Tullberg verteidigt Kurs des BVB II: "Wird nicht ohne gewisse Risiken gehen"

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Trotz Rückschlägen spricht Coach Mike Tullberg nicht von einem Fehlstart. In Lotte wartet am Sonntag der nächste Prüfstein auf die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund.

 Mike Tullberg

Sieht seine BVB-Reserve am Beginn eines Gewöhnungsprozesses: Mike Tullberg IMAGO/Maximilian Koch

Als Arne Wessels am vergangenen Sonntag gegen die Sportfreunde Siegen in der 85. Minute zur Dortmunder 2:1-Führung traf, schien der BVB II auf dem besten Weg zum ersten Saisonsieg - Überzahl, Spiel gedreht, Jubeltraube inklusive, Trainer Mike Tullberg mittendrin. Doch die Euphorie wich nur zehn Minuten später der nächsten Ernüchterung: Nach einem hohen Ball in den Strafraum fehlte in der Zuordnung die letzte Konsequenz. Siegens Verteidiger Jubes Ticha traf zum 2:2-Endstand - der zweite Dämpfer binnen einer Woche nach dem 0:3 bei der U 21 des SC Paderborn 07.

Von einem klassischen Fehlstart will Dortmund-Trainer Tullberg dennoch nicht sprechen. Für ihn ist es ein Übergangsjahr mit typischen Symptomen. "Der Verein hat mir eine Aufgabe gegeben. Die ist klar formuliert", sagt er. Es gehe darum, eine Mannschaft mit vielen Talenten zu entwickeln und einen Umbruch einzuleiten. Diese Aufgabe sei nicht auf Wochen und Monate ausgelegt, sondern auf einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren.

Dass der Weg kein Spaziergang werden würde, war absehbar - vor allem angesichts der geringen Liga-Erfahrung. In den vergangenen Jahren stiegen mit Alemannia Aachen und dem MSV Duisburg jene Teams auf, die über viel Regionalliga-Routine verfügten und dementsprechend wenig Fehler machten. In diesem Punkt haben so manche Gegner gegenüber der U 23 des BVB Vorteile. Ein Blick auf die Startelf-Zahlen zeigt: Die Siegener Anfangsformation kam auf 621 Regionalliga-West-Einsätze, Dortmunds Startelf lediglich auf 162. Dass sich das in engen Momenten in puncto Cleverness und Konsequenz bemerkbar macht, ist zumindest nicht auszuschließen.

Ausbildung vor Ergebnis

Am eingeschlagenen Weg ändert das nichts. Für Tullberg steht außer Frage, dass Ausbildung vor Ergebnis geht. Ein schneller Wiederaufstieg? Kein Muss. Es geht weniger um den Aufstieg, sondern um die fußballerische Entwicklung. "Das wird nicht ohne gewisse Risiken gehen", weiß Tullberg, dass der Weg viel Geduld erfordert.

Wie konkret sich das äußert, zeigt sich bereits in den ersten Spielen. Wie schon im Spiel bei der U 21 des SC Paderborn 07 resultierte der erste Gegentreffer gegen die Sportfreunde aus einem Aufbaufehler im Sechserraum. Tullberg analysiert nüchtern, dass die ersten beiden Gegner kaum eigene Chancen kreiert, sondern stets von Ballverlusten im Mittelfeld profitiert hätten. Es gehe nun darum, sich darauf einzustellen, dass viele Mannschaften gegen den BVB zunächst kompakt stehen und auf Umschaltmomente sowie Standards lauern.

Tullberg hadert mit Chancenverwertung

Auch die Chancenverwertung ist ein Thema. Dass sein Team gegen Siegen in Überzahl nach der Roten Karte und trotz klarer Möglichkeiten den Sieg noch aus der Hand gab, wurmt Tullberg besonders: "Wenn man Elf gegen Zehn spielt und vier Hundertprozentige hat, muss man das Spiel durchbringen", betont der U-23-Trainer. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass es dem ein oder anderen aktuell noch an regelmäßiger Spielpraxis im Seniorenbereich mangele. "Viele Spieler müssen sich erst an die Liga gewöhnen."

Auch Rückkehrer Joseph Boyamba (29) ist noch nicht bei 100 Prozent. In seiner Zeit bei Rot-Weiss Essem kam er nur selten zum Einsatz. Gegen Siegen aber leitete er nach seiner Einwechslung mit einem Pass auf den gefoulten Antonio Foti den Elfmeter ein, den Tony Reitz zum Ausgleich verwandelte. Tullberg lobt: "Das waren die besten 30 Minuten, seitdem er bei uns ist." Nach der Niederlage in Paderborn hatte Tullberg ihn noch kritisiert. Allerdings verletzte sich Boyamba in der Szene, die zur Roten Karte gegen Siegens Malik Hodroj führte, und musste ausgewechselt werden. Ein Einsatz am Wochenende ist dennoch möglich - ebenso wie der von Spielern, die im Trainingslager der Profis in Österreich weilen und am Samstag zurückkehren.

Der Auswärtsgegner am Sonntag (14 Uhr), die Sportfreunde Lotte, bringt ähnliche Qualitäten mit wie die bisherigen Kontrahenten: körperlich, kompakt, konterstark. Tullberg weiß, worauf es ankommen wird: "Das ist eine gute Regionalliga-Mannschaft, die typischen Regionalliga-Fußball spielt: überlegt lange Bälle, gute Gegenbewegung vorn." Besondere Aufmerksamkeit verlangt Routinier Marc Heider, der über reichlich Drittliga-Erfahrung verfügt. Tullberg: "Der weiß, wie man die Bälle behauptet."

Jörn Duddeck

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