Die Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, Monika Schnitzer, hat vor der dramatischen Lage der Sozialversicherungen gewarnt und die Bundesregierung zu Reformen aufgefordert.
„Wir müssen uns auf jeden Fall mit den Sozialversicherungen beschäftigen. Die sind nicht zukunftsfest“, sagte Schnitzer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Es werde immer schwieriger, die Rentenzahlungen aus den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung zu finanzieren. „Wenn die Regierung nichts tut, wird der Kollaps unweigerlich kommen.“
Zwar räumte Schnitzer der Regierungskoalition aus Union und SPD noch etwas Zeit ein. Hinsichtlich der Wirtschaftsthemen habe die Regierung einiges in Aussicht gestellt und sei „auch schon einiges angegangen“.
„Der große Wurf fehlt aber noch“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Aktuell sehe es „nicht so aus, als gingen Union und SPD große und mutige Reformen an“.
„Bestimmte Themen dauern“, räumte Schnitzer ein. Daher würde sie der Regierung „noch ein bisschen Schonzeit zugestehen“. „Dann aber muss sie die versprochenen Reformen wirklich auf den Weg bringen.“
Schnitzer fordert Deckelung der Pflegekosten
Massiven Reformbedarf sieht die Ökonomin nicht nur bei der Rente. „Wir können auch die Ausgaben der Pflegeversicherung nicht weiter so ansteigen lassen“, sagte Schnitzer.
Zwar müsse es Unterstützung geben, aber es müsse auch klar sein, „dass jeder damit rechnen muss, irgendwann mal ein Pflegefall zu werden“. Dafür müsse auch jeder selbst vorsorgen, forderte sie.
Natürlich dürften die Menschen nicht allein gelassen werden, sagte Schnitzer weiter. „Aber solange die Menschen noch Vermögen besitzen, auch wenn es ein Eigenheim ist, dann muss das eben herangezogen werden.“
Es könne nicht erwartet werden, dass der Staat das Eigenheim schütze, „wovon am Ende die Erben profitieren“, aber die Kosten der Pflege „von der Allgemeinheit getragen werden“.
Wirtschaftsweise sieht Chancen für Arbeitsmarkt
Darüber hinaus betonte Schnitzer die Chancen des demografischen Wandels für Jüngere. „Junge Menschen sind auf dem Arbeitsmarkt in einer viel besseren Verhandlungsposition als früher die Babyboomer, die viel mehr Konkurrenz hatten“, erklärte Schnitzer. Diese könnten sie nutzen, um attraktive Arbeitsbedingungen wie Homeoffice durchzusetzen.
Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz könne den Arbeitsmarkt positiv verändern. „Durch die KI könnten wir mit weniger Menschen trotzdem sehr produktiv arbeiten“, sagte Schnitzer. Das ermögliche mehr Leistung und höhere Löhne, es sei aber nicht zu erwarten, dass die KI alle Tätigkeiten überflüssig mache.
„Es braucht immer noch Menschen, die mit dem, was die KI gemacht hat, umgehen, es interpretieren, es richtig einsetzen. Diese Tätigkeiten werden nicht überflüssig, dafür aber vielleicht andere Tätigkeiten, die man nicht besonders gerne macht“, sagte die Ökonomin weiter. (AFP, Reuters)