Die PSV Eindhoven feierte in den vergangenen zwei Jahren in der Eredivisie die Meisterschaft. Doch im Sommer verlor sie zahlreiche offensive Leistungsträger, sodass ihre "ewigen" Konkurrenten eine Chance wittern. Die Meisteranwärter im Check.

Einer aus dem Trio wird am Saisonende mit hoher Wahrscheinlichkeit die Meisterschaft feiern: Robin van Persie, Peter Bosz und John Heitinga. imago (3)
Das vergangene Saisonfinale in der Eredivisie war ein denkwürdiges - nicht nur für die niederländische Liga, sondern für die sechs besten europäischen Ligen: PSV machte in den letzten fünf Spielen einen Neun-Punkte-Rückstand auf Ajax wett und feierte noch die zweite Meisterschaft in Serie.
Dass nach einem solch engen Meisterrennen Aussagen wie "Wir gratulieren PSV, aber nächstes Jahr werden wir Meister" folgen, ist nicht unüblich. Doch der Urheber des Satzes überraschte. Denn es war kein Verantwortlicher der Amsterdamer, sondern Feyenoords Trainer Robin van Persie. Dessen Team lag elf beziehungsweise zehn Zähler hinter seinen Rivalen, mit denen er auch in der anstehenden Saison den Titel ausmacht.
PSV verlor Quartett, das 46 Tore erzielte
Während dieses Ziel zum Zeitpunkt der Aussagen ziemlich weit weg schien, wirkt es kurz vor dem Saisonstart deutlich realistischer. Dies liegt vor allem am personellen Aderlass der PSV. Anders als noch im vergangenen Sommer verloren die Eindhovener dieses Mal zahlreiche Leistungsträger. So verließen Kapitän Luuk de Jong, Malik Tillman, Noa Lang, Johan Bakayoko, Abwehrchef Olivier Boscagli und Torwart Walter Benitez den Verein. Wie schwer die Abgänge wiegen, verdeutlicht eine Statistik der vier Erstgenannten: Das Quartett erzielte 46 der 103 Treffer.
Für diese sollen nun unter anderem neben den zwei Zugängen Alassane Plea und Ruben van Bommel auch Ricardo Pepi sowie Couhaib Driouech sorgen. Von diesem Duo erwarten die Verantwortlichen den nächsten Schritt. Sinnbildlich dafür ist Pepis Rückennummer 9, die er von de Jong übernahm.
Die fehlende Eingespielheit ist den Offensivspielern, die wahrscheinlich noch Zuwachs erhalten, aber noch anzumerken: Im Johan Cruijff Schaal gegen Außenseiter Go Ahead Eagles Deventer taten sich die Rot-Weißen schwer, ehe ein Eigentor und ein Treffer von Verteidiger Sergino Dest sie spät erlösten. "Wir müssen noch einiges abstimmen", stellte auch Trainer Peter Bosz nach dem 2:1 fest.
Anschließend hatte er ausgeführt: "Wenn mich jemand fragt: Bist du bereit für nächste Woche (Start der Eredivise; Anm. d. Red.)? Dann sage ich: Nein, wir sind noch nicht bereit. Aber das ist auch fast unmöglich."
Trotz des großen Umbruchs in der Offensive gilt seine Mannschaft erneut als Favorit auf die Meisterschaft. Dies liegt besonders am Mittelfeld. Dirigent Joey Veerman, der neue Kapitän Jerdy Schouten, Guus Til und auch Kreativgeist Ismael Saibari haben ihre hohe Qualität bereits nachgewiesen und kennen die Abläufe des sehr ansehnlichen Bosz-Balls.
"Vollgas nach vorne": Heitinga über seinen Spielstil
Apropos ansehnlicher Fußball: Auf diesen sollen sich nun auch wieder die Zuschauer in der Johan Cruijff ArenA freuen dürfen. Durch den Trainerwechsel von Francesco Farioli, der viel Wert auf Pragmatismus legt, zu John Heitinga besinnt sich Ajax wieder auf seine Identität: Heitinga, der seine ersten Erfahrungen als Trainer in der Jugendakademie des Vereins sammelte, lässt im traditionellen 4-3-3 deutlich attraktiveren Fußball spielen. "Vollgas nach vorne" lautet die Devise des ehemaligen Verteidigers.
Seine Handschrift ließ sich auch in der Vorbereitung phasenweise erkennen. Unter anderem überzeugte der Rekordmeister beim 5:1 gegen Celtic mit gepflegtem Kombinationsspiel. In dieser Partie kamen auch zahlreiche Talente wie Sechser Jorthy Mokio oder Innenverteidiger Aaron Bouwman (beide 17) zum Einsatz, die aufgrund des Trainerwechsels auf mehr Spielzeit hoffen dürfen. "Das ist Ajax, das ist unsere DNA und das passt zu unserem Verein. Ich habe jetzt für einen längeren Zeitraum Spieler mit Potenzial auf dem Platz. Das ist schön", so Heitinga.

Zwei Hoffnungsträger: Aaron Bouwman umarmt Jorthy Mokio. IMAGO/Pro Shots
Allerdings birgt es auch Risiken. So fehlt es nach dem Abgang des Routiniers und Kapitäns Jordan Henderson in der Defensive an Führungsstärke. Der weggebrochene "Leader" wirkte sich negativ auf die defensive Stabilität aus. Doch es bahnt sich bereits eine Lösung für das Problem an. Ko Itakura, für den Ajax 10,5 Millionen Euro als Sockelablöse an Gladbach überweist, soll die Abwehr führen.
Da das Auftaktprogramm leicht ist, können während des Saisonstarts noch einige Automatismen einstudiert werden. Sollte sich der Japaner in den ersten Spielen als das bislang fehlende Puzzleteil erweisen, könnte Amsterdam PSV durchaus gefährlich werden.
Wir wollen mit Energie, Intensität, Mut und Risiko spielen.
Für die Eredivisie namhafte Verstärkung auf der Innenverteidiger-Position sicherte sich nicht nur Ajax, sondern auch Feyenoord. Die Rotterdamer verpflichteten am Dienstag Anel Ahmedhodzic von Sheffield United. Eingewöhnungszeit braucht der 26-Jährige augenscheinlich nicht. Gemeinsam mit dem aus Gent geholten Tsuyoshi Watanabe bildete er nur einen Tag später in der Champions-League-Qualifikation gegen Fenerbahce ein überzeugendes Innenverteidiger-Duo. Im Laufe der Saison könnten sich die beiden zum besten Abwehrzentrum der Liga entwickeln.
Sie werden meist hoch verteidigen müssen, da Rotterdam das Spiel aktiv gestalten möchte. "Wir wollen mit Energie, Intensität, Mut und Risiko spielen. Druck nach vorne ausüben", erklärte van Persie.
Exemplarisch für den Spielstil standen die ersten 30 Minuten gegen Fenerbahce. Feyenoord übte mit seinem Kurzpassspiel großen Druck aus. Besonders Neuzugang Sem Steijn, der amtierende Torschützenkönig der Liga, kurbelte das Spiel als Zehner an. "Unter der Führung des neu ernannten Kapitäns Sem Steijn war Feyenoord in der ersten Halbzeit energiegeladen, frisch, offensiv und damit zeitweise eine Augenweide", schrieb unter anderem die niederländische Zeitung De Telegraaf.

Robin van Persie mit seinem Kapitän Sem Steijn. IMAGO/DeFodi Images
Doch es fehlt noch die Konstanz, wie der zweite Durchgang gegen Fener verdeutlichte. Kein Wunder bei den Abgängen von Leistungsträgern wie Igor Paixao oder David Hancko. Dennoch dürfte die Vorfreude der Anhänger des "Club aan de Maas" nach dem Sieg auf die Saison groß sein. Ob sie letztlich erstmals seit 2023 wieder wie von van Persie prophezeit den Kampioensschaal in die Höhe recken, ist allerdings fraglich - näher dran als im Vorjahr ist Feyenoord jedoch.
aka