US-Präsident Donald Trump hat einen Erlass unterzeichnet, der den Preis von Arzneimitteln in den USA um bis zu 90 Prozent senken soll. Die EU rechnet mit neuen Zöllen.
13. Mai 2025, 2:06 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters, dpa, AFP, vsp
US-Präsident Donald Trump prüft neue Handelsschranken für ausländische Pharmahersteller, um die Arzneimittelpreise in den USA um bis zu 90 Prozent zu senken. Dazu unterzeichnete er im Weißen Haus wie angekündigt ein entsprechendes Dekret, das Medikamentenherstellern eine Frist von 30 Tagen setzt, um Preise freiwillig zu senken. Sollte es keine deutlichen Fortschritte geben, will die US-Regierung weitere Schritte einleiten, um niedrigere Preise zu erzwingen.
Für die Umsetzung von Trumps Dekret sollen mehrere US-Behörden aktiv werden. So soll das Handelsministerium gegen Preispolitiken im Ausland vorgehen, die Trump als unfair erachtet. Das Gesundheitsministerium soll mehr Direktverkäufe von Medikamenten zu niedrigeren Preisen an US-Verbraucher ermöglichen. Die Arzneimittelbehörde FDA soll prüfen, ob künftig Importe aus zusätzlichen Industrieländern erlaubt werden können. Auch Exportbeschränkungen stehen nach Angaben aus dem Weißem Haus zur Diskussion.
Im Mittelpunkt sollen vor allem Arzneimittel stehen, bei denen die Preisunterschiede zwischen dem US-Markt und dem Ausland besonders groß sind. Konkrete Medikamente oder Produktgruppen wurden zunächst nicht genannt. Eine Einschränkung auf bestimmte Medikamentengruppen ist laut Regierungsangaben aber nicht vorgesehen.
Europa fürchtet neue Zölle
In Europa wächst nun die Sorge, dass Trump wie angedroht Zölle auf Pharmazeutika aus der EU einführen könnte. In Trumps Zollpaket von Anfang April sind Medikamente ausgenommen, derzeit läuft dazu eine Untersuchung der US-Regierung. Auch die Schweiz bangt um ihre Pharmaindustrie, die wichtigste Exportbranche des Landes.
Trump sieht sein Land vor allem von Europa übervorteilt. "Wir subventionieren die Gesundheitsversorgung anderer", sagte der Republikaner bei der Unterzeichnung des Dekrets. Die Menschen in den USA hätten jahrelang viel zu viel gezahlt. Der Europäischen Union warf Trump vor, sich in Preisverhandlungen "unverschämter als China" zu verhalten. Nun müsse Europa dafür aufkommen. "Der Rest der Welt wird mehr zahlen müssen", sagte er. "Und Amerika wird viel weniger zahlen."
US-Medikamente sind teils 40 Prozent teurer als in Europa
Laut einer Studie der Denkfabrik Rand Corporation sind rezeptpflichtige Medikamente in den USA um bis zu 40 Prozent teurer als etwa in Europa. Eine Monatspackung des viel verkauften Blutverdünnungsmittel Eliquis der Hersteller Bristol Mzers Squib und Pfizer etwa ist in den USA zum Preis von 606 US-Dollar (rund 546 Euro) gelistet. In Schweden kostet das Mittel 114 Dollar, in Japan 20 Dollar.
Der Grund: In den USA gibt es keine zentrale staatliche Preisregulierung, die für alle Arzneimittel greift. Die Pharmaindustrie spielt die bedeutendste Rolle bei der Frage, wie viel ein Medikament kostet – der staatliche Einfluss ist begrenzt.
Trump hatte schon im Wahlkampf damit geworben, diese Lücke zu schließen. Die USA sollen demnach für bestimmte Medikamente künftig nicht mehr zahlen als das Land, das den weltweit niedrigsten Preis verlangt – unabhängig von Marktgröße oder Wirtschaftskraft. "Dieses Spiel ist vorbei", sagte Trump mit Blick auf Länder, die seiner Ansicht nach bislang auf Kosten der USA von günstigen Konditionen profitiert hätten.
Für die deutsche Pharmabranche sind die USA das wichtigste Exportland und ein lukrativer Absatzmarkt. 2024 gingen dem Statistischen Bundesamt zufolge Waren im Wert von 27 Milliarden Euro und damit knapp ein Viertel (23,8 Prozent) der deutschen Pharmaexporte in die USA.
Pharmavertreter rechnen mit weitreichenden Folgen. "Eine sinkende Ertragslage gefährdet die Mittel für Forschung, Produktion und Arbeitsplätze auch an deutschen Standorten", schrieb die Beratungsfirma Simon-Kucher in einer Studie. Mit einem Umsatzrückgang in den USA steige der Druck für Unternehmen, höhere Preise in anderen Industrienationen wie Deutschland zu erzielen. Ferner könnten Pharmafirmen den Markteintritt in Deutschland oder Europa verzögern oder gar nicht erst vornehmen, um niedrige Preisreferenzen zu vermeiden und somit den Preis in den USA zu schützen.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin hielt sich zu den möglichen Folgen der Pläne bedeckt: "Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wie die Ankündigung zu den US-Arzneimittelpreisen umgesetzt werden und wie diese sich auswirken", sagte er. In Deutschland spiele die Nutzenbewertung eine entscheidende Rolle bei den Arzneimittel-Preisverhandlungen zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und Pharmaindustrie.
Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) in Deutschland nannte Trumps Erlass einen Weckruf für Europa: Eine internationale Deckelung "auf den jeweils niedrigsten Preis bremst nicht nur Investitionen in Forschung aus, sondern verzögert auch die flächendeckende Verfügbarkeit innovativer Arzneimittel", warnte der vfa.