Nach einer weiteren Nachtsitzung scheint der US-Kongress nun doch Donald Trumps Wünschen zu folgen und dessen Haushalt zu billigen. Am Donnerstagmorgen Ostküstenzeit stand im Repräsentantenhaus in Washington die finale Abstimmung bevor, und es sah so aus, als würden sich die äußerst umstrittenen Ideen aus dem Weißen Haus auch in diesem Fall durchsetzen. „One Big Beautiful Bill“ nennt der Präsident seinen Finanzierungsplan. An diesem Freitag, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, will er das Ergebnis, Amerika und sich selbst feiern.
Falls sich am Ende trotz vereinzelter Widerstände auch bei den Republikanern sowie einer ausgedehnten Brandrede des Demokraten Hakeem Jeffries genügend Stimmen finden, was zuletzt als wahrscheinlich galt, dann wird sich das Land erheblich verändern. Trumps Gesetz schreibt Steuersenkungen, die er 2017 während seiner ersten Amtszeit eingeführt hatte, auch für die kommenden Jahre fest. Es geht um ungefähr 4,5 Billionen Dollar, davon profitieren nicht zuletzt die reichsten Amerikaner. Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Militär, Grenzschutz und die Ausweisung von Immigranten ohne Papiere.
Zu den Kritikern gehört jetzt auch Elon Musk
Erheblich gekürzt werden dagegen die Zuschüsse für erneuerbare Energie und besonders die Mittel für soziale Aufgaben. In die Krankenversicherung Medicaid soll circa eine Billion Dollar weniger investiert werden; das trifft voraussichtlich mehr als zehn Millionen Menschen. Auch die Ernährungshilfe wird stark reduziert. Dennoch sind die Kosten für die Steuererleichterungen so hoch, dass die Staatsschulden nach Berechnung von Experten bis 2034 um 3,3 Billionen Dollar wachsen könnten. Die Einsparungen zum einen und die Verschuldung zum anderen sorgen für Ärger auf beiden Seiten.
Die Demokraten sind geschlossen dagegen, aber seit ihrer Wahlniederlage 2024 knapp in der Minderheit. Ihr Anführer im Senat, Chuck Schumer, nannte Trumps „Big Beautiful Bill“ kürzlich „big, ugly betrayal“, einen „großen, hässlichen Verrat“. Für seinen demokratischen Kollegen Cori Booker ist Trumps Vorstoß eine „moralische Obszönität“. Die linke Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez und der frühere Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders protestierten bei zahlreichen Kundgebungen.
Liberale Mandatsträger und gemäßigte Republikaner schockiert der Kahlschlag zulasten von Bedürftigen und zugunsten von Multimillionären. Hardliner dagegen hätten gerne noch mehr Abstriche bei den Sozialausgaben, um die weitere Schuldenlast einzudämmen. Bei den Kritikern reiht sich inzwischen auch Elon Musk ein, dabei war der milliardenschwere Unternehmer bis vor Kurzem noch Trumps oberster Sparkommissar.
Vance eilt für die entscheidende Stimme ins Kapitol
Die Abstimmung im Repräsentantenhaus überstand der Etat vor einem guten Monat trotzdem mit knapper Mehrheit und leichten Veränderungen. Den neuen Vorschlag übernahm dann der Senat. Am Dienstagmittag setzte sich die republikanische Fraktion trotz dreier Gegenstimmen aus eigenen Reihen nur deshalb 51:50 durch, weil Vizepräsident J. D. Vance nach einer 26 Stunden langen Dauersitzung ins Kapitol geeilt war und die entscheidende Stimme abgab. Mehrheitsführer John Thune hatte es in Trumps Auftrag offenbar geschafft, die meisten Widersacher auf Linie zu bringen.

Die wieder etwas umgebaute Fassung des mehr als 900 Seiten langen Gesetzestextes erreichte schließlich zur Wochenmitte ein zweites Mal das ebenfalls gespaltene Repräsentantenhaus. Noch am späten Mittwoch lehnten genügend Abgeordnete die Vorlage ab, um Trumps Zeitplan durcheinanderzubringen. Wie könne man etwas feiern, das „die Lebensqualität der Amerikaner untergräbt?“, fragte der demokratische Minderheitsführer Jeffries und verzögerte die Entscheidung am Donnerstag, indem er viele Stunden lang sprach. Dieses Gesetz sei „eine ekelhafte Abscheulichkeit“.
Mehrere Republikaner sahen das ähnlich und schienen sich aus unterschiedlichen Gründen der Opposition anzuschließen. Zwischenzeitlich forderten mindestens fünf Vertreter von Trumps Partei ihren Chef heraus, vorneweg Thomas Massie aus Kentucky. „Worauf warten die Republikaner?“, schrieb Trump nach Mitternacht in seinem Netzwerk Truth Social. „Für die Republikaner sollte dies eine einfache Ja-Stimme sein. Lächerlich!!!“
Immer wieder drohte er Abweichlern damit, bei den Vorwahlen 2026 republikanische Gegenkandidaten ins Rennen zu schicken. Mike Johnson, der Sprecher im Repräsentantenhaus, half. Gleichzeitig könnten jene, die ihnen folgen, von der Wählerschaft abgestraft werden, denn besonders die Folgen für Medicaid sind unpopulär. Schließlich stellte sich außer den Demokraten trotzdem nur noch der moderate Republikaner Brian Fitzpatrick quer. „Wir stehen an der Schwelle eines neuen goldenen Zeitalters für Amerika“, verkündete Steve Scalise, der republikanische Mehrheitsführer. An diesem 4. Juli, Fourth of July, dem Independence Day, will Donald Trump sein „Big Beautiful Bill“ unterschreiben.