DEIN SPIEGEL: Viele Leute denken, dass man riesengroß sein muss, um im Basketball erfolgreich zu werden. Was denkst du darüber?
Schröder: Ich halte das für falsch. Mit meinen 1,88 Metern bin ich für einen Basketballer nicht besonders groß und habe es trotzdem geschafft. Die richtige Einstellung ist viel wichtiger als die Körpergröße. Wer hart trainiert und an sich selbst glaubt, hat die besten Chancen. Das gilt nicht nur für Basketball, sondern auch für andere Sportarten.
DEIN SPIEGEL: Bist du sehr ehrgeizig?
Schröder: Absolut. Ich muss in allen Sachen, die ich mache, der Beste sein. Das habt ihr beiden eben selbst mitbekommen, als ihr vor dem Interview gegen meinen Sohn und mich gespielt habt. Wir haben verloren, also wollte ich unbedingt eine Revanche. So war es bei mir schon als Kind.
DEIN SPIEGEL: Fällt es dir schwer, mit Niederlagen umzugehen?
Schröder: Mittlerweile nicht mehr. Früher war das anders, da war ich ein ziemlicher Hitzkopf. Als Kind habe ich oft geweint oder war wütend, wenn ich ein Basketballspiel verloren habe. Ich musste erst lernen, dass man nicht immer als Sieger vom Platz gehen kann.
DEIN SPIEGEL: Wer hat dir das beigebracht?
Schröder: Meine Frau Ellen. Als ich jünger war, habe ich kein Wort mehr gesprochen, wenn ich nach einem verlorenen Match nach Hause gekommen bin. Ellen hat mir erklärt, dass es unmöglich ist, in jedem Spiel richtig gut zu sein. Manchmal hat man einfach einen schlechten Tag.

Immer mit dabei: Ehefrau Ellen Schröder und die drei Kinder. Hier ist die Familie mit dem WM-Pokal zu sehen.
Foto: Anadolu Agency / Getty ImagesDEIN SPIEGEL: 2013 hast du dein Debüt in der NBA gegeben. Wie hat sich das angefühlt?
Schröder: Unbeschreiblich. Mein Papa ist gestorben, als ich 15 Jahre alt war. Ich hatte ihm versprochen, es in die NBA zu schaffen. Als ich damals beim Draft* meinen Namen gehört habe, war mein Versprechen eingelöst. Das war einer der schönsten Momente meiner Karriere.
DEIN SPIEGEL: Vor der NBA hast du in der Bundesliga gespielt. Worin unterscheiden sich die beiden Ligen spielerisch?
Schröder: In der Bundesliga geht es vor allem um genau überlegte Systeme und einen ruhigen, langsamen Spielaufbau. Die NBA ist viel schneller. Da läuft man permanent das Feld rauf und runter und hat kaum Zeit zum Nachdenken.
DEIN SPIEGEL: Wie findest du es, dass Basketballer in der NBA kaum mitbestimmen können, bei welchem Team sie spielen?
Schröder: Das ist das Einzige, was mir an der Liga nicht so gut gefällt. Die Teams können mit uns Spielern machen, was sie wollen. Da kann es schon mal passieren, dass du aus dem Nichts mit einem Spieler eines anderen Teams getradet wirst.

Zuletzt spielte Dennis Schröder, 31, bei den Detroit Pistons, nun wechselt er zu den Sacramento Kings.
Foto: Arlyn Mcadorey / ZUMA Press / IMAGODEIN SPIEGEL: Du hast allein in der vergangenen Saison für drei verschiedene Teams gespielt: in San Francisco, New York und Detroit. Ist es nicht anstrengend, ständig umzuziehen?
Schröder: Für mich ist das nicht so wild, aber für meine Familie ist es stressig. Unsere drei Kinder sind zwar in einem Alter, wo sie das noch nicht so richtig mitbekommen, aber mein ältester Sohn hat mir neulich erzählt, dass er die Kinder von Draymond Green vermisst. Das ist ein Profibasketballer, mit dem ich in San Francisco zusammengespielt habe. So was ist natürlich blöd.
DEIN SPIEGEL: Wir haben uns für dieses Interview in deiner Heimatstadt Braunschweig getroffen. Fühlst du dich in den USA ebenfalls zu Hause?
Schröder: Nicht wirklich. Ich bin immer froh, wenn wir im Sommer nach Braunschweig zurückkommen. Die Luft ist hier anders, und ich kenne jede Straße. Außerdem leben hier meine Freunde, meine Geschwister und meine Mutter. Es geht uns in den USA gut, aber ich könnte Amerika niemals mein Zuhause nennen.

Vor zwei Jahren wurde die deutsche Basketball-Nationalmannschaft der Männer Weltmeister. Bei der anstehenden Europameisterschaft will sie wieder erfolgreich sein. In der neuen Ausgabe von DEIN SPIEGEL, dem Nachrichten-Magazin für Kinder, spricht Teamkapitän Dennis Schröder über das Turnier, seinen Einsatz in der amerikanischen Liga NBA und seine Heimatstadt Braunschweig. Außerdem im Heft: Wie Kinder mit dem Tod ihres Haustiers umgehen können. Und: Hype um Plüschfiguren – was steckt hinter dem Labubu-Trend? DEIN SPIEGEL gibt es am Kiosk, ausgewählte Artikel online. Erwachsene können das Heft auch hier kaufen:
DEIN SPIEGEL: Im Juli ist ein Buch über deine Kindheit erschienen. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche, das war dir wichtig. Wieso?
Schröder: Weil ich glaube, dass meine Geschichte für Kinder inspirierend sein kann. Ich bin als dunkelhäutiger Junge in Braunschweig aufgewachsen. Das war nicht immer einfach, ich habe früh mit Rassismus zu tun gehabt. Trotzdem hörte ich nie auf, an mich zu glauben. Mein Buch soll zeigen, dass es jedem Menschen möglich ist, sein Ding durchzuziehen.
DEIN SPIEGEL: Das Buch heißt »Wir Jungs vom Prinzenpark«. Was ist das für ein Ort?
Schröder: Ein Park hier in Braunschweig. Es gibt dort eine Skateboard-Anlage und ein Basketballfeld. Als Kind war ich jeden Tag da, zum ersten Mal als Siebenjähriger. Damals war es im Prinzenpark komplett voll, überall fuhren BMX-Fahrer, Inline-Skater und Skater herum. Mir hat die Atmosphäre sofort gefallen.
DEIN SPIEGEL: In dem Buch steht, dass du als Kind viel auf dem Skateboard unterwegs warst. Und heute?
Schröder: Im Sommer fahre ich immer noch damit. Die NBA weiß darüber Bescheid, weil ich das wegen der Verletzungsgefahr mit ihr absprechen musste. Ich bin beim Fahren sehr vorsichtig und mache nur Tricks, die ich im Schlaf beherrsche.
DEIN SPIEGEL: Was gefällt dir so gut am Skaten?
Schröder: Die Kultur dahinter. Die Leute treffen sich draußen, sind einfach nur am Chillen und Skaten. Und sie schauen nicht ständig auf ihr Handy.
DEIN SPIEGEL: Wie kamst du zum Basketballspielen?
Schröder: Ich habe im Prinzenpark damit angefangen. Und ich wurde dort auch entdeckt, als ich zehn Jahre alt war. Von Liviu Călin, meinem späteren Trainer. Er hat gesehen, dass ich gut mit dem Ball umgehen kann – also sprach er mich an und lud mich zu einem Probetraining ein. So ging alles los.
DEIN SPIEGEL: Mittlerweile spielst du seit zwölf Jahren in der NBA. Und mit der Nationalmannschaft bist du 2023 Weltmeister geworden. Wollt ihr bei der Europameisterschaft den nächsten Titel gewinnen?
Schröder: Wenn wir wieder so ein starkes Team wie in den vergangenen Jahren zusammenbekommen, können wir ganz oben mitspielen. Voriges Jahr bei den Olympischen Spielen sind wir nur Vierter geworden, das war nicht unsere Zeit. Aber wenn bei der EM alles passt, wollen wir die Goldmedaille holen.
DEIN SPIEGEL: Bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele warst du Fahnenträger. Wie hat sich das angefühlt?
Schröder: Das hat mir alles bedeutet. Früher haben die Leute gesagt: »Dennis ist arrogant, der fährt ein goldenes Auto.« Und in den Medien wurde viel Unsinn über mich geschrieben. Dass ich Deutschland bei Olympia repräsentieren durfte, war ein tolles Statement.
DEIN SPIEGEL: Wie gehst du damit um, wenn dich jemand arrogant nennt?
Schröder: Ich nehme das einfach hin. Wenn man sich in der NBA behaupten will, muss man extrem selbstbewusst sein. Ich kann es nicht ändern, dass manche Leute dieses Auftreten anders deuten. Meiner Meinung nach bin ich sehr weit davon weg, arrogant zu sein.

Fabian und Adrian trafen Dennis Schröder in Braunschweig. Die beiden kommen aus Wolfsburg, besuchen die 7. Klasse und spielen Basketball beim TV Jahn Honeybadgers.
Foto: bettina theuerkauf / DEIN SPIEGELDEIN SPIEGEL: Was wärst du geworden, wenn es mit dem Basketball nicht funktioniert hätte?
Schröder: Ich denke, ich hätte etwas mit Klamotten gemacht, vermutlich meinen eigenen Laden eröffnet. Davon abgesehen, habe ich eine Ausbildung als Bürokaufmann angefangen. Das wäre aber nichts für mich gewesen. Ich bin froh, dass das mit dem Basketball geklappt hat.
DEIN SPIEGEL: Werden wir dich in den kommenden Jahren weiterhin in der NBA sehen?
Schröder: Ja, ich will dort auf jeden Fall noch vier bis sechs Jahre spielen. Aber dann muss ich nach Braunschweig zurück. Ich möchte hier unbedingt noch mal für die Basketball Löwen auflaufen, meinen Heimatverein. Und mit ihm im besten Fall die Meisterschaft holen.
Dieses Interview erschien in DEIN SPIEGEL 09/25.

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