In den vergangenen Wochen war der Streit zwischen der Eliteuniversität Harvard und der US-Regierung eskaliert. Es geht um sehr viel Geld und die Frage, wie viel Einfluss eine Regierung auf die Bildungseinrichtungen im Land haben kann und darf. Harvard wendet sich nun an die Gerichte.
Die Klage der Uni zielt darauf ab, die Blockade milliardenschwerer Fördergelder zu lösen. Das Vorgehen der Regierung von Präsident Donald Trump verstoße gegen die im ersten Zusatzartikel zur US-Verfassung festgeschriebene Meinungsfreiheit, argumentiert Harvard unter anderem. Die Maßnahmen seien »willkürlich«, heißt es weiter.
Harvard weigerte sich, einen von Trump geforderten Kurswechsel umzusetzen, der etwa die Zulassung von Studierenden, Einhaltung von Verhaltensregeln und Einstellung von Hochschulpersonal betrifft. Die weitreichenden Forderungen wurden in einem Behördenbrief mit angeblich unzureichenden Maßnahmen gegen Antisemitismus begründet. Harvard-Präsident Alan Garber kritisierte, die Regierung wolle »kontrollieren, wen wir anstellen und was wir unterrichten«.
Nachdem die Universität die Forderungen abgelehnt hatte, legte die Regierung Fördergeld in Milliardenhöhe auf Eis. Zuletzt drohte Trump, Harvard könnte seine Steuervergünstigungen verlieren und wie eine politische Einrichtung besteuert werden. Er wirft der Uni seit Langem eine linke Ideologie vor. Es steht außerdem im Raum, dass Harvard seine Zulassung für internationale Studierende verlieren könnte. Auch das hätte schwerwiegende finanzielle Folgen für die Uni.
Das Vorgehen der US-Regierung – und der Widerstand Harvards – könnten einen Präzedenzfall schaffen. Daher wird der Fall auch von anderen Universitäten aufmerksam verfolgt. (Mehr zum Widerstand gegen die Schikane gegen Unis finden Sie hier. )
Harvard klagte namentlich unter anderem gegen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., Bildungsministerin Linda McMahon und Verteidigungsminister Pete Hegseth – nahm Trump aber nicht in die Liste auf.
Panne bei Versand des Schreibens
Medienberichten zufolge ließen Verantwortliche bei den Behörden Harvard zuletzt wissen, dass der offizielle Brief mit den Forderungen am 11. April ohne Absprache verschickt worden sei. Öffentlich gab es aber keine Abkehr von der Position. Versendet wurde das Schreiben von der Taskforce des Weißen Hauses gegen Antisemitismus. Der Inhalt des Schreibens gilt laut der »New York Times« als authentisch. Unklar ist demnach aber, warum der Brief am 11. April versendet wurde. Im Weißen Haus gibt es demnach zwei Lager: Die einen sind laut dem Bericht der Auffassung, dass das Schreiben zu früh versendet wurde. Die anderen vertreten die Haltung, dass das Schreiben lediglich für die Taskforce bestimmt gewesen sei.
Die US-Regierung begründet ihr Vorgehen mit einer angeblich verfehlten »Ideologie« der Uni und Antisemitismus auf dem Campus. Der Vorwurf bezieht sich vorwiegend auf propalästinensische Demonstrationen an US-Universitäten wie Harvard oder der Columbia-Universität in New York seit dem Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober 2023. Im März verkündete das US-Bildungsministerium auf dieser Grundlage die Überprüfung der staatlichen Unterstützung für insgesamt 60 Universitäten und Hochschulen.
Harvards Leitung widersetzte sich jedoch – anders als die zahlreicher anderer Universitäten – den Forderungen der Regierung. Dazu gehört, Diversitätsabteilungen zu schließen und die Einwanderungsbehörde beim Durchleuchten der Studenten zu unterstützen. Universitätspräsident Garber erklärte, die Einrichtung verhandele »nicht über ihre Unabhängigkeit oder ihre verfassungsmäßigen Rechte«.
Trump hatte in der vergangenen Woche öffentlich erklärt: »Harvard ist ein Witz, unterrichtet Hass und Dummheit und sollte keine öffentlichen Gelder mehr erhalten.« Die Universität könne nicht länger als eine der besten Hochschulen der Welt gelten.
US-Kongress leitet formale Untersuchung ein
Vor dem Hintergrund von Diskriminierungsvorwürfen gegen die Harvard-Universität haben die Republikaner im US-Kongress inzwischen eine formale Untersuchung eingeleitet. In einem Schreiben vom Donnerstag forderten die führenden Kongressabgeordneten Elise Stefanik und James Comer die Hochschule auf, Unterlagen über ihre Einstellungspraktiken, Diversitätsprogramme und die propalästinensischen Campusproteste vom vergangenen Jahr offenzulegen.
In ihrem Schreiben prangerten Comer und Stefanik die Weigerung von Harvard-Präsident Garber an, den Forderungen des Weißen Hauses nach Berichtspflichten nachzukommen. Harvard sei offenbar »so unfähig oder unwillig, rechtswidrige Diskriminierung zu verhindern«, dass sich die Einrichtung auf Anweisung Garbers weigere, einer von den Behörden vorgeschlagenen »angemessenen Vergleichsvereinbarung« zuzustimmen. »Egal, wie berechtigt Ihr Verhalten ist, keine Institution ist berechtigt, das Gesetz zu verletzen«, schrieben sie an Garber.
Harvard ist eine private Einrichtung, Fördergelder aus öffentlichen Mitteln bekommt sie dennoch. Bei vielen privaten Unis in den USA ist das üblich. Rund elf Prozent der Zuschüsse zu laufenden Forschungsvorhaben stammen aus öffentlicher Hand. Den Großteil ihres Geldes nimmt Harvard aber aus anderen Quellen ein, etwa über Studiengebühren, Spenden oder aus Stiftungen. Mit einem Vermögen von rund 53,2 Milliarden Dollar verfügt die Uni über enorme finanzielle Mittel (Mehr zu den Finanzen der Harvard-Uni finden Sie hier) .