Forscher wollen schwarze Löcher als Teilchenbeschleuniger nutzen

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Wozu einen großen Teilchenbeschleuniger bauen, wenn es im All viel größere gibt? Supermassive schwarze Löcher könnten in Zukunft die Forschungsstätten werden, an denen Wissenschaftler Erkenntnisse über dunkle Materie gewinnen, sagen Andrew Mummery und Joseph Silk von der Johns Hopkins University. Das könnte den Bau teurer Anlagen auf der Erde überflüssig machen.

Dunkle Materie macht den größten Teil des Universums aus, etwa 85 Prozent. Sie interagiert nicht mit Licht und bleibt deshalb verborgen. Alle bekannten Teilchen interagieren mit Licht, weshalb dunkle Materie nicht aus Standard-Teilchen bestehen kann. Alle Versuche, dieser habhaft zu werden, sind bisher gescheitert.

Teilchenbeschleuniger wie der Large Hadron Collider (LHC) in Genf beschleunigen Protonen und andere subatomare Teilchen beinahe auf Lichtgeschwindigkeit und lassen sie dann miteinander kollidieren. In Energieentladungen und Zerfallsprodukten können bisher unbekannte Teilchen entdeckt werden, wie etwa 2012 das Higgs-Boson.

"Eine der großen Hoffnungen bei Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider ist, dass sie Dunkle-Materie-Partikel erzeugen, aber wir haben bisher noch keine Beweise dafür gesehen", sagte Silk. "Deshalb wird derzeit der Bau einer viel leistungsfähigeren Version diskutiert, eines Supercolliders der nächsten Generation."

Allerdings könnte eine solche Anlage 30 Milliarden US-Dollar kosten, der Bau 40 Jahre dauern. Mummery und Silk haben eine andere Idee: In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Physical Review Letters schlagen sie vor, supermassive schwarze Löcher als Teilchenbeschleuniger zu nutzen.

Supermassive schwarze Löcher, die die millionen- oder gar milliardenfache Masse der Sonne haben, befinden sich oft im Zentrum einer Galaxie. Wie ein Planet dreht sich ein solches schwarzes Loch um seine Achse, allerdings aufgrund seines intensiven Gravitationsfeldes sehr viel schneller. Um ein solches schwarzes Loch rotiert eine Akkretionsscheibe aus Materie. Das schwarze Loch zieht diese an und schleudert einen Teil in Form von Plasmastrahlen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit heraus. Diese Ereignisse könnten nach Ansicht der Forscher die gleichen Effekte erzeugen wie ein von Menschen gebauter Teilchenbeschleuniger.

Forscher auf der Erde könnten die Teilchenkollisionen mit Observatorien beobachten, mit denen sie schon heute kosmische Ereignisse wie Supernovae oder massive Ausbrüche schwarzer Löcher beobachten. Solche Detektoren gibt es bereits, etwa das IceCube Neutrino Observatory am Südpol oder das Kilometer Cube Neutrino Telescope im Mittelmeer, das kürzlich ein Neutrino mit Energierekord erfasste.

"Wenn supermassive schwarze Löcher diese Teilchen durch hochenergetische Protonenkollisionen erzeugen können, dann könnten wir auf der Erde ein Signal erhalten, wirklich hochenergetische Teilchen, die schnell durch unsere Detektoren fliegen", sagte Silk. "Das wäre der Beweis für einen neuartigen Teilchenbeschleuniger in den geheimnisvollsten Objekten des Universums, der Energien erreicht, die in keinem irdischen Beschleuniger erreicht werden können. Wir würden etwas mit einer merkwürdigen Signatur sehen, das möglicherweise Beweise für dunkle Materie liefert".

(wpl)

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