Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.
Wichtige Updates
Chrupalla: AfD und BSW auch auf Bundesebene in Kontakt
Koalitionsausschuss: Zunächst keine Strompreissenkung für Verbraucher
Kabinett will Verfügbarkeit von Lachgas und K.o.-Tropfen stark einschränken
Ehemaliger Finanzstaatssekretär wird neuer Botschafter in der Ukraine
Merz zu Regenbogenfahne am CSD: Bundestag „kein Zirkuszelt“
Polen: Keine Grenzkontrollen, wenn Deutschland verzichtet
Polen ist bereit, auf die von Montag an geplanten Kontrollen an der Grenze zu Deutschland zu verzichten, wenn die Bundesregierung ihrerseits die Kontrollen einstellt. „Wenn Deutschland seine Kontrollen aufhebt, die, wie ich erinnern möchte, seit Oktober 2023 bestehen, sehen auch wir keinen Grund, Einreisende aus Deutschland zu kontrollieren“, sagte Innenminister Tomasz Siemoniak in Warschau.
Polen will von kommender Woche an als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen vorübergehend eigene Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze einführen. Deutschland kontrolliert bereits seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können.
Siemoniak sagte weiter, er habe den für Inneres und Migration zuständigen EU-Kommissar Magnus Brunner über den geplanten Schritt informiert. Dieser habe die Argumentation der polnischen Seite akzeptiert.
Chrupalla: AfD und BSW auch auf Bundesebene in Kontakt
Nach dem umstrittenen Treffen der Fraktionschefs von AfD und BSW in Thüringen befürwortet der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla solche Kontakte auch auf Bundesebene. Auf die Frage, ob er und die Co-Vorsitzende Alice Weidel für Gespräche mit Sahra Wagenknecht zur Verfügung stünden, sagte er dem Sender Welt-TV: „Ja, also immer.“ Nach seinen Worten gibt es sogar schon Gespräche mit dem BSW. Zum Inhalt sagte Chrupalla: „Über das, was Deutschland bewegt, und wie man Mehrheiten verändern kann.“
BSW-Chefin Wagenknecht dementierte zwar Gespräche mit der AfD auf Bundesebene, zugleich warnte sie aber vor einer Ausgrenzung der rechtspopulistischen Partei. "Aktuell gibt es keine Gespräche. Das ist eine Phantomdiskussion", sagte Wagenknecht. "Aber wenn Sie mich fragen, ob ich auch mit Herrn Chrupalla reden würde, wenn es einen konkreten Anlass dafür gäbe, wie es in Thüringen bei dem Gespräch der Fraktionsvorsitzenden der Fall war: ja, selbstverständlich", fügte sie hinzu.
Zum Treffen des Thüringer BSW-Landtagsfraktionschefs Frank Augsten mit dem dortigen AfD-Fraktionschef Björn Höcke sagte Chrupalla: „Das ist absolut richtig und vor allen Dingen auch im Bürgerinteresse.“ Die Thüringer AfD wird seit 2021 vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. Das BSW hatte mit 4,981 Prozent bei der Wahl im Februar knapp den Einzug in den Bundestag verfehlt.
Spahn verteidigt Beschluss des Koalitionsausschusses
Unionsfraktionschef Jens Spahn hat den Beschluss des Koalitionsausschusses verteidigt, die Stromsteuer für Verbraucher vorerst nicht so stark zu senken wie im Koalitionsvertrag versprochen. „Wir halten an dem gemeinsamen Ziel fest, für alle die Stromkosten deutlich zu senken“, sagte Spahn im ARD-Morgenmagazin. Wichtig seien aber auch solide Finanzen. Spahn verwies darauf, dass private Haushalte zum 1. Januar 2026 entlastet würden über die Senkung der Strom-Netzentgelte und die Abschaffung der Gasspeicherumlage. Auch komme die ausgeweitete Mütterrente und gebe Rentnerinnen mehr Spielräume. „Der erste Schritt dieses Versprechens wird gegangen“, sagte der CDU-Politiker. Sobald es mehr finanzielle Möglichkeiten gebe, folgten die nächsten Schritte, so Spahn, der sich zuvor selbst für deutliche Entlastungen bei den Stromkosten eingesetzt hatte.
Nach der Entscheidung beginnt in der Koalition aber auch die Debatte, wer nun dafür verantwortlich ist. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), schob Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) die Verantwortung zu. „Es ist vor allem der Job des Finanzministers, das möglich zu machen – und es gibt eine Menge Möglichkeiten“, sagte Wüst dem Nachrichtenmagazin Politico.
Koalitionsausschuss: Zunächst keine Strompreissenkung für Verbraucher
Die Koalitionsspitzen von Union und SPD haben sich nach fünfstündigen Verhandlungen nicht auf eine weitere Senkung der Stromsteuer für alle Verbraucher verständigt. Dem Ergebnispapier vom Mittwochabend zufolge bleibt es bei den bisherigen Planungen. Erst wenn es neue finanzielle Spielräume gebe, könnten auch die Haushalte noch stärker entlastet werden, heißt es darin. Die Stromsteuersenkung auf europäisches Mindestmaß von 2,05 Cent auf 0,1 Cent pro Kilowattstunde für alle - also auch Haushalte - war im Koalitionsvertrag versprochen worden. In den bisherigen Planungen sollte sie aber nur für Unternehmen umgesetzt werden. Die Kosten der Senkung für die Haushalte würde zusätzlich 5,4 Milliarden Euro kosten.
Die Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum Hissen der Regenbogenfahne beim Christopher Street Day haben in Berlin parteiübergreifend Kritik hervorgerufen. "Die CDU offenbart ein überkommenes Gesellschaftsbild, das queere Menschen zu Clowns, Freaks und Exoten herabwürdigt", sagte der queerpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Landesparlament, Sebastian Walter, der Deutschen Presse-Agentur.
Auch aus der CDU gibt es Kritik: "Ich finde ehrlicherweise die Formulierung mit dem Zirkuszelt sehr unglücklich, gerade in der jetzigen aufgeheizten Diskussionszeit mit zunehmender Hassgewalt", sagte die queerpolitische Sprecherin der Fraktion, Lisa Knack, der dpa.
Noch schärfere Kritik kam vom Queerbeauftragten des Berliner Senats, Alfonso Pantisano: "Wenn die Würde des Menschen unantastbar sein soll, dann halten Sie sich endlich daran, Herr Merz!", postete er auf Instagram. "Queere Menschen sind keine Zirkuspferde!"
Kabinett will Verfügbarkeit von Lachgas und K.o.-Tropfen stark einschränken
Lachgas soll für Jugendliche künftig nicht mehr so leicht zu bekommen sein. Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf, der den Besitz und den Verkauf von Lachgas an Kinder und Jugendliche unterbinden soll. Auch der Online-Handel und der Kauf an Selbstbedienungsautomaten werden untersagt. Gesundheitsministerin Nina Warken hatte die Regulierung von Lachgas, dessen Konsum sich zuletzt stark verbreitet hatte, im Mai als eine ihrer ersten Amtshandlungen angekündigt. Lachgas sei kein harmloser Spaß, erklärte die CDU-Politikerin, die Folgen reichten von Gefrierverletzungen über Ohnmachtsanfälle bis zu Nervenschäden und Psychosen.
Das Kabinett will auch die Verfügbarkeit von K.o.-Tropfen eindämmen, die Täter als „Vergewaltigungsdroge“ oder zum Ausrauben einsetzen. Die Wirkstoffe Gamma-Butyrolacton (GBL) und 1,4-Butandiol (BDO) sind sogenannte psychotrope Substanzen. Sie sind weitgehend geschmacksneutral und verändern die Wahrnehmung. Menschen können dadurch in einen Zustand der Willenlosigkeit geraten.
Die davon betroffenen Substanzen werden nicht grundsätzlich verboten, da sie als Industriechemikalien, in der Medizin und in der Wissenschaft im Einsatz sind. Der Entwurf kommt jetzt in den Bundestag. In Kraft treten sollen die Neuregelungen dann drei Monate nach der Verkündung - zum Vorbereiten von Umstellungen im Handel und an Automaten sowie von Altersprüfungen.
Koalitionsausschuss berät über Stromsteuer
Union und SPD treffen sich am Nachmittag zum zweiten Koalitionsausschuss. Es soll unter anderem um die Stromsteuer gehen, eins der wichtigsten Streitthemen zwischen den Parteien. Im Koalitionsvertrag steht, sie solle für alle sinken. Stattdessen wurde vergangene Woche beschlossen, Senkungen nur für Land- und Forstwirtschaft und Industrie auf den Weg zu bringen; Privathaushalte sollten ausgenommen werden.
Das löst breite Kritik bei Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Sozialverbänden aus -aber auch innerhalb der Union. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte sich vor dem Treffen der Koalitionsspitzen zwar grundsätzlich offen für eine mögliche Ausweitung der Stromsteuersenkung - aber nur, wenn die Gegenfinanzierung gesichert sei.
SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar forderte von CDU und CSU, „zu gemeinsamen Beschlüssen anschließend auch öffentlich" zu stehen. “Wer ehrlich Politik machen will, muss bei Forderungen nach Steuersenkungen auch Vorschläge zur Gegenfinanzierung machen“, kritisierte sie im Gespräch mit „Süddeutsche Zeitung Dossier“ insbesondere die CDU-Politiker Hendrik Wüst und Carsten Linnemann.
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf blickt zuversichtlich auf den Koalitionsausschuss. „Ich glaube, der Ärger ist schon wieder bisschen verflogen, weil wir jetzt auf einem guten Weg sind, heute auch im Koalitionsausschuss da zu gemeinsamen Lösungen zu finden“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin". Die Koalition sei „extrem stabil".
- Bloß kein Ampel-Modus: Björn Böhning und Thorsten Frei sollen die Konflikte innerhalb der Koalition lösen. Georg Ismar, Nicolas Richter und Henrike Roßbach über den Arbeitsmodus der beiden (SZ Plus)
- „Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt von Krise zu sprechen“: Friedrich Merz wird bei „Maischberger" ziemlich gepiesackt. Eine TV-Kritik von Peter Fahrenholz (SZ Plus)
- Friedrich Merz unterschätzt das Klein-Klein der Innenpolitik. Ein Kommentar von Henrike Roßbach (SZ Plus)
Ehemaliger Finanzstaatssekretär wird neuer Botschafter in der Ukraine
Zwei Monate nach dem Regierungswechsel komplettiert Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) die Neubesetzung diplomatischer Spitzenposten. Der bisherige Staatssekretär im Finanzministerium, Heiko Thoms, wird neuer Botschafter in der Ukraine. Das ist ein Teil eines Personalpakets, über das das Kabinett an diesem Mittwoch nach Informationen aus Regierungskreisen entscheidet.
Thoms wird Nachfolger von Martin Jäger, der Chef des Bundesnachrichtendienstes wird. Thoms war im Finanzministerium unter anderem für die Verhandlungen über ein 50-Milliarden-Euro-Paket für die Ukraine beteiligt, das aus Zinserlösen eingefrorenen russischen Vermögens finanziert wurde. In Brüssel war er sowohl für die Vertretungen Deutschlands bei der Nato als auch bei der EU tätig.
Neuer Botschafter in Indonesien wird der bisherige Chef der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, Ralf Beste. Die bisherige Botschafterin im Irak, Christiane Hohmann, übernimmt die Botschaft in Norwegen. Ihr Nachfolger in Bagdad wird Daniel Krebber aus der außenpolitischen Abteilung des Kanzleramts. Der bisherige Botschafter in Teheran, Markus Potzel, geht nach Bern. Bereits beschlossen vom Bundeskabinett ist, dass der langjährige VW-Lobbyist Jens Hahnefeld Botschafter in Washington wird.
Merz zu Regenbogenfahne am CSD: Bundestag „kein Zirkuszelt“
Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich hinter den Kurs von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zum Christopher Street Day (CSD) gestellt. Der CDU-Chef sagte in der ARD-Talkshow „Maischberger“ auf die Frage, wie er es finde, dass Klöckner die Regenbogenfahne zum CSD nicht auf dem Bundestag hissen will: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“, auf das man beliebig Fahnen hisse.
Es gebe einen Tag im Jahr, das sei der 17. Mai – der Tag gegen Homophobie – an dem die Regenbogenflagge gehisst werde. „An allen anderen Tagen ist auf dem Deutschen Bundestag die deutsche Fahne und die europäische Fahne gehisst und keine andere. Und diese Entscheidung ist richtig.“
Klöckners Entscheidung, zum Christopher Street Day am 26. Juli nicht wie in Vorjahren die Regenbogenflagge am Parlament aufzuziehen, war unter anderem von Grünen und Linken kritisiert worden.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat zurückhaltend auf Forderungen nach einer deutschen Führungsrolle bei der Debatte über einen europäischen nuklearen Schutzschirm reagiert. Er sei „zunächst einmal der Auffassung, dass wir alles tun sollten, auch für die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, die nukleare Teilhabe mit den Vereinigten Staaten von Amerika aufrechtzuerhalten“, sagte der CDU-Vorsitzende in Berlin.
Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn hatte in der Welt am Sonntag auf die Frage, ob Deutschland Atommacht werden solle, geantwortet: „Ich weiß, welche Abwehrreflexe sich jetzt sofort regen, aber ja: Wir sollten eine Debatte über einen eigenständigen nuklearen Schutzschirm führen. Und das funktioniert nur mit deutscher Führung.“
Merz sagte nun, er habe zwar ein Gesprächsangebot Frankreichs über eine Kooperation bei der nuklearen Abschreckung angenommen. Darüber hinaus gebe es aber „bis jetzt dazu keine weiteren Initiativen“. Es handele sich um eine Aufgabe, „die sich allenfalls in der sehr, sehr langen Perspektive hier stellt, weil es da doch eine große Zahl von Fragen zu beantworten gilt“.
Anders als Frankreich, Großbritannien und die USA ist Deutschland keine Atommacht, stellt aber im Rahmen der nuklearen Abschreckung der Nato Kampfflugzeuge bereit, die im Verteidigungsfall mit US-Atombomben bestückt werden könnten, die in Deutschland lagern. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump wachsen die Zweifel daran, dass sich die Europäer im Ernstfall noch auf den atomaren Schutz der USA verlassen können.
Bundesregierung setzt Alarmstufe Gas aus
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat die Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgesetzt. Es gelte nun wieder die erste Stufe des Plans, die Frühwarnstufe, sagte die CDU-Politikerin. Die Sicherheit der Gasversorgung sei hoch.
Im Juni 2022, ein paar Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, hatte der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Alarmstufe des Notfallplans ausgerufen. Grund waren Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland.
Was die unterschiedlichen Stufen bedeuten, erfahren Sie in diesem Artikel aus unserem Archiv.
Koalition macht Personalvorschläge fürs Verfassungsgericht
Seit November ist ein Posten beim Bundesverfassungsgericht vakant, die Union hofft, mit einem neuen Vorschlag auf die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag zu kommen. Statt Robert Seegmüller vom Bundesverwaltungsgericht, für den CDU und CSU bereits in der vergangenen Wahlperiode keine Mehrheit organisieren konnten, will die Fraktion nun Günter Spinner vom Bundesarbeitsgericht aufstellen. Ein entsprechender Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde der Deutschen Presse-Agentur in Fraktionskreisen bestätigt.
Mit der Nominierung Seegmüllers war die Union zuletzt am Widerstand der Grünen gescheitert, denen der 56-Jährige als zu konservativ galt. Die Wahl ist für nächste Woche geplant. Laut FAZ will die SPD die Professorinnen für Staatsrecht, Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold, für zwei weitere Richterposten in Karlsruhe nominieren, die erst später neu besetzt werden müssen.
Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Das Vorschlagsrecht für die Kandidaten des Bundestags orientiert sich an der Stärke der Fraktionen. Die Linke wurde dabei allerdings bislang ebenso wie die AfD nicht berücksichtigt. Da Union, SPD und Grüne im neuen Bundestag nicht über zwei Drittel der Stimmen verfügen, sind sie bei der Wahl aber auf die Linken angewiesen. Eine Unterstützung durch die AfD kommt für sie nicht infrage.
Richter von Gnaden (auch) extremer Parteien? Es gibt einen anderen Weg – ein Kommentar von Peter Müller, einst Ministerpräsident des Saarlandes und später Richter des Bundesverfassungsgerichts (SZ Plus):
AfD-Chefs Weidel und Chrupalla lassen ihr Gehalt deutlich erhöhen
Die AfD-Partei- und Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla bekommen ab jetzt deutlich mehr Geld für ihre Führungsposition. Neben der normalen zu versteuernden Bundestagsdiät in Höhe von knapp 12 000 Euro zahlt ihnen die AfD-Fraktion statt wie bisher 6000 von nun an eine Zulage von rund 12 000 Euro – also doppelt so viel. Ein entsprechender Bericht von t-online wurde der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage bestätigt.
Damit kommen die beiden Chefs auf rund 24 000 Euro pro Monat. Wie alle Bundestagsabgeordneten bekommen sie außerdem eine steuerfreie monatliche Kostenpauschale von gut 5300 Euro für Kosten zur Ausübung des Mandats, wie die Miete des Wahlkreisbüros, Material, Taxifahrten, Hotelkosten oder die Unterkunft in Berlin. Die Aufstockung sei Teil des Finanzplans der Fraktion für diese Legislaturperiode, dem die Fraktion am vergangenen Dienstag einstimmig zugestimmt habe, hieß es.
Begründet wird die Erhöhung laut t-online mit einer „signifikant erhöhten Arbeitsbelastung“, dem Ziel, Anfeindungen und Bedrohungen zu kompensieren sowie mit der gestiegenen Größe der AfD-Fraktion im Bundestag. Innerhalb der Fraktion habe die Erhöhung aber dennoch Ärger ausgelöst, so das Portal. Auch dem Rest des zwölfköpfigen Fraktionsvorstands sei die Zulage von 25 auf 50 Prozent verdoppelt worden. Die stellvertretenden Fraktionschefs und Parlamentarischen Geschäftsführer bekämen nun rund 6000 Euro pro Monat zusätzlich zur Abgeordnetendiät.
In der Opposition im Bundestag sei die AfD mit ihren Zulagen Spitzenreiter. Bei den Grünen sind Zulagen für den Fraktionsvorstand zwischen 20 und 50 Prozent vorgesehen, die Linke zahlt seit dieser Legislaturperiode überhaupt keine Zulagen mehr an die Fraktionsführung. Die Regierungsfraktionen der Union und der SPD veröffentlichen die Höhe der Zulagen einzelner Amtsträger nicht.
Die Bundestagsfraktionen erhalten ihr Geld laut Abgeordnetengesetz aus dem Bundeshaushalt. In diesem Jahr sind dafür für alle Fraktionen zusammen rund 123 Millionen Euro veranschlagt.
Linken-Chefin: Klöckner ist nicht neutral
Die Linke übt grundsätzliche Kritik an der Amtsführung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). Diese habe „in den letzten Wochen immer wieder gezeigt, dass sie nicht neutral als Bundestagspräsidentin agiert, sondern immer wieder auch politische Entscheidungen trifft“, sagte Linken-Chefin Ines Schwerdtner in Berlin.
Klöckner lasse Anträge der Opposition nicht durch. Gemeint ist eine parlamentarische Anfrage der Grünen zum Kauf von Corona-Masken durch den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Grünen hatten sich bei Klöckner beklagt, dass die Bundestagsverwaltung die Anfrage nicht an die Bundesregierung weitergeleitet habe.
Schwerdtner monierte auch, Klöckner habe das Hissen der Pride-Flagge vor dem Bundestag verboten. „(Es gab) viele politische Entscheidungen, wo wir sagen würden, dass sie parteipolitisch agiert und eben nicht neutral als Bundestagspräsidentin.“
Auch von SPD und Grünen kommt Kritik an Klöckners Entscheidung, zum Christopher Street Day nicht wie in Vorjahren die Regenbogenflagge am Parlament aufzuziehen. Einzelne Linke gerieten zuletzt im Plenum mit Klöckner aneinander, wie der Abgeordnete Marcel Bauer wegen einer Basken-Mütze und die Abgeordnete Cansin Köktürk wegen eines T-Shirts mit der Aufschrift „Palestine“. Beide mussten den Saal verlassen.
Merkel hält Zurückweisungen für rechtswidrig, Kanzleramtschef widerspricht
Altkanzlerin Angela Merkel hat sich von der Praxis des unionsgeführten Innenministeriums distanziert, bei Grenzkontrollen Asylsuchende zurückweisen zu lassen. „Wenn jemand hier an der deutschen Grenze sagt ‚Asyl‘, dann muss er erst mal ein Verfahren bekommen. Meinetwegen direkt an der Grenze, aber ein Verfahren“, sagte die Christdemokratin bei einem Treffen mit ehemaligen Flüchtlingen. „So habe ich das europäische Recht verstanden.“
Das Treffen wurde vom WDR organisiert und gefilmt. Aus der Sendung „10 Jahre danach: Geflüchtete im Gespräch mit Angela Merkel“ zeigte das ARD-„Morgenmagazin“ bereits Ausschnitte. Ähnlich wie Merkel hat auch das Verwaltungsgericht Berlin geurteilt: Es erklärte in einem konkreten Fall dreier aus Polen eingereister Somalier deren Zurückweisung bei einer Kontrolle am ersten Bahnhof hinter der Grenze für rechtswidrig. Das Innenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) wertet das jedoch als Einzelfallentscheidung und hält an der Praxis fest.
„Ja, wir müssen die Zahl der illegalen Migration reduzieren, aber wir müssen trotzdem auch unsere Werte weiter vertreten.“
Angela MerkelKanzleramtschef Thorsten Frei von der CDU bekräftigte im „Morgenmagazin“ die Auffassung der Regierung. „Zunächst einmal steht im Artikel 16a des Grundgesetzes, auch im Paragraf 18 des Asylgesetzes etwas anderes. Und auch der Sache nach muss man sagen: Wenn jemand irgendwo in Europa bereits Asyl bekommen hat, wenn jemand durch sichere Länder in Europa zu uns gekommen ist, dann haben wir es natürlich mit niemandem zu tun, der auf der Flucht ist, sondern dann haben wir es mit Menschen zu tun, die aus sicheren Ländern kommen.“
Frei verteidigte zugleich Merkels Satz aus der Flüchtlingskrise von 2015 „Wir schaffen das“, der in der Folge viel kritisiert wurde, gerade auch in der eigenen Partei, und ordnete ihn in die damalige Zeit ein. „Wenn eine Regierungschefin sagt ‚Wir schaffen etwas‘, dann ist das eine richtige Einstellung. Denn das darf man von einer Regierung verlangen, dass sie den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern mit den Herausforderungen umgeht“, sagte Frei. „Aber tatsächlich haben sich die Zeiten natürlich verändert.“ Man müsse „mehr zu Ordnung, mehr zu Steuerung und vor allem zur Begrenzung von Migration tun“.