Kremlchef Wladimir Putin reist an diesem Donnerstag nicht zu den Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekriegs nach Istanbul. Der russische Machthaber schickt als Chef einer mehrköpfigen Delegation seinen Berater Wladimir Medinski in die Türkei, wie aus einem vom Kreml veröffentlichten Erlass Putins hervorgeht. Medinski, der auch einmal Kulturminister war und als politisches Leichtgewicht gilt, war bereits 2022 an den Verhandlungen zur Beendigung des Krieges beteiligt. Die Gespräche endeten damals – ebenfalls in der Türkei – ohne Ergebnis.
Vertreten in der Delegation sind laut Putin auch der Vizeaußenminister Michail Galusin, der General Igor Kostjukow vom russischen Generalstab und der Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin. An den Gesprächen nehmen zudem Experten des Verteidigungsministeriums, des Generalstabs, des Außenministeriums und der Präsidialverwaltung teil. Putin senkt die Gespräche damit von der höchsten Ebene auf das Niveau von Stellvertretern und Militärs.
Auch Außenminister Lawrow fehlt
Unklar war zunächst, wie die Ukraine auf das Fernbleiben Putins reagiert und ob sie sich trotzdem auf die Gespräche mit dieser russischen Delegation einlässt. Zuvor hatte die russische Zeitung »Kommersant« aus Moskau gemeldet, dass Außenminister Sergej Lawrow auch nicht nach Istanbul reist.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zwar zunächst darauf bestanden, nur mit Putin persönlich zu verhandeln. Eine Reise Putins in die Türkei galt aber als sehr unwahrscheinlich. Kyjiw will nun auch andere Formate akzeptieren. Erreichen will die Ukraine bei den Gesprächen in Istanbul eine 30-tägige Waffenruhe. Andernfalls soll es neue Sanktionen gegen Russland geben.
Nach Angaben der ukrainischen Zeitschrift »NV« reisen der Leiter von Selenskyjs Büro Andrij Jermak, Verteidigungsminister Rustem Umerov, Selenskyjs Berater Ihor Zhovkva und Außenminister Andriy Sibiga von Kyjiw aus zu dem Treffen.
Ob das Treffen nun morgen stattfinden wird, ist unklar. Die Zusammensetzung der russischen Delegation verstößt gegen das diplomatische Protokoll, demzufolge Beamte nur mit Gleichrangigen verhandeln.
Putin hatte die Verhandlungen in Istanbul in der Nacht zum Sonntag vorgeschlagen. Als Antwort auf Selenskyjs Forderung nach einer bedingungslosen Waffenruhe, die am Montag hätte beginnen sollen. Die Waffenruhe lehnte Putin somit ab.
Seit Tagen hatte der Kreml offengelassen, wer in die Türkei reist. Die Pläne für die Gespräche selbst hatte Putin am Sonntag auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan besprochen, der sich seit Beginn des Krieges vor mehr als drei Jahren als wichtiger Vermittler zu positionieren sucht.
US-Präsident Donald Trump hatte die Ukraine dazu aufgefordert, in die direkten Verhandlungen mit Russland zu gehen. Er wandte sich damit gegen ein Ultimatum Selenskyjs und der »Koalition der Willigen« aus Ukraine-Verbündeten, die zuerst eine Waffenruhe und dann Verhandlungen gefordert hatten. Zur »Koalition der Willigen« gehört neben Großbritannien und Frankreich unter anderem auch Deutschland.
Trump hatte immer wieder erklärt, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine rasch beenden zu wollen. Der Chef des US-Außenministeriums, Marco Rubio, und der Trump-Berater Steve Whitkoff, die die USA bei den Gesprächen vertreten sollten, haben heute ihren Besuch in der Türkei auf Freitag verschoben.

Besuch verschoben: US-Außenminister Rubio mit Verteidigungsminister Hegseth in Riad
Foto: Brendan Smialowski / AFPSelenskyj kündigte als Antwort auf Putins Verhandlungsangebot seither immer wieder an, er werde in der Türkei auf den Kremlchef warten und auch nur direkte Gespräche mit ihm akzeptieren, weil Putin in dem Krieg alle Entscheidungen selbst treffe. In Moskau hatte Selenskyjs Initiative, Putin zum Gespräch nach Istanbul zu zitieren, dagegen vielfach Kopfschütteln ausgelöst.
Die Ukraine und Russland setzen maßgeblich auf die USA als Vermittler in dem Konflikt. Zuletzt hatte es im März Verhandlungen unter Vermittlung der Amerikaner in Saudi-Arabien gegeben – jeweils getrennt mit der russischen und der ukrainischen Seite. Zu direkten Gesprächen zwischen Russen und Ukrainern kam es dabei in Riad ebenso wenig wie zu einer grundlegenden Einigung der Kriegsparteien.
Direkte Gespräche zwischen Russen und Ukrainern über eine Beendigung des Blutvergießens hatte es zuletzt 2022 nach Kriegsbeginn in der Türkei gegeben. Damals scheiterte die Unterzeichnung eines Abkommens.