Es scheint, als hätte die Fotobranche kurz vor dem Sommer die Objektivwochen ausgerufen: Erst in der vorletzten Woche wurde Sonys FE 50–150 mm F2 GM vorgestellt, und nun machen zwei andere interessante Optiken von sich reden. Fangen wir mit dem bezahlbaren an: Nur 299 Euro lautet die UVP für Canons RF 75-300mm f/4-5.6 für den RF-Mount. Klingt nach einem typischen Reisezoom, das vielleicht nicht ganz die besten optischen Leistungen bringt.
Canons RF 75-300mm f/4-5.6 ist ein alter Bekannter
Und das bewahrheitet sich anhand der technischen Daten auch, selbst wenn wir das Objektiv noch nicht in der Hand hatten: 13 Linsen in 9 Gruppen und ein DC-Motor klingen eher aus der DSLR-Ära. Tatsächlich verweist Canon auf der Produktseite des Canon EF 75-300mm f/4-5.6 III – vorgestellt 1999 – auf ein neueres Modell, eben das gerade genannte RF-Objektiv. Das ist 27 Gramm schwerer geworden, was wohl auf die neue Abdichtung gegen Wettereinflüsse zurückzuführen ist, aber eben auch nicht teurer. Und mit 507 Gramm für ein 4,3-fach-Zoom immer noch leicht. Das, und eine leichte 50- oder 35mm-Festbrennweite bringt auf langen Touren schon ziemlich weit.
Sigmas lichtstarkes Supertele im Test
Wenn man dagegen Sigmas neuestes Objektiv mitnehmen will, muss man schon genau überlegen, ob man die knapp 4 Kilo nur für die Optik den ganzen Tag mit sich herumschleppen will. Denn das ist der Preis – neben den 7000 Euro UVP – für ein lichtstarkes Supertele. Die Rede ist vom 300-600mm f/4 DG OS Sports, das nun ausgeliefert wird. Angekündigt hatte es Sigma schon im Februar 2025. Angesichts der optischen Daten ist klar: Diese Riesenröhre ist für Sport- und Tierfotografie.
Dank einer durchgehenden Blendenöffnung von f/4.0 ist immer die Frage, insbesondere bei solchen extremen Brennweiten: Ist das auch bei Offenblende noch scharf? Ja, lautet die Antwort von Petapixel, die das Objektiv in einem YouTube-Video schon testen konnten. Zwar bringt Abblenden, erwartungsgemäß, mehr Schärfe, aber die ist auch bei f/4.0 den Beispielbildern nach zu urteilen durchaus sehr brauchbar. Sonst gefielen die zahlreichen Einstellmöglichkeiten samt des frei belegbaren Rings, der ab Werk für die Blende vorgesehen ist.
In einem Punkt muss der Kolumnist den Kollegen jedoch widersprechen: das neue 300-600mm geht nicht als neues "Bigma" durch. Dieser Spitzname wurde zuerst für das Sigma 200-500mm f/2.8 APO EX DG geprägt, das mit 15,7 Kilogramm – daher hat es auch einen Tragegriff – noch viel mehr Muskelkraft vom Fotografen verlangt. 2008 erschienen, und mit dem Zoombereich und durchgehend f/2.8 immer noch konkurrenzlos, kostet es um 19.000 Euro. Aber: Es war für Canon EF, Nikon F, und Sigmas SA-Mount erhältlich. Das neue 300-600mm gibt es vorerst nur für Sonys E- und den L-Mount. Vermutlich stecken da wieder einmal die Lizenzgebühren von Canon und Nikon dahinter.
Adobe startet öffentliche Beta für Content Credentials
Seit es diese Kolumne gibt, berichtet sie auch immer wieder über CAI/C2PA, auch "Content Credentials" genannt, kurz: Das Echtheitssiegel für Fotos. Anhand von GPS-Daten samt Zeit und Ort sowie Kameramodell und auch dem Namen des Fotografen sollen kryptografisch sicher in Bilddaten die Umstände eines Bildes festgehalten werden. In Zeiten von KI-Fakes vor allem für Pressefotos eine Selbstverständlichkeit – möchte man meinen. CAI ist zwar für große Agenturen schon verfügbar, aber auch etwa Sony, mit der breitesten Palette an kompatiblen Kameras, will es immer noch nur für Profis zugänglich machen.
Anscheinend hat nun Adobe die Nase voll vom ständigen Verschleppen des Standards. Kein Wunder, hatte der Platzhirsch für Mediensoftware die CAI ursprünglich 2019 auch ins Leben gerufen. Nun hat das Unternehmen seine Adobe Content Authenticity App auch für einen öffentlichen Betatest zur Verfügung gestellt. Eigentlich sollte jeder teilnehmen können – der Adobe-Account des Autors wurde aber prompt auf die Warteliste gesetzt. Also bleibt zur Beurteilung vorerst nur der Blogeintrag von Adobe, der beschreibt, wie das funktionieren soll. Bemerkenswert ist darin unter anderem, dass man beim Signieren der Bilder auch bestimmen kann, ob sie für KI-Training zur Verfügung stehen sollen. Da es sich um ein nachträgliches, durch den Nutzer ausgestelltes, Zertifikat für Bilder handel, ist das aber nicht ganz das, was man sich von CAI für Pressefotos erwarten kann.
Warum die erste Nikon F die Fotografie veränderte
Um ein Stück der Geschichte der Pressefotografie geht es auch in unserer Empfehlung für den Long Read zum Sonntag oder zum Wochenstart. Es geht um Technik und Marketing der ersten Nikon F, die 1959 auf den Markt kam. Knut Gielen hat darin sehr schön nachgezeichnet, dass die erste F nicht nur durch ihr modulares Konzept – wechseln sie heute mal den Sucher an einer modernen Systemkamera – ein Erfolg wurde. Sondern auch, weil Nikon sie bei gesellschaftlichen Events prominent platzierte.
Weil die Kamera auch sehr robust und zuverlässig war, etablierte sie sich schließlich auch ohne Tricks als bevorzugtes Werkzeug für Berufsfotografen. Und in den folgenden Jahrzehnten auch mit zahlreichen Nachfolgemodellen. Dabei blieben die Objektive für den F-Mount immer mechanisch kompatibel. Wer will, kann sie heute bei voll manueller Bedienung auch an das spiegellose Flaggschiff Z9 schrauben, aber das fällt dann wohl eher in den Bereich Liebhaberei. Die letzte analoge Kamera der F-Serie erschien als F6 übrigens erst 2004 und bis 2020 gebaut.
(nie)