Mark Carney will nach dem Sieg seiner liberalen Partei bei der Parlamentswahl in Kanada mehr Nähe zu Europa suchen. Sein Land habe noch "andere Optionen als die USA".
Aktualisiert am 29. April 2025, 10:45 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, edd
Nach dem Sieg seiner liberalen Partei bei der Parlamentswahl in Kanada hat Premierminister Mark Carney deutlich Position gegen die Drohungen von US-Präsident Donald Trump gegenüber seinem Land bezogen. "Amerika will unser Land, unsere Ressourcen, unser Wasser", sagte Carney in seiner Siegesrede. Dies seien keine leeren Drohungen. "Präsident Trump versucht, uns zu brechen, damit Amerika uns besitzen kann – aber das wird niemals passieren."
Man müsse aber auch anerkennen, dass sich die
Welt grundlegend verändert habe. Das System des offenen Welthandels sei vorbei. "Das sind Tragödien, aber es ist auch unsere
neue Realität", sagte er. "Unsere alte Beziehung mit den USA,
eine Beziehung, die auf stetig zunehmender Verflechtung beruhte, ist
vorbei", sagte Carney. "Wir haben den Schock des amerikanischen
Verrats überwunden, aber wir sollten die Lektionen nie vergessen."
Die kommenden Monate würden herausfordernd werden und Opfer erfordern, sagte Carney. Er kündigte an, sich mit Trump zusammenzusetzen und die künftigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Beziehungen "zwischen zwei souveränen Nationen" zu erörtern – "und zwar in dem vollen Bewusstsein, dass wir viele, viele andere Optionen als die USA haben". Kanada werde seine Beziehungen "zu verlässlichen Partnern" in Europa, Asien und anderen Teilen der Welt stärken.
Liberalen gelang überraschende Kehrtwende
Mark Carney, der früher Notenbankchef in Kanada und Großbritannien war, hatte erst im März den Vorsitz der Liberalen und das Amt als Ministerpräsident von Justin Trudeau übernommen. Dieser hatte im Januar seinen Rücktritt erklärt, weil die Liberalen lange im Umfragetief verharrten, während die Konservativen mit 20 Prozentpunkten Vorsprung als sicherer Wahlsieger galten.
Dem Meinungsforscher Shachi Kurl vom Angus Reid Institute zufolge führten drei Faktoren zur Kehrtwende und dem Sieg der Liberalen. "Es war der 'Jeder außer Konservative'-Faktor, es war der Faktor der Trump-Zölle, und dann war es der Abgang von Trudeau, (...) der es vielen Wählern des linken Zentrums und der traditionellen Liberalen ermöglichte, zur Partei zurückzukehren."