„Nicht mehr lange durchzuhalten“: Polizei-Beauftragter warnt vor Überlastung durch Grenzkontrollen

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Die Bekämpfung der illegalen Migration ist eines der wichtigsten Themen der schwarz-roten Bundesregierung, besonders die Union pocht in der Koalition mit der SPD auf einen scharfen Kurs. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte nach seinem Amtsantritt im Mai die Kontrollen an den deutschen Landgrenzen intensiviert und dort die Zurückweisung auch von Asylsuchenden angeordnet.

Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen und werden von anderen EU-Staaten kritisiert. Polen führte als Gegenmaßnahme eigene Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland ein.

Die Entwicklung der Überstunden zeigt eine steile Kurve nach oben.

Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes (SPD)

Der Polizeibeauftragte des Bundes, Uli Grötsch (SPD), hält diese Kontrollen in der aktuellen Form aber für nicht mehr lange aufrechtzuerhalten. „Die Bundesbereitschaftspolizei, so mein Eindruck, ist hart an der Belastungsgrenze“, sagte Grötsch dem „Spiegel“ einem Vorabbericht zufolge. „Die Entwicklung der Überstunden zeigt eine steile Kurve nach oben.“

Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes beim Deutschen Bundestag, stellt den ersten Bericht des Polizeibeauftragten des Bundes vor.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Seinen Angaben zufolge kommen andere Aufgaben oftmals zu kurz, etwa die Über­wachung von Messerverbotszonen auf Bahnhöfen oder Fortbildungen. Vor einem Jahr hatte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Kontrollen an allen deutschen Grenzen angeordnet.

Dobrindt hatte die Kontrollen nochmals verschärft und angewiesen, dass auch Asylbewerber an den Grenzen zurückgewiesen werden können. Inzwischen ist die Zahl der Asylerstanträge in Deutschland auf den niedrigsten Monatswert seit Februar 2021 zurückgegangen.

Den Rückgang der Asylbewerberzahl werten der CSU-Politiker und auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) als Erfolg dieser Maßnahmen, Teile der Opposition und Migrationsforscher bezweifeln dies.

Dobrindt verlängert Grenzkontrollen bis Mitte März 2026

Das Bundesinnenministerium hatte die Kontrollen für zunächst sechs Monate angeordnet, um die Zahl der unerlaubten Einreisen stärker einzudämmen. Im Februar wurden die Kontrollen um ein halbes Jahr bis 15. September verlängert, nun erneut bis Mitte März 2026.

Nach Ansicht des Polizeibeauftragten Grötsch rechtfertigen die Zahlen flächendeckende Grenzkontrollen in der jetzigen Form nicht mehr. „Ich sehe eine andere Lage als vor einem Jahr“, sagte der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und Polizist. Die Bundespolizei müsse nun schnellstmöglich die Frage beantworten, „wie Kontrollen ausgestaltet sein müssen, damit sie weiter leistbar bleiben und trotzdem wirksam sind“. Einzelne Grenzabschnitte könnten etwa auch aus der Luft überwacht werden, sagte Grötsch.

Für die Kontrollen an den Landgrenzen hat Deutschland nach Angaben der Bundesregierung von der Einführung Mitte September 2024 bis Ende Juni dieses Jahres insgesamt 80,5 Millionen Euro ausgegeben. Das seien „80 Millionen gegenüber einer dramatischen deutlichen Absenkung von Asylzahlen, die Milliardenkosten in Deutschland verursachen“, sagte Dobrindt in einem Interview für die Sat.1-Sendung „:newstime“ am 3. September. 

Er gab zu, dass bei der Bundespolizei durch die intensiveren Kontrollen eine hohe Zahl von Überstunden angefallen sei. Die allermeisten Polizeibeamten, mit denen er gesprochen habe, stünden aber hinter dieser Maßnahme. Seit dem 8. Mai hat die Bundespolizei Dobrindt zufolge rund 12.000 Zurückweisungen vorgenommen, darunter etwa 660 Menschen, die Asyl begehrt hatten.

Bereits Anfang Juli hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den Aufwand der Grenzkontrollen als unverhältnismäßig bezeichnet. „Die Zahl der Zurückweisungen von Asyl- und Schutzsuchenden ist tatsächlich sehr gering, der Aufwand für die Bundespolizei dagegen riesig“, sagte der GdP-Vorsitzende für Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf damals. Er sprach schon zu diesem Zeitpunkt von 2,8 Millionen Überstunden bei der Bundespolizei.

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