Israel: Geheimdienstchef Ronen Bar erhebt schwere Vorwürfe gegen Netanjahu

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Israels Ministerpräsident soll von Schin-Bet-Chef Bar verlangt haben, Demonstranten zu überwachen. Er weigerte sich – und sei entlassen worden. Netanjahu bestreitet das.

22. April 2025, 2:19 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, AFP,

 Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist die Vorwürfe vom Chef des Geheimdienstes zurück.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist die Vorwürfe vom Chef des Geheimdienstes zurück. © Yair Sagi/​AP/​dpa

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll den Inlandsgeheimdienst Schin Bet aufgefordert haben, politische Gegner auszuspionieren. Das geht aus einer eidesstattlichen Erklärung hervor, die Geheimdienstchef Ronen Bar dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Bar teilte in dem von der Generalstaatsanwaltschaft veröffentlichten Dokument mit, dass Netanjahu ihm mehrfach gesagt habe, dass er vom Inlandsgeheimdienst erwarte, gegen Teilnehmer von Anti-Regierungs-Protesten vorzugehen. Dabei müsse es einen "besonderen Fokus auf die Überwachung der finanziellen Unterstützer der Proteste" geben, verlangte Netanjahu demnach. 

Zudem hat Bar es laut der Erklärung abgelehnt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu Verzögerungen in einem gegen Netanjahu laufenden Korruptionsprozess geführt hätten. Dies sei auch der Grund für seine vom Obersten Gericht gestoppte Entlassung als Geheimdienstchef, erklärte Bar demnach. 

Netanjahus Büro wies die Vorwürfe zurück. "Ronen Bar hat heute eine falsche eidesstattliche Erklärung beim Obersten Gerichtshof eingereicht, die zu gegebener Zeit ausführlich widerlegt werden wird", hieß es in einer Erklärung.

Der Schin Bet hatte wegen Durchstechens geheimer Armeedokumente an Medien ermittelt und Verbindungen von Netanjahu-Mitarbeitern zu Katar untersucht, bei denen Geldzahlungen eine Rolle gespielt haben sollen. Der Ministerpräsident weist diese Verdächtigungen zurück und wirft seinerseits dem Geheimdienst vor, vom eigenen Versagen im Vorfeld des Überfalls von Hamas-Kämpfern auf Israel am 7. Oktober 2023 ablenken zu wollen.  

Entlassung ist vorerst blockiert

Zwischen Netanjahu und Bar läuft seit Längerem ein politischer und juristischer Streit. Netanjahus Kabinett hatte Bars Entlassung als Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet am 21. März einstimmig beschlossen. Die Anordnung löste in ganz Israel Proteste aus. Kritiker warfen dem Premierminister vor, er untergrabe wichtige staatliche Institutionen und gefährde die Grundlagen der israelischen Demokratie.

Mehrere Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen legten jedoch Einspruch gegen die Entlassung ein. Der Oberste Gerichtshof setzte Bars Entlassung daraufhin bis zum 8. April aus und erließ eine einstweilige Verfügung, welche die Entlassung Bars bis zu einer "späteren Entscheidung" in dem Fall blockiert. Die Regierung darf demnach weiter Gespräche mit möglichen Nachfolgern führen, aber noch keinen Nachfolger oder Interimsnachfolger ernennen.

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