Die Facebook-Mutterfirma Meta hat im vergangenen Jahr womöglich rund 16 Milliarden Dollar mit betrügerischer Onlinewerbung verdient. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf interne Unterlagen des Konzerns. Demnach entspricht diese Summe zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Usern von Facebook, Instagram und WhatsApp würden im Schnitt täglich 15 Milliarden Anzeigen präsentiert, die deutliche Anzeichen für einen betrügerischen Hintergrund aufwiesen, heißt es in dem Bericht weiter.
Ein Sprecher von Meta betonte, dass die in den Dokumenten genannten Schätzungen »grob und sehr umfassend« seien. Die tatsächlichen Einnahmen aus Werbung für illegale Medikamente, Onlineglücksspiel und Anlagebetrügereien lägen deutlich darunter. In vielen Verdachtsfällen habe es sich um legitime Anzeigen gehandelt. Genaue Zahlen nannte der Sprecher jedoch nicht. »Wir bekämpfen Betrug aggressiv«, fügte er hinzu. »Nutzer wollen diese Inhalte nicht, seriöse Werbekunden wollen sie nicht und wir wollen sie auch nicht.« In den vergangenen anderthalb Jahren seien die Beschwerden über betrügerische Werbung weltweit um 58 Prozent zurückgegangen.
Laut Reuters heißt es in den Unterlagen, Meta verfüge über ein automatisches internes Warnsystem. Werbetreibende würden von den Konzernplattformen aber erst verbannt, wenn mit mehr als 95-prozentiger Sicherheit von betrügerischen Motiven ausgegangen werden könne. In weniger eindeutigen Fällen erhöhe das Unternehmen die Preise für die Anzeigen, um schwarze Schafe abzuschrecken.
Ein Problem auf der Plattform spielt Kriminellen in die Karten: Klicken User betrügerische Werbung an, kann es passieren, dass sie anschließend verstärkt solche Anzeigen ausgespielt bekommen. Der Grund hierfür ist wahrscheinlich Metas Empfehlungsalgorithmus, der sich an den Interessen der Nutzer orientiert.
Mehr Einnahmen als erwartbare Strafen
Es sei ein Signal mangelnder Überwachung der Werbebranche, wenn Meta Geld von mutmaßlichen Betrügern akzeptiere, kritisiert Sandeep Abraham. Er ist Betrugsermittler und war früher Sicherheitsbeauftragter bei Meta. Abraham leitet derzeit die Beratungsfirma Risky Business Solutions. »Wenn Regulierer nicht tolerieren, dass Banken von Betrug profitieren, sollten sie es in der Technologiebranche ebenfalls nicht tolerieren«, meint Abraham.
Der Einschätzung der früheren Staatsanwältin Erin West zufolge ignoriert Meta immer wieder Hinweise von Nutzerinnen und Nutzern zu möglichen Betrügereien. »Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem eine Anzeige deswegen geblockt wurde«, sagt sie.
Meta bekennt sich intern zwar dazu, Einnahmen aus dubiosen Quellen reduzieren zu wollen. Gleichzeitig warnen die Autoren der vertraulichen Studie, über die Reuters berichtet, aber vor möglichen drastischen Umsatzeinbußen. So sollen die Einnahmen aus solchen Anzeigen bislang angeblich höher sein als die zu erwartenden Strafzahlungen, die Behörden verhängen könnten. Das Management soll sich deswegen angeblich dazu entschieden haben, die Kontrolle der Werbetreibenden nur auf behördlichen Druck hin zu verschärfen. Ein Konzernsprecher wies dies zurück. Ein solches Vorgehen widerspreche der Firmenpolitik.
Lasche Selbstkontrolle
In der Selbsteinschätzung von Ende 2024 räumt Meta ein, dass es für Betrüger leichter sei, ihre Anzeigen auf Facebook und Co. zu schalten als bei Google. Einen Grund hierfür nannten die Autoren der Studie jedoch nicht.
Die internen Dokumente legen laut Reuters jedoch nahe, dass Metas Geschäftsbedingungen Kriminellen zu viele Schlupflöcher bieten. Bei der Prüfung von Betrugsbeispielen, die von den Behörden Singapurs übermittelt wurden, sollen in weniger als einem Viertel der Fälle die Richtlinien des Konzerns direkt missachtet worden sein. Der Rest habe lediglich gegen den Geist des Regelwerks verstoßen, heißt es. In einigen Fällen hätten die internen Systeme auch bei offensichtlichen Betrugsversuchen nicht angeschlagen.
Ein Meta-Mitarbeiter veröffentlicht daher inzwischen wöchentlich eine Liste der »betrügerischsten Betrüger«. Sie listet jene Werbetreibenden auf, über die die meisten Beschwerden wegen potenziell krimineller Anzeigen eingehen. Bei einer Stichprobe von Reuters schalteten zwei von fünf in diesen Listen erwähnten Firmen sechs Monate nach ihrer ersten Erwähnung in dieser Liste weiter Anzeigen auf Metas Plattformen. Erst nach einem Hinweis der Nachrichtenagentur wurden auch sie ausgeschlossen.

vor 2 Stunden
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