Ein militärischer Zwischenfall im Roten Meer löst diplomatische Spannungen zwischen Deutschland und China aus. Das Auswärtige Amt teilte am Dienstag auf X mit, es habe den chinesischen Botschafter am selben Tag ins Ministerium einbestellt. Zuletzt war der Vertreter Pekings im vergangenen Jahr einbestellt worden – wegen eines Cyberangriffs im Jahr 2021. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatte in der vergangenen Woche bereits das Kanzleramt scharf protestiert, als Chinas Außenminister Wang Yi zu Besuch in Berlin war: Es forderte von der chinesischen Seite eine allgemeine Verhaltensänderung.
Hintergrund ist ein Vorfall im Roten Meer in der vergangenen Woche. Dort beteiligt sich die Bundeswehr an dem EU-Einsatz Aspides, der die zivile Schifffahrt im Roten Meer und im Golf von Aden vor Angriffen der jemenitischen Huthi-Miliz schützen soll. Nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen war ein Aufklärungsflugzeug der Bundeswehr von der deutschen Militärbasis in Dschibuti aus zu einer der regelmäßigen Lagebild-Aufnahmen in dem Gebiet unterwegs und näherte sich dabei einem chinesischen Schiff.
Wollten die Chinesen die deutschen Piloten blenden?
Bei dem Flugzeug soll es sich um eine militärische Beechcraft 350 handeln. Es wird durch einen zivilgewerblichen Anbieter betrieben, wobei auch Personal der Bundeswehr beteiligt war. Die chinesische Marine ist weltweit in internationalen Gewässern präsent, sie nahm im Roten Meer aber nicht an einer internationalen Mission teil.
Nach deutschen Angaben richtete das chinesische Schiff einen Laser auf das deutsche Flugzeug, mutmaßlich, um die Piloten zu blenden oder einzuschüchtern. Ob das Flugzeug oder die technische Ausrüstung an Bord dabei beschädigt wurden, war zunächst unklar. Das Verteidigungsministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu den Details äußern.

„Das chinesische Militär hat mit einem Lasereinsatz ein deutsches Flugzeug in der EU-Operation Aspides ins Visier genommen“, erklärte das Auswärtige Amt. „Die Gefährdung von deutschem Personal & Störung des Einsatzes sind vollkommen inakzeptabel.“ In Regierungskreisen heißt es, das chinesische Schiff hätte mit milderen Mitteln auf sich aufmerksam machen können, zum Beispiel mittels Funksprüchen. Dies sei bei Vorkommnissen dieser Art international üblich.
Absolut nicht akzeptabel
Der Vorfall hat bereits in der vergangenen Woche beide Regierungen beschäftigt, als Chinas Außenminister Wang Yi zu Besuch in Berlin war. Nach SZ-Informationen forderte das Kanzleramt China zu einer allgemeinen Verhaltensänderung auf. Als Wang Yi am Freitag das Kanzleramt besuchte, wurde er demnach mit dem Zwischenfall konfrontiert. Sollte es diesen gegeben haben (was inzwischen aus deutscher Sicht als eindeutig gilt), sei dies absolut nicht akzeptabel, hieß es gegenüber dem chinesischen Diplomaten laut Regierungskreisen. Den Angaben zufolge erwarte die Bundesregierung von der chinesischen Seite, dass sie solche Belastungen aus der Welt schafft und künftig unterlässt. Dies gelte auch für andere Maßnahmen wie Cyberangriffe oder transnationale Repression.
An der EU-Militärmission Aspides beteiligt sich die Bundeswehr seit Februar 2024. Ziel der Mission ist es, die Handelsschifffahrt und somit den freien globalen Warenverkehr vor den andauernden Angriffen der Huthi-Milizen zu schützen. Diese haben sich im Krieg zwischen Israel und der Hamas auf die Seite der islamistischen Terrororganisation gestellt. In der Mission im Roten Meer können maximal 700 deutsche Uniformierte eingesetzt werden. Der deutsche Beitrag umfasst derzeit laut Bundeswehr Stabspersonal, das unter anderem im Hauptquartier im griechischen Larissa und an Bord des Flaggschiffs stationiert ist. Zudem werden regelmäßig Einsatzflüge zur Erstellung von Lagebildern geflogen, militärisches Gerät ist derzeit nicht im Einsatz.
Im vergangenen Jahr war die Bundeswehr mit der Fregatte Hessen im Einsatz. Zwischen Februar und Mai 2024 hat sie laut Bundesverteidigungsministerium allein 27 Handelsschiffe durch das Rote Meer eskortiert und vier Angriffe abgewehrt. Für diesen Einsatz wurde die gesamte Besatzung im September mit der Gefechtsmedaille der Streitkräfte ausgezeichnet. Für die Marine war dies der erste Kampfeinsatz dieser Art seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.