Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist zu einem unangekündigten Besuch in Syrien eingetroffen. Wie ihr Ministerium am Sonntag mitteilte, reiste sie gemeinsam mit ihrem österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner in die syrische Hauptstadt Damaskus.
Dort steht demnach ein Treffen mit dem Innenminister der syrischen Übergangsregierung, Anas Chattab, auf dem Programm. Themen der Gespräche sind demnach die Sicherheitslage, die weitere Stabilisierung des Landes sowie die Perspektiven einer Rückkehr syrischer Flüchtlinge.
Deutschland habe rund eine Million Syrerinnen und Syrer aufgenommen, die vor Bürgerkrieg und dem brutalen Regime des im Dezember gestürzten Machthabers Baschar al-Assad geflohen seien, erklärte Faeser laut Ministerium. »Viele haben in Deutschland Arbeit gefunden, Deutsch gelernt und sich ein neues Leben aufgebaut – sie sollen natürlich bleiben können.«
Andere würden »in ihre Heimat zurückkehren, wenn die Hoffnung auf Frieden Realität wird«, erklärte die Ministerin. Es gehe aus ihrer Sicht nun zunächst darum, »freiwillige Rückkehr zu fördern«. Die Bundesregierung wisse, »wie angespannt die Sicherheitslage und wie prekär die humanitäre Situation noch immer ist.«
»Für uns steht an erster Stelle, dass Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abgeschoben werden«
Nancy Faeser
Trotzdem gelte es, »jetzt mit der syrischen Übergangsregierung über Sicherheit, Stabilisierung und Rückkehrperspektiven zu beraten«, erklärte die Ministerin. »Für uns steht an erster Stelle, dass Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abgeschoben werden.« Die Bundesregierung habe dazu die Gesetze erheblich verschärft. »Das muss durchgesetzt werden, sobald die Lage in Syrien dies zulässt.«
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lebten mit Stand Ende März 968.899 syrische Staatsangehörige in Deutschland. 4811 von ihnen haben Asyl erhalten. 304.701 Menschen aus Syrien wurde die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und weiteren 322.998 sogenannter subsidiärer Schutz unterhalb von Asyl gewährt.
Erste Reise wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen
Ende März seien 1080 syrische Staatsangehörige in Deutschland ohne Duldung vollziehbar ausreisepflichtig gewesen, teilte das Ministerium weiter mit. Weitere 9649 hatten demnach eine Duldung. In Deutschland eingebürgert wurden den Angaben zufolge von 2015 bis 2023 insgesamt 163.170 syrische Staatsangehörige.
Die deutsch-österreichische Delegation flog zu ihrem vorab nicht angekündigten Besuch begleitet von strengen Sicherheitsvorkehrungen von Zypern in die syrische Hauptstadt. Bei ihrem ersten Versuch im März hatten konkrete Hinweise auf eine terroristische Bedrohung für westliche Delegationen in Damaskus die Reisegruppe zur Umkehr bewogen.
Ein Bündnis unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte Syriens Langzeitmachthaber, Baschar al-Assad, Anfang Dezember nach einer Blitzoffensive gestürzt . HTS-Anführer Ahmed al-Sharaa wurde zum Übergangspräsidenten ernannt, Assad floh nach Moskau. Innenminister Anas Chattab, der die deutsch-österreichische Delegation empfing, ist erst seit dem 29. März im Amt.
Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Bundesregierung in Syrien unterwegs ist. Einerseits will sie den Neuanfang in dem arabischen Land unterstützen, das nach mehr als 13 Jahren Krieg auf ausländische Hilfe und eine Aufhebung westlicher Sanktionen angewiesen ist. Andererseits bleiben trotz des pragmatischen Kurses von al-Sharaa Zweifel , ob die Rechte von Christen, Alawiten und anderen religiösen Minderheiten künftig gewahrt bleiben. Die Mehrheit der Syrer sind wie al-Scharaa und seine Kampfgefährten sunnitische Muslime.