Der Dauerstreit zwischen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und dem Geheimdienst-Chef Ronen Bar wird äußerst öffentlich ausgetragen. Nun hat Letzterer nachgelegt und erklärt, er sei vom Premier aufgefordert worden, politische Gegner auszuspionieren. Das geht aus einer eidesstattlichen Erklärung hervor, die Bar am Montag dem Obersten Gerichtshof vorlegte. Zudem habe der Ministerpräsident von ihm persönliche Loyalität verlangt.
Demnach weigerte sich der Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, gegen regierungsfeindliche Demonstranten vorzugehen. Zudem habe er es abgelehnt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu Verzögerungen in einem gegen Netanyahu laufenden Korruptionsprozess geführt hätten.
Dies sei auch der Grund für seine Entlassung als Geheimdienst-Chef gewesen, sagte Bar. Israels oberstes Gericht hatte Anfang April verfügt, dass der Schin-Bet-Chef vorerst im Amt bleiben muss. Zudem dürfen seine Befugnisse nicht eingeschränkt werden, bis es eine finale Entscheidung in dem Fall gibt. Die Regierung darf laut dem Gerichtsbeschluss weiter Gespräche mit möglichen Nachfolgern führen, aber noch keinen Nachfolger oder Interimsnachfolger ernennen.
Netanyahus Büro erklärte am Montag, die eidesstattliche Erklärung sei voller Lügen. »Ronen Bar hat heute eine falsche eidesstattliche Erklärung beim Obersten Gerichtshof eingereicht, die zu gegebener Zeit ausführlich widerlegt werden wird«, hieß es in einer Erklärung. Die Beziehungen zwischen dem Premier und Bar gelten seit Längerem als belastet.
Die Anordnung Netanyahus vom März, Bar zu entlassen, löste in Israel eine Protestwelle aus. Kritiker warfen ihm vor, er untergrabe wichtige staatliche Institutionen und gefährde die Grundlagen der israelischen Demokratie. (Eine ausführliche Analyse zu dem Thema finden Sie hier. )
Mögliche Verbindungen nach Katar untersucht
Der Schin Bet hatte wegen Durchstechens geheimer Armeedokumente an Medien ermittelt und Verbindungen von Netanyahu-Mitarbeitern zu Katar untersucht, bei denen Geldzahlungen eine Rolle gespielt haben sollen. Das Emirat gehört neben Ägypten und den USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation.
Der Ministerpräsident weist die Verdächtigungen zurück und wirft seinerseits dem Schin Bet vor, vom eigenen Versagen durch das Nichtbemerken der Vorbereitungen des Überfalls von Hamas-Kämpfern auf israelisches Grenzgebiet am 7. Oktober 2023 ablenken zu wollen. Dabei wurden über Tausend Israelis getötet und der Krieg im Gazastreifen ausgelöst.
Bar hat das Versagen des Schin Bet bei der Verhinderung des Anschlags vom 7. Oktober eingeräumt und angekündigt, er werde vor dem Ende seiner Amtszeit zurücktreten.