Führungskräfte-Studie: Warum despotische Chefs von manchen verehrt werden

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»Wir tolerieren KEINE Entschuldigungen mehr für Fehlzeiten. Wenn ihr krank seid, müsst ihr herkommen, um es zu beweisen. Wenn euer Hund gestorben ist, müsst ihr ihn herbringen, um es zu beweisen. (…) Wenn ihr hier nicht arbeiten wollt, lasst es. So einfach ist das.«

Diese harschen Worte hatte im Dezember 2022 eine Managerin einer US-Restaurantkette in Kansas an ihr Team verschickt  – als Reaktion darauf, dass viele Mitarbeitende ihre Schichten kurzfristig abgesagt hatten oder nicht erschienen waren. Ihre E-Mail wurde von Nachrichtenagenturen im ganzen Land aufgegriffen und löste in den USA eine breite Debatte aus. Die einen waren entsetzt und meinten, die Frau sei als Führungskraft gänzlich ungeeignet, die anderen waren begeistert und attestierten ihr kluge Führung. »Ich wünschte, es gäbe mehr Managerinnen wie sie«, lautete ein Kommentar.

Wie kann es sein, dass solch ein Verhalten einer Chefin von manchen als Stärke angesehen wird und von anderen als Schwäche? Dieser Frage sind nun Sozialwissenschaftler der Columbia University nachgegangen. Sie fanden heraus: Wie Menschen rücksichtslos auftretende Führungspersönlichkeiten empfinden, hängt von ihrem eigenen Weltbild ab.

Wer die Welt als einen wettbewerbsorientierten Dschungel betrachtet, neigt deutlich stärker dazu, despotische Chefs wie die Restaurantmanagerin als kompetent und durchsetzungsstark zu bewerten. »Wer die Welt als einen Ort der Zusammenarbeit betrachtet, empfindet solche Führungskräfte möglicherweise als widerwärtig, ineffektiv oder naiv«, erklärt Daniel Ames, Sozialpsychologe und Co-Autor der Studie , die im Fachjournal »Journal of Personality and Social Psychology« veröffentlicht wurde. Menschen mit einem kooperativen Menschenbild tendierten dazu, freundliches und fürsorgliches Verhalten als Führungsstärke zu sehen.

Mit seiner Kollegin Christine Nguyen startete Daniel Ames insgesamt sieben Untersuchungen, bei denen mehr als 2000 Probanden befragt wurden. Sie sollten in Umfragen und Experimenten hypothetische Fallbeispiele bewerten, aber auch das Verhalten von realen CEOs wie Tim Cook von Apple oder Mary Barra von General Motors einschätzen.

Dabei zeigte sich: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche die Gesellschaft als harten Wettbewerb betrachten, bewerteten dominantes, einschüchterndes oder konfrontatives Verhalten eher positiv. Sie arbeiteten nicht nur eher unter despotischen Chefs – sie blieben auch länger bei ihnen. »Sie verlassen solche Führungspersönlichkeiten seltener und schreiben deren Verhalten eher ihrem beruflichen Erfolg zu«, erklärt Nguyen.

Denkbar sei auch, dass herrische Führungskräfte bevorzugt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen, die ihr von Macht und Stärke geprägtes Weltbild teilen. Das würde auch erklären, warum sich viele Despoten lange im Job halten können.

Für die Managerin aus Kansas gab es indes eine für sie wohl überraschende Wendung: Sie wurde gefeuert. »Wir bemühen uns, unseren Teammitgliedern ein fürsorgliches und respektvolles Arbeitsumfeld zu bieten. Diese Botschaft entspricht nicht den Werten unseres Unternehmens«, hieß es von der Restaurantkette. Man habe sich deshalb von der Führungskraft getrennt.

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