Trump und Iran: Auf der Suche nach dem Deal

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Zuletzt klang es so, als müssten sich die beiden Seiten noch einmal tief in die Augen schauen. Und sich einig werden, worüber sie überhaupt reden. Es begann am Freitag damit, dass sich der Sondergesandte des US-Präsidenten, Steve Witkoff, zu einem Interview beim rechten Portal Breitbart einfand. Witkoff, ein Freund Donald Trumps, führt die Verhandlungen mit Iran, mal in Rom, meist im omanischen Muskat. Er soll ausloten, ob ein neues Atomabkommen mit Iran möglich ist, also ein Deal, der sicherstellt, dass das Regime in Teheran keine Atombombe baut. Andernfalls hat Trump mit Luftangriffen gedroht, und zwar solchen, „wie sie es noch nie erlebt haben“.

Witkoff sagte nun, eigentlich sei alles ganz einfach. „Die Iraner können keine Bombe haben“, sagte er. „Sie haben uns geantwortet, dass sie keine Bombe wollen.“ Da nehme er sie beim Wort, sagte Witkoff. Was er dann allerdings ausführte, kam in Teheran nicht gut an: Wolle die iranische Führung keine Bombe, so Witkoff, dann müsse sie ja auch kein Uran anreichern lassen.

An der Stelle wird es technisch, aber für die Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Islamischen Republik ist es zentral: Für zivile Atomkraft braucht man Uran in einem niedrigen einstelligen Anreicherungsgrad; das iranische Regime nähert sich mit 60 Grad jenem Bereich an, der für eine Atomwaffe nötig ist. Das Regime wäre wohl bereit, die Anreicherung herunterzufahren. Darauf hat es sich früher schon eingelassen, beim letzten Atomabkommen im Jahr 2015.

Die USA fordern den Rückbau der Anreicherungsanlagen

Witkoff ging jetzt aber weiter. Er sprach von „dismantling“, also dem Abbau aller Anreicherungsanlagen. Iran habe doch einen zivilen Reaktor, sagte Witkoff. In anderen Worten: Wenn es den Mullahs nur um Stromerzeugung gehe, könnten sie das nötige Uran doch auch schlicht importieren. Dafür müssen sie nicht selbst anreichern. Damit wäre die Gefahr aus der Welt, die besonders Israel fürchtet: ein nuklear bewaffnetes Iran. Ein Rückbau der Anreicherungsanlagen, so Witkoff, sei für die USA „die rote Linie“, sonst keine Unterschrift.

Der iranische Außenminister teilte gleich mit, dass er anderer Meinung sei. „Anreicherung ist unser souveränes Recht“, sagt Abbas Araghchi, der im Namen des Regimes die Verhandlungen führt. Er sprach von „maximalistischen Forderungen“ der USA, von „aufstachelnder Rhetorik“. Damit meinte er wohl auch, dass Witkoff die Iraner warnte, Trump besser nicht zu „testen“. Und jenen Halbsatz in Witkoffs Breitbart-Gespräch, die USA würden niemals einer Aufhebung der Sanktionen gegen Iran zustimmen wie damals, 2015. Dass die westlichen Sanktionen gelockert werden, ist für Teheran der Grund, mit den Amerikanern zu reden.

Außenminister Araghchi reagierte irritiert. Man höre „widersprüchliche Signale“ aus Washington, sagte er. Was er nicht sagte: Bisher hatte man auf Witkoff, den alten Trump-Freund, gehofft. Er galt nicht nur als jemand, der Trump wirklich nahesteht, näher als Marco Rubio, der Außenminister. Witkoff hatte sich auch schon mal für ein Abkommen offen gezeigt, in dem Iran nur auf höher angereichertes Uran verzichtet – nicht auf jegliche Anreicherung.

Dagegen, das wissen sie auch in Iran, gibt es in den USA einigen Widerstand. Die republikanische Partei fürchtet, dass sich Trump und Witkoff von der Islamischen Republik vorführen lassen und ein Abkommen unterschreiben, das sich von Barack Obamas aus dem Jahr 2015 nicht groß unterscheidet. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu fordert explizit den Rückbau aller Anreicherungsanlagen, sonst sei er gegen einen Deal. Netanjahu beobachtet die Verhandlungen zwischen den USA und Iran mit Misstrauen, er soll unzufrieden damit sein, dass Trump ihn nicht bei einem Angriff auf Iran unterstützen will.

Im Prinzip ist die Lage für eine Einigung gut: Sowohl Trump als auch das Regime in Teheran wollen sie, ebenso die arabischen Golfstaaten. Trump hat wieder und wieder die Iran-Politik seiner Vorgänger verhöhnt. Er möchte keine neue Krise im Nahen Osten – und sich für einen Deal feiern lassen, der seiner Darstellung nach mutmaßlich viel besser sein wird als jener, den Obama erreicht hat.

Iran ist heute militärisch und wirtschaftlich geschwächt, zu den Niederlagen im Nahen Osten kommt die Unzufriedenheit zu Hause: Das Regime hatte es in den vergangenen Jahren fast regelmäßig mit Massenprotesten zu tun, es besitzt keine Mehrheit mehr im Land. Präsident Massud Peseschkian, ein halbwegs Gemäßigter, gewann mit dem Versprechen die Wahl, die Not zu lindern, indem er mit dem Westen über eine Lockerung der Sanktionen spricht.

Bei den israelischen Luftangriffen im Oktober wirkte das iranische Militär hilflos

Innerhalb des Regimes war es dann nicht nur Peseschkian, der warnte, einen Angriff der USA und gleichzeitige Straßenproteste würde die Islamische Republik nicht überleben. Die Frage, wie man sich an der Macht hält, ist für den autokratischen Apparat entscheidend. Andererseits wissen sie dort auch, dass ihnen zur Abschreckung nur noch die Drohung mit der atomaren Bewaffnung bleibt – bei den israelischen Luftangriffen im Oktober wirkte das iranische Militär hilflos.

Am Sonntagabend nun, nach dem jüngsten Treffen mit den Amerikanern in Maskat, hörte sich Irans Außenminister Araghchi an, als könnte die Sache noch eine Weile dauern. Die Gespräche seien diesmal „ernsthafter und konkreter“ gewesen, deswegen aber auch „schwieriger“. Es komme jetzt darauf an, dass es die Gegenseite ernst meine. Kann sein, dass Araghchi auf Zeit spielt: Je länger die Gespräche dauern, desto mehr geht es um Details – und möglicherweise um einen kleineren Deal, eine Übergangslösung, die dem iranischen Regime etwas Raum lässt.

Und vielleicht ist es ja tatsächlich so, wie es offenbar Benjamin Netanjahu befürchtet: Dass Donald Trump sich zu einem Deal hinreißen lassen könnte, den der Premier nicht im Interesse Israels sieht. Denn Netanjahu weiß zwei Dinge über den US-Präsidenten. Er interessiert sich nicht sonderlich für Details. Und er hätte gern den Friedensnobelpreis.

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