Zwei Tage vor dem "Endspiel" um die Champions League in Freiburg strahlt Eintracht-Coach Dino Toppmöller Selbstvertrauen und Zuversicht aus. Der Rückschlag gegen St. Pauli veranlasst ihn, den früheren NBA-Star Michael Jordan zu zitieren.

Dino Toppmöller ist mit Eintracht Frankfurt noch einen Schritt von der Champions League entfernt. IMAGO/Steinsiek.ch
90 Minuten vor Anpfiff der Spieltagspressekonferenz am Donnerstagnachmittag gab Eintracht Frankfurt Dino Toppmöllers vorzeitige Vertragsverlängerung um zwei Jahre bis 2028 bekannt - ein starkes Zeichen der Klubführung und des Trainers vor dem Knallerspiel um die Königsklasse in Freiburg. Überraschend erfolgte die Unterschrift indes nicht, Toppmöllers Verlängerung hatte sich bereits seit dem Frühjahr abgezeichnet und ist ein logischer Schritt angesichts der Entwicklung in dieser Saison. Die gegenseitige Wertschätzung ist immens, hinzu kommt Toppmöllers besondere Identifikation mit der Eintracht. In der Saison 2003 stieg er als Spieler mit den Hessen in die Bundesliga auf, zehn Jahre zuvor saß er als Teenager im alten Waldstadion auf der Tribüne, als sein Vater Klaus die Frankfurter trainierte. Eine solche Verbindung zwischen Coach und Klub gibt es im Spitzenfußball nicht oft.
Toppmöller schwärmt von der Perspektive
Toppmöller lässt keinen Zweifel daran, dass er an eine rosige Zukunft in Frankfurt glaubt. "Ich habe schon in der letzten Saison, in einer Phase, in der es nicht so gut lief, gesagt, dass ich mich als Eintracht-Frankfurt-Fan auf eine tolle Zukunft dieses Vereins freuen würde", erinnert der Coach. Ende September 2023 war das, damals betonte er: "Wir sind auf einem extrem guten Weg." Nun erklärt er: "Der Verein ist sensationell gut geführt, es gibt klare Strukturen, und wir haben eine tolle, junge, entwicklungsfähige Mannschaft. Wir geben jeden Tag alles dafür, um diesen Verein auf das nächste Level zu heben. Ich glaube, dass uns das - verglichen mit der vergangenen Saison - schon sehr, sehr gut gelungen ist. Diese Arbeit wird fortgesetzt, unabhängig vom Ausgang des Spiels am Samstag."
Endspiel um die Champions League
Die kurzfristige Zielsetzung ist dennoch klar: Im Breisgau will Frankfurt den Einzug in die Königsklasse feiern. "Wir wollen diese tolle Saison, in der es ganz viele positive Highlights gab, am Samstag krönen. Wir alle wollen in die Champions League, das ist doch kein Geheimnis", bekräftigt Toppmöller. Entschieden wird das Duell in Freiburg nicht nur in den Beinen, sondern auch in den Köpfen. Toppmöller appelliert, das Spiel ohne Furcht vor einer Niederlage anzugehen. "Wir sollten mit großer Lust auf dieses Spiel dahin fahren, mit Gier aufs Gewinnen, nicht mit Angst vorm Verlieren", fordert er. Maximaler Einsatz versteht sich von selbst. "Wir müssen ans absolute Limit kommen. Ich will sehen, dass wir den Tank leer fahren, komplett. Darum geht es. Dann soll der Bessere gewinnen."
Er wünscht sich, dass Verein, Umfeld und Fans zusammenrücken. "Wir spüren, dass jeder total hinter uns steht und sieht, was wir geleistet haben", sagt der Coach. Die bei allen spürbare Enttäuschung nach dem 2:2 gegen St. Pauli sieht er nicht als Problem, ganz im Gegenteil. "Wir hatten dieses große Ziel, am Sonntag das Ding zu ziehen. Das haben wir nicht geschafft. Natürlich musst du dir dann auch den Raum für die Enttäuschung geben. Du kannst sie auch mal herausschreien oder eine Nacht darüber schlafen. Aber dann gilt es, den Schalter wieder umzulegen und den Fokus darauf zu richten, was du in deiner eigenen Hand hast", erläutert Toppmöller.
Vom Scheitern und Wachsen
In diesem Kontext zitiert er Basketball-Legende Michael Jordan: "Er hat oft gesagt, dass er 9000 Würfe vergeben, über 300 Spiele verloren und 26-mal den Game-Winning-Shot daneben geworfen hat. Deswegen ist er so erfolgreich, weil er immer wieder und immer wieder versagt hat. Deshalb brauchen wir keine Angst vor dem Scheitern zu haben. Am Ende ist das die Geschichte eines jeden Sportlers: aus einem Scheitern zu lernen und zu wachsen."

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Auch Kevin Trapp nennt Toppmöller als Beispiel. Der Torhüter scheiterte mit Paris St. Germain 2016 im Champions-League-Viertelfinale ganz knapp an Manchester City (2:2; 0:1), ein Jahr später gab es im Achtelfinale das historische 1:6-Debakel in Barcelona, nachdem Paris das Hinspiel 4:0 gewonnen hatte. Nach der Rückkehr zur Eintracht verlor er 2019 in der Europa League das Halbfinal-Rückspiel beim FC Chelsea im Elfmeterschießen.
"Das Ende vom Lied ist: Trappo spielt 2022 im Europa-League-Finale. Wenn er den Sensations-Save in der letzten Sekunde der Verlängerung nicht macht und keinen Elfmeter hält, gewinnt Frankfurt das Ding nicht. Aber er hält den Ball, dann den Elfmeter - und Frankfurt gewinnt die Europa League." Momente der Enttäuschung wie nach dem 2:2 gegen St. Pauli müsse man deshalb umarmen, meint Toppmöller, "daraus wirst du wachsen". Er hofft: "Vielleicht ist das genau die Challenge, die wir als junge Mannschaft brauchen."
Hellmann moniert negative Stimmung
Vorstandssprecher Axel Hellmann versucht ebenfalls, mit aufmunternden Worten etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen. "Wir haben schon so viel erlebt bei Eintracht Frankfurt und wissen, dass Entscheidungen bei uns oft am 34. Spieltag gefallen sind. Davor ist mir weder Angst noch bange", betont der Jurist in einem am Mittwochabend vom Klub verschickten Statement. Weiter führt er aus: "Für alle, die sich nicht mehr daran erinnern: Wir haben Abstiegsendspiele gehabt. Vor diesen wichtigen Spielen war mir weitaus unwohler als in dieser Situation. Ich weiß, es geht um sehr, sehr viel. Aber wir haben Europa in der Tasche und können eine herausragende Saison, die wir gespielt haben, mit der Champions League krönen. Das ist eine Riesenchance!"
Der erfahrene Strippenzieher wundert sich über die Stimmung im Umfeld. "Hier und da herrscht eine Darstellung, nach der wir gefühlt kurz vorm Abstieg stehen. Das lasse ich nicht zu, weil es der Situation nicht entspricht. Ich sage allen, die uns vielleicht von außen verunsichern wollen: Scheiß drauf. In dieser Situation musst du auf und neben dem Platz gewinnen. Es geht um Fußball und darum, das Spiel zu gewinnen - aber nicht um Leben und Tod."
Nach zwei vergebenen Matchbällen gegen Mainz und St. Pauli ist die Sorge der Fans allerdings verständlich. Unmutsbekundungen und auch Pfiffe von den Rängen sollte man als Profi aushalten können, ebenso wie mediale Kritik. Die Eintracht hat es in der eigenen Hand, in Freiburg dafür zu sorgen, dass die dunklen Wolken am Horizont der Sonne weichen und alle gemeinsam den Einzug in die Champions League feiern können. Frankfurt hat in dieser Saison nur acht Bundesliga-Spiele verloren, ist seit fünf Partien ungeschlagen und hat im Europa-Park-Stadion noch keine Niederlage kassiert. Die Eintracht kann mit breiter Brust auftreten.
Julian Franzke