichtbar, kommentierte Nicole Deitelhoff, Direktorin des Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung, die Studie. Die USA spielten, bildlich gesprochen, in der Champions League der Polarisierung, in Europa sei man hingegen noch in der Regionalliga unterwegs. Die Unzufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland rühre auch daher, dass Menschen mit unterschiedlichen Meinungen nicht mehr miteinander sprächen. Damit legte sie den Finger in die Wunde: Während mehr als die Hälfte der Deutschen ihre Erwartungen in Bezug auf relevante und seriöse Berichterstattung durch öffentlich-rechtliche Medien erfüllt sieht, vermisst etwas weniger als die Hälfte ausreichend Dialogangebote der Sender ans Publikum.
ÖRR muss Austausch ermöglichen
Der Auftrag, den Zusammenhalt in Deutschland zu fördern, sei mehr als nur Berichterstattung, mahnte Florian Hager, ARD-Vorsitzender und Intendant des Hessischen Rundfunks. Es sei Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Austausch zu ermöglichen, etwa „durch unser Programm, durch geschützte Dialogräume oder auch öffentliche Pop-up-Redaktionen“.
Nicht zuletzt zeigt die Befragung, dass es für die Sender ein Ziel sein muss, ein breiteres Publikum zu erreichen. Das Stammpublikum sei tendenziell stärker gesellschaftlich eingebunden. Ein breites, auch unterhaltendes Programm sei wichtig, um auch weniger eingebundene Menschen als Publikum zu gewinnen und zu halten.
ARD, ZDF und Deutschlandradio haben die Studie zusammen mit dem Leibniz-Institut für Medienforschung, dem Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Mindline Media erstellt. Dafür wurden im Frühjahr 2025 insgesamt 1351 Personen von 14 Jahren an befragt.