Erst Colbert, dann Kimmel: Donald Trump kann mit der Abschussquote seiner härtesten Kritiker im amerikanischen Fernsehen zufrieden sein. Stephen Colberts „Late Show“ hat der Sender CBS gekündigt und dem US-Präsidenten als Morgengabe dargereicht, damit der von ihm eingesetzte Chef der Medienaufsicht die Übernahme des CBS-Mutterkonzerns Paramount durch Skydance Media genehmigte. Jimmy Kimmel wird zum Verhängnis, was er in seiner Show zum Mord an dem rechtsgerichteten Aktivisten und Trump-Unterstützer Charlie Kirk sagte.
Der Sender ABC, der zu Disney gehört, setzt Kimmel „auf unbestimmte Zeit“ ab. Das klingt verdächtig nach „endgültig“. Über das, was sich gerade zusammenbraut – Trumps vollständige Medienmachtübernahme –, wird Kimmel auf dem Bildschirm wahrscheinlich keine Witze mehr machen können. Für den Mann im Weißen Haus ist das selbstverständlich Grund zum Jubel.
Nicht aus der Luft gegriffen
Das ist kein Wunder, nahm Kimmel in seiner Sendung Trumps „House of Cards“-Monopoly doch innerhalb weniger Minuten auseinander: Dass der Oracle-Chef, reichste Mensch der Welt und Trump-Freund Larry Ellison angeblich die chinesische Plattform Tiktok in den USA übernehmen soll, sei doch auch eine gute Nachricht. Die Plattform gelange endlich in die Hände von jemandem, dem man vertrauen könne. (Großes Gelächter.)
Währenddessen versuche die „MAGA-Gang verzweifelt, diesen Jungen, der Charlie Kirk ermordet hat, als alles andere als einen der ihren darzustellen“, und tue „alles, um daraus politisch Kapital zu schlagen“. Und was Trumps angebliche Trauer um Kirk angehe, fügte Kimmel hinzu: Die falle so aus, „wie ein Vierjähriger um einen toten Goldfisch“ trauere.
Will heißen: Trump ist frei von Empathie und hat Kirk schon vergessen. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigten Videoausschnitte, in denen der US-Präsident nach seiner persönlichen Trauer gefragt wird und – darauf gar nicht richtig eingeht, sondern von dem tollen Ballsaal schwärmt, den er gerade ins Weiße Haus bauen lässt.
Kaufen, niederklagen, ruinieren
Auf derlei Majestätsbeleidigung steht in den USA noch nicht die Todesstrafe, aber mindestens der Rausschmiss, gerne auch eine Klage auf astronomische Entschädigung, oder der Präsident lässt gleich den ganzen Betrieb aufkaufen, damit keiner mehr Ärger macht.

So geht es Tag für Tag, die Liste der Verlustmeldungen wird immer länger: Die Plattform- und KI-Tycoone liegen Trump zu Füßen und stellen ihre Algorithmen für ihn ein; Twitter hat Elon Musk gekauft; Tiktok bekommt Kumpel Ellison; Jeff Bezos ruiniert die „Washington Post“, Fox News verbreitet in Trumps Sinne die größten Lügen; CBS (bald ohne Stephen Colbert) wird rumgedreht; der Konzern Skydance Media, geführt von Ellison jun., greift nach Warner Bros. Discovery und damit nach CNN; das „Wall Street Journal“ und die „New York Times“ werden niedergeklagt.
Das ist die Methode der Gleichschaltung, mit der Viktor Orbán oder Recep Tayyip Erdoğan in ihren Ländern unabhängige Medien erledigt haben, und es ist noch längst nicht genug. Jeder Einzelne, der seine Stimme erhebt, wird nicht nur mundtot gemacht, sondern kriminalisiert, vielleicht auch ausgewiesen, wie es der frühere US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, im Fall des ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen fordert.
Jetzt zielt er auf Jimmy Fallon und Seth Meyers
Die „Cancel Culture“, die die Linke kultiviert hat, machen Trump und seine Anhänger zum Gesetz. Sie wollen nicht mehr hören und nicht mehr sehen, was ihnen missfällt. Mit Rede und Widerrede, mit Kritik und Metakritik, mit dem demokratischen Diskurs, um den es dem ermordeten Charlie Kirk angeblich ging, ist es vorbei.
Jimmy Kimmels „Kommentare zum Tod von Herrn Kirk“ seien „in einer kritischen Phase unseres nationalen politischen Diskurses beleidigend und unsensibel“, teilt das Unternehmen Nexstar mit, das in den USA 197 lokale Sender betreibt, auf denen auch ABC-Programme laufen.
Über „beleidigend“ und „unsensibel“ kann man streiten, die „kritische Phase“ des politischen Diskurses war indes schon vor dem Mord an Charlie Kirk erreicht. Es ist die letzte Phase, in der es überhaupt noch einen Diskurs gibt. Zwei derjenigen, die diesen führen, hat Trump als Nächste auf der Liste. Die Late-Night-Talker Jimmy Fallon und Seth Meyers müssten ebenfalls verschwinden. „Tu es, NBC!!!“, schreit der Autokrat dem Sender zu, der die Shows der beiden im Programm hat.