EM 2025: Giulia Gwinn unter Tränen raus, Jule Brand mit Tor und Vorlage – DFB-2:0 über Polen »bitter erkauft«

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Giulia Gwinn warfen in ihrer Karriere bereits wiederholt schwere Verletzungen zurück

Giulia Gwinn warfen in ihrer Karriere bereits wiederholt schwere Verletzungen zurück

Foto: Sebastien Bozon / AFP

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Plötzlich ohne Gwinn: Es gibt viele gute Gründe, warum das deutsche Fußball-Nationalteam Giulia Gwinn braucht. Ihre internationale Erfahrung, ihre Führungsqualitäten mit der Kapitänsbinde am Arm, ihre Eiseskälte vom Elfmeterpunkt. Vor allem aber ihre Defensivstärke. Die stellte die Rechtsverteidigerin mal wieder unter Beweis, als sie Polens Starstürmerin Ewa Pajor mit einer Grätsche im deutschen Strafraum am Torabschluss hinderte (36. Minute). Doch ihre Einsatzbereitschaft bezahlte Gwinn teuer. Beim Duell mit Pajor verdrehte die 26-Jährige sich das rechte Knie, humpelte wenig später gestützt und unter Tränen vom Platz. Die schweren Verletzungen, sie ziehen sich durch Gwinns so erfolgreiche Karriere, in beiden Knien riss sie sich bereits je einmal das Kreuzband, verpasste so etwa die WM 2023. Eine Diagnose steht nach dem Schock von St. Gallen noch aus, das Mienenspiel der deutschen Anführerin aber ließ Schlimmstes vermuten.

Das Ergebnis: 2:0 (0:0) setzte sich die DFB-Elf gegen hartnäckige Polinnen durch. Ein schweres Stück Arbeit für die Elf von Bundestrainer Christian Wück, der den Sieg später »bitter erkauft« nannte. Damit spiegelte der DFB-Auftritt die Partie Schwedens gegen Dänemark (1:0), die sich im ersten Spiel der Gruppe C gegenübergestanden hatten. Zum Spielbericht geht es hier.

Deutschland spielt mit dem Feuer: Polen als Auftaktgegner, das war hierzulande mitunter als dankbares Los quittiert worden. Viele internationale Stars haben die Polinnen nicht – dafür aber Mittel, auch einem Mitfavoriten in Deutschland wehzutun. Mit ihrer robusten Gangart sorgten die Außenseiterinnen dafür, dass der DFB-Auswahl zu Beginn die Präzision abging. Immer, wenn die Deutschen weit aufgerückt waren, folgte dann der lange Ball. Einmal wurde es geradezu brenzlig: Natalia Padilla schien auf und davon, Ann-Katrin Berger zeigte im Eins-gegen-eins ihre Extraklasse, der Nachschuss prallte an den Außenpfosten. Dass die Polin im Abseits gestanden hatte, stimmte Berger nicht versöhnlich: Die routinierte Schlussfrau rief ihre Vorderleute erst einmal zur Ordnung (24.).

Ann-Katrin Berger war der Polin Natalia Padilla ein unüberwindliches Hindernis

Ann-Katrin Berger war der Polin Natalia Padilla ein unüberwindliches Hindernis

Foto: Martin Meissner / AP

Brand läuft heiß: Kurz vor der Pause hatte Jule Brand sich noch in einer Szene aufgerieben, die vor allem das polnische Spiel gut vorstellte: Paulina Dudek hatte die DFB-Dribblerin mit einem Schubser nahe der Seitenlinie aus dem Tritt gebracht, ein Foul aber wurde nicht gepfiffen. Brand beschwerte sich gestenreich gegenüber der Linienrichterin, da war der Ball noch gar nicht im Aus. Die 22-Jährige nahm den Frust mit in der Kabine – und ließ ihn dort: Nach Wiederanpfiff eroberte erst Gwinn-Vertreterin Carlotta Wamser einen freien Ball, setzte dann Brand in Szene – und die zog nach innen, um den Ball aus 20 Metern förmlich in den Torwinkel schweben zu lassen (52.).

Königinnen der Lüfte: Die DFB-Offensive war nun bemüht, einen zweiten Treffer nachzulegen. Vor allem Klara Bühl tat sich hervor, eigentlich hätte sie das Spiel mit gleich zwei Torvorlagen beenden müssen. Erst Sjoeke Nüsken (62.), dann Lea Schüller (64.) schafften es aus kurzer Distanz jedoch nicht, den Bühlschen Schulbuchflanken auch die richtige Richtung mitzugeben. Die polnische Abwehr beobachtete die Hereingaben der deutschen Spielerinnen in diesen Minuten mit größerem Staunen, als es Nationaltrainerin Nina Patalon lieb sein konnte. So wanderte der Ball eben wieder zu Brand, die den Ball erneut in die Mitte chippte – und diesmal schüllerte es tatsächlich (66.). »Im Spiel ist mir nicht so viel gelungen«, sagte Brand, mit Tor und Vorlage Matchwinnerin. »Außer die zwei Sachen, so'n bisschen.«

Lea Schüller ist im DFB-Sturmzentrum gesetzt

Lea Schüller ist im DFB-Sturmzentrum gesetzt

Foto: Sebastian Gollnow / dpa

Dank der Eins steht die Null: Die Partie war damit entschieden, die Polinnen ließen es sich aber nicht nehmen, am Anschluss zu arbeiten. Pajor, beim FC Barcelona beschäftigt und der größte Name im polnischen Kader, prüfte Berger zwischen den deutschen Pfosten mit einem tückischen Kopfball, aber die 34-Jährige bewahrte ihr Team mit einem Klassereflex vor dem Rückstand. Beim olympischen Turnier 2024, quasi der Generalprobe zur EM, hatte Berger mit ihren Elfmeter-Paraden den wohl größten Anteil am Gewinn der Bronzemedaille. Sie deutete früh an, auch in der Schweiz den Unterschied machen zu können.

Wer ist Plan B? Nach 90 Minuten steht dem Gewinn der ersten drei Punkte also der Verlust von Kapitänin Gwinn gegenüber. »Giuli ist eine sehr wichtige Spielerin für uns«, sagte Offensivstar Brand nach dem Spiel. »Ich glaube, man hat schon einen kleinen Knick gemerkt bei uns.« Ersatzfrau Wamser taucht im SPIEGEL-Datencheck als Spielerin mit dem niedrigsten Martkwert auf – und als Stürmerin: Die 21-Jährige, die von Eintracht Frankfurt zu Bayer Leverkusen wechselt, spielt erst seit Kurzem regelmäßig auf der Rechtsverteidigerposition. »Sie ist eine unheimlich körperliche Spielerin, sie bringt Dynamik rein, sie hat 'nen guten Zweikampf«, sagte Wück nach dem Spiel über die Senkrechtstarterin.

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