Tennisplatz bei den French Open: Eine Leinwand aus rotem Sand

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Wer Daniil Medwedew beim Tennisspielen zuschaut, sieht immer wieder einen Mann, der langsam in den Wahnsinn driftet. Er schimpft mit seinem Team, den Zuschauern, gern auch dem Schiedsrichter. Aber eine seiner erstaunlichsten Tiraden richtete sich gegen den Boden.

Vor vier Jahren saß Medwedew bei einem Turnier auf der Bank, als er plötzlich mit dem Schläger auf den Sandplatz einprügelte. »Ich will nicht auf diesem Belag spielen«, sagte er zu niemandem Bestimmten, aber laut genug, dass es die Fernsehzuschauer und -zuschauerinnen mitbekamen.

Zuletzt schien sich der Russe ein wenig mit der roten Asche versöhnt zu haben. Doch bei den French Open, dem wichtigsten Sandplatzturnier, das gerade in Paris stattfindet, verlor er fluchend in der ersten Runde.

 »Ich will nicht auf diesem Belag spielen«

Tennisprofi Medwedew: »Ich will nicht auf diesem Belag spielen«

Foto: Julian Finney / Getty Images

Medwedew ist nicht der einzige Spieler, der am Sand verzweifelt. Es ist ein polarisierender Belag, der wie kein anderer Kampf bedingt und Finesse belohnt.

In Paris bestehen die Plätze aus fünf Schichten. Auf zerkleinertem Kalkstein liegen zwei Millimeter gemahlene Ziegel, wodurch das Feld seinen rötlichen Ton erhält – und besondere Eigenschaften.

Auf Sand ist abruptes Abstoppen unmöglich, häufig rutscht man in die Schläge hinein. Profis, die auf Hardcourts aufgewachsen sind, können sich damit schwertun. »Ich fühle mich immer noch wie eine Babygiraffe, als würde ich gerade laufen lernen«, sagte Tennisstar Naomi Osaka.

Ein Abnutzungskampf, der Gefühl erfordert

Der Sand beeinflusst nicht nur, wie sich Spieler bewegen. Er verändert auch das Verhalten des Balls. Er springt höher ab und wird langsamer, die Rallys werden länger.

 »Ich fühle mich immer noch wie eine Babygiraffe«

Spielerin Osaka in Madrid: »Ich fühle mich immer noch wie eine Babygiraffe«

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Jose Breton / NurPhoto / IMAGO

 Der beste Sandplatzspieler der Welt

Carlos Alcaraz: Der beste Sandplatzspieler der Welt

Foto: Julien de Rosa / AFP

Sandplatztennis wird so zu einem Abnutzungskampf. Gleichzeitig ist es die technisch und taktisch anspruchsvollste Form des Sports. Weil die Asche den Ball abbremst, braucht es mehr als nur Power, um zu punkten. Der Aufschlag verliert etwas an Wirksamkeit, dafür gewinnt der gefühlvollste Schlag an Bedeutung: der Stopp.

Carlos Alcaraz, aktuell der beste Sandplatzspieler, treibt seine Gegner regelmäßig mit Topspin hinter die Grundlinie, um sie dann mit einem kurz gespielten Ball vergebens ans Netz sprinten zu lassen.

Ein Sandplatz, vom Rutschen zerfurcht und mit Ballabdrücken übersät, erzählt eine Geschichte. »Der Sand ist wie eine Leinwand für einen Künstler«, sagte Tennisprofi Stefanos Tsitsipas zu »L’Équipe« . Und wie das bei Kunst eben so ist, können nicht alle etwas damit anfangen. Zum Beispiel Medwedew: »Wenn du gern wie ein Hund im Dreck spielst, dann verurteile ich dich nicht.«

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