Krieg in Nahost: Israel plant Auffanglager für 600 000 Gaza-Bewohner

vor 6 Stunden 1

Verteidigungsminister Katz spricht von einer „Humanitären Stadt“. Aber wer einmal eingelassen wird, soll die Einrichtung nicht mehr verlassen dürfen.

Viele Angaben stammen von Konfliktparteien und lassen sich teilweise nicht unabhängig überprüfen. Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.

Wichtige Updates

Gespräche über „Umsiedlung“ von Palästinensern

Netanjahu: Schlage Trump für Friedensnobelpreis vor 

Huthi-Rebellen versenken Frachter im Roten Meer

Israel und Huthi-Miliz greifen einander an 

Erste Gesprächsrunde zwischen Hamas und Israel laut Insider ergebnislos

Kassian Stroh

Israel plant Auffanglager für 600 000 Gaza-Bewohner

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat Medienberichten zufolge die Planung eines riesigen Auffanglagers für 600 000 vom Krieg vertriebene Palästinenser im südlichen Gazastreifens angeordnet. Damit solle die Macht der islamistischen Hamas über die Bevölkerung des Küstengebiets geschwächt werden, sagte der Minister israelischen Journalisten. 

Katz sprach demnach von einer „Humanitären Stadt“ auf den Trümmern der Stadt Rafah, die im Gaza-Krieg zerstört wurde. Dort sollen Hunderttausende Palästinenser Aufnahme finden, die derzeit in Zelten auf dem Gebiet von Al-Mawasi leben. Das neue Lager solle während der 60-tägigen Feuerpause entstehen, über die Israel und die Hamas derzeit indirekt verhandeln, führte Katz weiter aus. Es solle von nicht näher genannten „internationalen Partnern“ verwaltet werden, die israelische Armee würde das Umfeld sichern. Menschen, die sich in die „Humanitäre Stadt“ begeben, würden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, um zu verhindern, dass sich Hamas-Kader unter sie mischen. Wer einmal dort eingelassen wird, darf die Einrichtung nicht mehr verlassen.

Das Lager werde auch dazu dienen, den Emigrationsplan für die Palästinenser umzusetzen. „Denn der wird kommen“, zitierten Medien, deren Vertreter bei dem Briefing anwesend waren, den Minister. Israelische Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit mehrmals angekündigt, die „freiwillige“ Emigration eines bedeutenden Teils der Bevölkerung von Gaza voranzutreiben. 

Die meisten der etwa zwei Millionen Menschen haben im Krieg ihre Häuser und Wohnungen verloren. Allerdings hat sich bislang kein Land der Welt dazu bereit erklärt, eine nennenswerte Zahl von Palästinensern aufnehmen zu wollen. Auch am freiwilligen Charakter der angestrebten Massenauswanderung bestehen Zweifel. Radikalere Kräfte in Israel, so auch einige rechtsextreme Minister, sprechen offen von Zwangsdeportationen der Gaza-Bevölkerung und von der Errichtung jüdischer Siedlungen in dem Küstengebiet.

Patrick Wehner

Fünf israelische Soldaten im Gazastreifen getötet

Im Gazastreifen sind fünf israelische Soldaten nach Angaben der Armee getötet worden. Das gab das Militär auf Telegram bekannt. Nach ersten Ermittlungen der Streitkräfte wurden die Infanteristen am späten Montagabend während eines Bodeneinsatzes in Beit Hanun im Norden des Küstenstreifens durch eine am Straßenrand platzierte Bombe getötet. 14 weitere Soldaten seien verletzt worden, zwei von ihnen schwer. Bei dem Versuch, die Verletzten zu bergen, seien die Streitkräfte laut den Ermittlungen in diesem Gebiet unter Beschuss geraten, berichtete die Times of Israel

Patrick Wehner

Trump: Hamas will Waffenruhe in Gaza 

Die islamistische Hamas will nach Aussage von US-Präsident Trump ein Abkommen mit Israel im Gaza-Krieg. „Sie wollen sich treffen und sie wollen diese Waffenruhe“, sagte Trump im Weißen Haus. Er war von anwesenden Journalisten gefragt worden, ob sich unbestätigte Berichte über einen Zwischenfall im Norden Gazas mit israelischen Opfern auf die laufenden Vermittlungsgespräche auswirken würden. „Ich denke nicht“, sagte Trump.

Zum aktuellen Stand der indirekten Gespräche über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln sagte der US-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, es gebe die Gelegenheit, eine Einigung schnell zu erzielen. Er wird nach Angaben des Weißen Hauses diese Woche in die katarische Hauptstadt Doha reisen, um an den Vermittlungsgesprächen teilzunehmen. 

Patrick Wehner

Gespräche über „Umsiedlung“ von Palästinensern

US-Präsident Trump und der israelische Ministerpräsident Netanjahu haben nach dessen Angaben miteinander über eine mögliche „Umsiedlung“ von Palästinensern gesprochen. „Wenn die Menschen bleiben wollen, können sie bleiben. Aber wenn sie gehen wollen, sollten sie gehen können“, sagte Netanjahu bei einem gemeinsamen Auftritt vor Journalisten im Weißen Haus in Washington. „Wir arbeiten sehr eng mit den USA zusammen, um Länder zu finden, die umsetzen wollen, was sie immer sagen: dass sie den Palästinensern eine bessere Zukunft geben wollen“, sagte Netanjahu. „Ich glaube, wir stehen kurz davor, mehrere Länder zu finden.“ 

Auf die Frage nach Plänen zur „Umsiedlung“ von Palästinensern sagte Trump, es gebe eine gute Zusammenarbeit mit Nachbarländern Israels. Trump kündigte zudem Gespräche seiner Regierung mit Iran an. Dem US-Sondergesandten Steve Witkoff zufolge sollen diese möglicherweise in der kommenden Woche stattfinden. Trump stellte in Aussicht, die Sanktionen gegen Iran zu einem späteren Zeitpunkt aufzuheben. 

Patrick Wehner

Netanjahu: Schlage Trump für Friedensnobelpreis vor 

Israels Ministerpräsident Netanjahu hat US-Präsident Trump für den Friedensnobelpreis nominiert. Zu Beginn eines gemeinsamen Abendessens im Weißen Haus lobte er in Anwesenheit von Journalisten Trumps „Streben nach Frieden und Sicherheit, das Sie in vielen Ländern, aber jetzt insbesondere im Nahen Osten, anführen“. Trump schmiede „in diesem Moment Frieden, in einem Land, in einer Region nach der anderen“. 

Dann reichte Netanjahu Trump einen Brief, den er an das Nobelpreiskomitee geschickt habe, um den US-Präsidenten für den Friedenspreis zu nominieren.
„Sie haben ihn verdient, und Sie sollten ihn bekommen“, sagt der israelische Regierungschef. „Wow“, erwiderte Trump. „Gerade von Ihnen ist das sehr bedeutungsvoll.“ Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter. 

Leopold Zaak

Huthi-Rebellen versenken Frachter im Roten Meer

Die Huthi-Miliz hat zum ersten Mal seit Wochen wieder einen Angriff auf ein Schiff im Roten Meer für sich reklamiert. Die „Magic Seas“ sei am Sonntag mit Drohnen und Raketen angegriffen worden, erklärten die Huthi. Im Einsatz seien auch zwei „unbemannte Boote“ gewesen. Den Rebellen zufolge ist der Frachter inzwischen gesunken. Dem Betreiber Stem Shipping zufolge ist die Besatzung in Sicherheit. 

Die von Iran unterstützte Huthi-Miliz hat seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 immer wieder Schiffe im Roten Meer angegriffen – nach eigenen Aussagen, um die Palästinenser im Gazastreifen zu unterstützen. Nach schweren Luftangriffen der USA in Jemen hatten die Huthi Anfang Mai eigentlich einer Waffenruhe zugestimmt. Es ist der erste Zwischenfall dieser Art seit Inkrafttreten der Waffenruhe. Die Huthi erklärten, der angegriffene Frachter habe gegen ein angebliches Einlaufverbot in israelische Häfen verstoßen. Vorige Warnungen seien ignoriert worden, hieß es. Die Huthi kündigten an, weiter Schiffe mit Israel-Bezug angreifen zu wollen.

Durch den Golf von Aden und das Rote Meer führt eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den Welthandel. Viele Reedereien meiden weiterhin die Route wegen der Gefahr durch Huthi-Angriffe, bei denen teils Crewmitglieder getötet oder verletzt wurden.

Bericht: Hamas hat Kontrolle über Großteil Gazas verloren

Die islamistische Hamas hat einem Medienbericht zufolge die Kontrolle über 80 Prozent des Gazastreifens verloren. Bewaffnete Clans füllten das Machtvakuum, sagte ein hochrangiger Hamas-Offizier dem britischen Sender BBC unter der Bedingung, anonym bleiben zu können. „Der Großteil der Führungsriege, etwa 95 Prozent, ist jetzt tot.“

Das Hamas-Mitglied, das die BBC als Oberstleutnant bezeichnet, teilte dem Sender mit, dass das Kommando- und Kontrollsystem aufgrund der monatelangen israelischen Angriffe auf die Führung der Terrororganisation zusammengebrochen sei. Israel habe die Oberhand.

Die Kontrolle der Hamas ist gleich null. Es gibt keine Führung, kein Kommando, keine Kommunikation.

Die BBC zitiert einen Hamas-Offizier, der dem Sender mehrere Sprachnachrichten geschickt habe

Auch die Sicherheitslage im Gazastreifen sei völlig zusammengebrochen, sagte er dem Bericht zufolge. Selbst als Anwohner Gegenstände aus einem wichtigen Komplex der Hamas im Gazastreifen gestohlen hätten, seien Sicherheitskräfte der Hamas nicht eingeschritten.

Der Offizier wurde laut BBC zu Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verletzt und soll seitdem nicht mehr im Dienst sein.

Israel und Huthi-Miliz greifen einander an 

Israel ist nach Angaben des Militärs erneut mit Raketen aus Jemen angegriffen worden. Die Luftabwehr sei aktiviert worden, um zwei aus Jemen abgefeuerte Raketen abzufangen, teilte die Armee am frühen Morgen mit. In mehreren Gebieten Israels hatten die Sirenen geheult. Kurz zuvor hatte Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben militärische Einrichtungen der mit Iran verbündeten Huthi-Miliz in Jemen massiv bombardiert.

Ziele seien die von der Miliz kontrollierten Häfen von Ras Issa, Hudaida und Salif im Westen des Landes, teilte die Armee in der Nacht mit. Die Häfen würden von den Huthi genutzt, um Waffen aus Iran für Terroreinsätze gegen Israel und seine Verbündeten zu transportieren. In Ras Issa sei auch das Handelsschiff Galaxy Leader getroffen worden, das im November 2023 von den Huthi gekapert worden war. Die Miliz habe auf dem Schiff ein Radarsystem installiert, um für Terroranschläge Schiffe im internationalen Seeverkehr zu verfolgen.

Angegriffen worden sei zudem das Kraftwerk Ras Kanatib in der Nähe der Hafenstadt Hudaida, teilte die Armee auf Telegram weiter mit. „Wie ich gewarnt habe, wird Jemen wie (die iranische Hauptstadt) Teheran behandelt“, sagte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz laut Medien. „Jeder, der versucht, Israel zu schaden, wird Schaden nehmen, jeder, der seine Hand gegen Israel erhebt, wird sie verlieren“, sagte Katz.

Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen im Oktober 2023 greifen die Huthi Israel immer wieder mit Raketen und Drohnen an – nach eigenen Angaben als Ausdruck ihrer Solidarität mit der Hamas.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Eintrags hieß es, das Kraftwerk Ras Kanatib sei in der Nähe der Hauptstadt Sanaa. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Erste Gesprächsrunde zwischen Hamas und Israel laut Insider ergebnislos

Die erste Runde der indirekten Gespräche über eine Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel ist in Katar Insidern zufolge offenbar ergebnislos zu Ende gegangen. Dies sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute palästinensische Personen am frühen Montagmorgen der Nachrichtenagentur Reuters und fügten hinzu, dass die israelische Delegation kein ausreichendes Mandat gehabt habe, um eine Vereinbarung mit der Hamas zu erreichen.

Trump sieht gute Chancen für Gaza-Waffenruhe

Vor seinem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hat US-Präsident Donald Trump bekräftigt, dass Israel in der neuen Woche eine Waffenruhe mit der radikal-islamischen Hamas schließen könnte. Trump sagte, ein solches Abkommen bedeute, dass auch eine Reihe von Geiseln aus der Gewalt der Hamas freigelassen werden könnte. Ein Treffen Trumps mit Netanjahu ist an diesem Montag im Weißen Haus geplant.

Lilith Volkert

Israels Armee startet größte Einberufung ultrareligiöser Juden 

In Israel bekommen in den nächsten Tagen 54 000 ultraorthodoxe Juden einen Einberufungsbescheid. Es handelt sich um die größte Rekrutierungsaktion bei dieser Gruppe, die den Militärdienst notorisch ablehnt, wie israelische Medien meldeten. Die Armee kündigte laut der Zeitung Haaretz zugleich an, schärfer gegen Wehrdienstverweigerer vorgehen zu wollen. Von den 24 000 streng Religiösen, die vergangenes Jahr in mehreren Tranchen eine Aufforderung zur Musterung erhielten, hatte sich israelischen Medien zufolge nur ein Bruchteil gemeldet. Die jetzige Einberufung erfolgt unter dem Druck der öffentlichen Meinung und eines Urteils des Obersten Gerichtshofs sowie vor dem Hintergrund des Gaza-Konflikts, der die Armee stark beansprucht. Die jungen Männer ab 16,5 Jahren, die jetzt einen Bescheid erhalten, sollen sich bis Juli 2026 zum Dienst melden. 

Lilith Volkert

Erstmals wieder Schiff im Roten Meer beschossen 

Im Roten Meer vor der Küste Jemens ist erstmals seit Mitte April wieder ein Frachtschiff angegriffen worden. Der Beschuss trug die Handschrift der militanten Huthi, allerdings bekannte sich zunächst niemand dazu. Aus dem Umfeld von maritimen Sicherheitskreisen hieß es, die unter der Flagge Liberias fahrende griechische Magic Seas habe „Wasser aufgenommen“. Damit ist üblicherweise gemeint, dass es zu einem Wassereinbruch gekommen ist. Das Schiff sei 51 Seemeilen (knapp 95 Kilometer) vor dem jemenitischen Hafen Hudaida beschossen worden. Die Besatzung wird das Schiff voraussichtlich verlassen, teilte die United Kingdom Maritime Trade Operations (UKMTO) mit. Es ist der erste derartige Bericht in dem Gebiet seit Mitte April. Jemenitische Huthi, die mit Iran verbündet sind, haben seit November 2023 mehr als 100 Angriffe auf Schiffe verübt. Das störte den weltweiten Schiffsverkehr schwer und zwang viele Reedereien dazu, ihre Schiffe umzuleiten. 

Julia Daniel

Bericht: Israel erlaubt mehr Hilfe für den Norden Gazas 

Israels Sicherheitskabinett hat einem Medienbericht zufolge einer Ausweitung der Hilfslieferungen für den nördlichen Gazastreifen zugestimmt. Verantwortlich für die Umsetzung dieses Plans sollen internationale Hilfsorganisationen sein, wie die Times of Israel unter Berufung auf einen Beamten meldete. Ein Regierungssprecher wollte den Bericht nicht kommentieren.

Kritik kam vom rechtsextremen Finanzminister Bezalel Smotrich. Er sprach von einer „Fehlentscheidung“. Die Hilfe, die „auf die alte und schlechte Art“ geliefert werde, werde auch die Hamas erreichen, schrieb er auf der Plattform X. 

Birgit Kruse

Berichte über Tote bei Angriffen Israels im Gazastreifen 

Bei israelischen Luftangriffen hat es im Gazastreifen palästinensischen Angaben zufolge erneut viele Tote gegeben. In der Stadt Gaza seien mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen, als bei einem Angriff das Haus einer Familie getroffen worden sei, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf medizinische Kreise. In dem Gebäude seien Vertriebene untergebracht gewesen, heiß es weiter. Laut dem Bericht wurden auch mehrere Menschen verletzt sowie unter Trümmern verschüttet.

Wafa meldete seit dem Morgen insgesamt mindestens 17 Tote bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen. Laut der Nachrichtenagentur sollen am Samstagabend zudem vier Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren bei einem Drohnenangriff Israels ums Leben gekommen sein. Bei dem Vorfall in der Stadt Chan Yunis sei ein Zelt von Vertriebenen getroffenen worden. Bei den Kindern soll es sich um Mitglieder derselben Familie handeln. Zudem sei eine weitere Person getötet worden. Dem Bericht zufolge soll es auch mehrere Verletzte gegeben haben. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten.

In einer Mitteilung des Militärs hieß es, die Armee gehe weiterhin gegen Terrororganisationen im Gazastreifen vor, darunter im Gebiet der Stadt Chan Yunis sowie in der Stadt Gaza. Israels Luftwaffe habe am Samstag rund 130 Ziele angegriffen, darunter Waffen und Mitglieder von Terrororganisationen. Auch diese Angaben konnten zunächst nicht verifiziert werden. 

Julia Daniel

Bundestags-Gutachten: „Erhebliche Zweifel“ an Rechtmäßigkeit der Angriffe Israels

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags machen in einem Gutachten „erhebliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit der israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf Iran geltend. Die „ganz überwiegende Zahl der Völkerrechtler“ sehe die Kriterien für eine „Selbstverteidigungslage“ Israels nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen nicht als erfüllt an, heißt es in der 54-seitigen Expertise, die vom Linken-Abgeordneten Ulrich Thoden in Auftrag gegeben wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Israel hätte nach Ansicht der Wissenschaftler beweisen müssen, dass Iran unmittelbar vor dem Bau einer Atomwaffe stand. „Die Herstellung von ausreichend spaltbarem Material im Rahmen des iranischen Atomprogramms ist dabei nur ein notwendiger Zwischenschritt“, heißt es in dem Gutachten. Außerdem hätte dargelegt werden müssen, dass Iran die feste Absicht hatte, eine solche Waffe gegen Israel einzusetzen und dass die Militäroperation „Rising Lion“ wirklich die letzte Gelegenheit war, den Bau der Atombombe zu verhindern. All dies sei „nach dem nahezu einhelligen Urteil der Völkerrechtslehre“ nicht hinreichend geschehen. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass Geheimdienste noch über Informationen verfügten, die noch nicht öffentlich kommuniziert worden seien und die Faktenlage noch ändern könnten. „Gleichwohl steht Israel jetzt in der Pflicht, sein militärisches Handeln gegen Iran jetzt rechtlich zu begründen.“ 

Auch das Eingreifen der USA in den Krieg wäre nach Ansicht der Wissenschaftler nur vom Völkerrecht gedeckt, wenn die israelischen Angriffe völkerrechtskonform wären, woran es „erhebliche Zweifel“ gebe. Deswegen lasse sich die US-Militäroperation „entgegen dem amerikanischen Rechtfertigungsnarrativ“ nicht auf das Recht auf kollektive Selbstverteidigung stützen, heißt es in dem Gutachten. 

Die Bundesregierung hat sich bisher nicht zu der Frage geäußert, ob die Angriffe Israels und der USA auf Iran aus ihrer Sicht völkerrechtswidrig sind. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich aber klar hinter die Militäroperationen gestellt. 

Gesamten Artikel lesen