1. Bei den Ferien will Bayern aus Eigennutz Schlusslicht bleiben
Die Desoxyribonukleinsäure, denglisch eingekürzt zu DNA, ist das vermutlich am schlimmsten verleumdete Molekül unserer Zeit. Die DNA trägt bei allen Lebewesen die Erbinformationen und muss in vielen Reden dafür herhalten, wenn Menschen sich selbst für toll und praktisch unveränderlich halten. Dass etwas in ihrer DNA liege, behaupten zum Beispiel Fußballtrainer und andere breitbeinig auftretende Männer wie der Deal-wütige US-Präsident.
Heute hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die DNA seiner Landsleute bemüht, um den bayerischen Eigennutz bei der Ferienplanung zu begründen. »Wir haben unseren Ferienrhythmus, der ist sozusagen fest in der DNA der Bayern drin«, sagte er. Deshalb werde Bayern auf keinen Fall seine Termine mit Nordrhein-Westfalen tauschen. (Hier mehr dazu).
Bayern und Baden-Württemberg starten seit Jahren als letzte in die Sommerferien. Als Begründung diente lange Zeit das Argument, dass die Schulkinder in den Ferien bei der Ernte helfen müssten. Das ziehe nicht mehr, findet NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller. Sie fordert, dass die Regeln geändert werden - und hat sich nun eine Abfuhr bei Söder geholt. Wann wer Sommerferien hat, wird entsprechend der gemeinsamen Vereinbarung der Kultusministerkonferenz für mehrere Jahre im Voraus festgelegt.
»Ein Teamplayer war Söder noch nie, das zeigt sich auch jetzt«, sagt meine Kollegin Anna Clauß. »Bayern first ist Söders Motto. Dass er in Sachen Sommerferien darauf beharrt, Schlusslicht zu bleiben, ist untypisch.« Normalerweise habe sie kein Problem damit, Söders Egoismus oder seine Breitbeinigkeit zu kritisieren. Als Mutter eines in Bayern schulpflichtigen Sohnes sei sie in dieser Sache allerdings befangen. »Ich muss zugeben, dass ich nichts dagegen hätte, wenn Söder in der Sache hart bleibt und wir Bayern auch in den kommenden Jahren im September die italienischen Strände oder die Ostsee-Strandkörbe für uns haben.«
Lesen Sie hier mehr: Söder beharrt auf späten Sommerferien für Bayern
2. Die EU will ein Zoll-Desaster durch weitere Verhandlungen verhindern
Die wohl berühmteste Novelle der deutschen Literaturgeschichte, Heinrich von Kleists »Michael Kohlhaas« aus dem Jahr 1810, handelt von einem Zollkonflikt. Durch eine »unverschämte Forderung«, wie es im Text heißt, werden dem grundsätzlich ehrbaren Titelhelden zwei Pferde abgenommen, was sich für alle Beteiligten als Ausgangspunkt für einen bösen Konflikt erweist. Heute hat EU-Kommissar Maroš Šefčovič bei einem Treffen der Handelsminister in Brüssel gesagt, man werde angesichts der neuen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump den EU-Mitgliedstaaten ein Paket mit neuen Maßnahmen präsentieren. (Hier mehr zum Paket).
Vorbereitet wird unter anderem eine Liste mit US-Produkten, die von neuen Zöllen der EU betroffen sein könnten, falls die Verhandlungen über eine einvernehmliche Lösung nicht zu einem Erfolg führen sollten. Šefčovič sagte, er habe trotz des jüngsten Zoll-Briefes von Trump das Gefühl, dass auch seine US-amerikanischen Gesprächspartner bereit zu weiteren Verhandlungen seien. Noch heute werde er abermals mit US-Gesprächspartnern sprechen, kündigte der EU-Kommissar an.
»Zölle von 30 Prozent würden den transatlantischen Handel weitgehend zum Erliegen bringen«, sagt mein Kollege Michael Sauga. »Die EU muss jetzt zeigen, dass sie gegen Trumps Drohungen entschieden vorgehen wird.« Vor allem müssten die Europäer Geschlossenheit beweisen. »Die Tatsache, dass sie ihr angekündigtes Paket von Gegenzöllen im Umfang von ursprünglich 95 Milliarden Euro inzwischen auf 72 Milliarden Euro eingedampft haben, ist dafür kein gutes Signal.«
Lesen Sie hier mehr: Wegducken oder zurückschlagen?
3. Schuhbecks Schmach
27 Millionen Euro, das ist die Schuldensumme, die der Insolvenzverwalter der Firmen des einstigen Starkochs Alfons Schuhbeck errechnet hat; allenfalls Bruchteile ihrer Forderungen dürften Gläubiger bei Abschluss diverser Insolvenzverfahren bezahlt bekommen. Heute wurde Schuhbeck, dessen Fall viele Menschen wegen seiner Vergangenheit als Schickeria-Gastronom interessiert, in München zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt, unter anderem wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs mit Coronahilfen. Ob der 76-Jährige die Strafe antreten muss, ist noch offen. (Hier mehr zum Urteil).
In die nun verhängte Gesamtstrafe eingerechnet ist die Strafe wegen Steuerhinterziehung, die Schuhbeck eigentlich derzeit im Gefängnis absitzen müsste. Bereits im Jahr 2022 hatte ein Münchner Gericht Schuhbeck wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Der frühere Koch des FC Bayern München hatte immer wieder Geld aus den Kassen von zwei Restaurants entnommen, ohne dieses zu versteuern.
Der Vollzug der Haftstrafe ist allerdings derzeit ausgesetzt, weil Schuhbeck schwer erkrankt ist.
»Das Urteil gegen Schuhbeck ist der juristische Schlusspunkt eines beispiellosen Absturzes«, sagt meine Kollegin Maria Marquart. »Sollte Schuhbeck trotz seiner Krebserkrankung wieder ins Gefängnis kommen, müsste er zusätzlich zu seiner ersten Strafe wegen Steuerhinterziehung noch ein Jahr und einen Monat länger in Haft bleiben. Die größte Strafe für Schuhbeck dürfte jedoch sein, dass er nicht nur sein Imperium, sondern auch sein Image als erfolgreicher Selfmade-Mann und gefeierter Starkoch unwiederbringlich eingebüßt hat.«
Lesen Sie hier mehr: Alfons Schuhbecks letzte Runde
Was heute sonst noch wichtig ist
US-Senator Graham deutet möglichen Wechsel im Russlandkurs an: Donald Trump hat zuletzt mehrfach seine Verärgerung über Russlands Staatschef Wladimir Putin geäußert, am Montag will er eine Erklärung abgeben. Der Republikaner Lindsey Graham spricht von einem Wendepunkt.
Air India führte offenbar eine empfohlene Reglerinspektion nicht durch: Absicht oder Defekt? In der Diskussion über abgeschaltete Treibstoffregler in der abgestürzten Air-India-Boeing kommen Experten zu unterschiedlichen Einschätzungen. Der Chef der Airline warnt vor voreiligen Schlüssen.
Julija Swyrydenko soll Ministerpräsidentin der Ukraine werden: Selenskyj wechselt den Ministerpräsidenten aus: An die Stelle des langjährigen Amtsinhabers Denys Schmyhal soll die bisherige Vize Julija Swyrydenko treten. Swyrydenko werde die Arbeit der Regierung »deutlich erneuern«.
Carolina W. bedankt sich nach Rettung für »unglaubliche Unterstützung«: Ihr Verschwinden löste eine große Suchaktion in Australien aus. Nun hat sich Carolina W. mit emotionalen Worten aus dem Krankenhaus gemeldet, wenige Tage nach ihrer Rettung.
Meine Lieblingsgeschichte heute: Klub-WM-Sieger FC Chelsea
Natürlich gibt es eine Menge Menschen, die sich nicht für Fußball interessieren. Aber selbst für die dürfte es amüsant sein, wie mein Kollege Florian Haupt den von einem US-Superreichen finanzierten britischen Klug FC Chelsea beschreibt.

Klub-Weltmeister FC Chelsea bei der Siegerehrung
Foto:Li Ming / Xinhua / IMAGO
Der Verein gewann in diesem Jahr zwei Titel, einen in der Conference League und am gestrigen Sonntag den bei der Klub-WM in den USA. »Die Frage, welcher der beiden Titel sportlich unbedeutender ist, können beim nächsten Grillabend diejenigen durchdiskutieren, die sich durch fehlerfreies Herunterbeten des 46-Mann-Kaders qualifizieren», schreibt mein Kollege. Finanziell aber hat die Klub-WM dem Londoner Fußballunternehmen eine Art Jackpotgewinn beschert. »Chelsea nimmt vom Hudson River 104,7 Millionen Euro an Prämien mit nach Hause an die Themse.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Zum Erfolg gecastet
Was heute weniger wichtig ist

Roy Black mit seinem Sohn Torsten (Ende der Siebzigerjahre)
Foto: Roelen / picture alliance / dpaGeldlos happy: Torsten Höllerich, 48, Sohn des Schlagersängers Roy Black, hat nichts mehr übrig vom Erbe des berühmten Vaters. Der Sänger Black hieß mit bürgerlichem Namen Gerhard Höllerich und wurde am 9. Oktober 1991 tot aufgefunden, sein Sohn Torsten lebt heute in Kolumbien und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Dass er die einst von seinem Vater geerbten 400.000 Mark nicht besser angelegt habe, bereue er nicht, sagt Höllerich und formuliert ganz im Geiste des Roy-Black-Hits »Schön ist es auf der Welt zu sein« den Satz: »Für mich bedeutet Glück nicht das Volumen auf dem Konto.«
Mini-Hohlspiegel
Die Website der »Rheinischen Post« über Düsseldorfer Jugend-Fußballteams: »Der Aufstieg der U14 in die C-Junioren Niederrheinliga wäre die Kirche auf der Sahnetorte gewesen.«
Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel.
Cartoon des Tages

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Klaus Stuttmann

Musiker Osbourne: Ein Urvater, der von seiner Familie getragen wird
Foto:Ross Halfin / Live Nation
Könnten Sie sich mit dem heutzutage ziemlich zauseligen Rockmusiker Ozzy Osbourne beschäftigen. Mein Kollege Arno Frank ist nach Birmingham gereist, um an einem wolkenverhangenen Sommersamstag zu erleben, was im Vorfeld als »wichtigster Tag in der Geschichte des Heavy Metal« bezeichnet wurde. Osbournes wohl allerletztes Konzert .
Viele Menschen könnten Osbourne als den Verrückten kennen, der mal einer Fledermaus den Kopf abbiss. Oder als abgehalfterten Opa aus der Realityshow »The Osbournes«, die zwischen 2002 und 2005 bei MTV zu sehen war. Seine vermutlich wichtigste Lebensleistung ist es aber, dass er einst als Sänger der Heavy-Metal-Band Black Sabbath mit seinen Mitstreitern die Rockmusik revolutionierte.
»Black Sabbath haben mehr geleistet als die Pionierarbeit für eine Subkultur. Sie haben sozusagen der verzerrten Gitarre erst zu ihrer kulturellen Weltgeltung verholfen«, schreibt Arno in seiner wunderbar wummernden Reportage aus Birmingham. »Während herkömmliche Popmusik gute Unterhaltung ist, will Heavy Metal eine lebensrettende Maßnahme sein.«
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Wolfgang Höbel, Autor im Kulturressort