Staatsanwaltschaft ermittelt: Vorwürfe gegen Dragqueen wegen Verbreitung von Kinderpornografie

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Seit mehr als zwanzig Jahren ist die Dragqueen „Jurassica Parka“ eine feste Showgröße im queeren Berliner Nachtleben. Nun ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Mario O. alias Jurassica Parka wegen des Verdachts auf Besitz, Erwerb und Verbreitung kinderpornographischer Inhalte. Das bestätigte die Berliner Staatsanwaltschaft der F.A.Z. Zuvor hatten die „B.Z.“ und „der Tagesspiegel“ darüber berichtet.

Im Sommer hatte das Bundeskriminalamt Hinweise des amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) erhalten – einer gemeinnützigen Organisation, die sich seit 1984 für die Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Daraufhin durchsuchte die Berliner Polizei Anfang Juli 2025 die Wohnung von O. und beschlagnahmte digitale Datenträger. Das teilte ein Pressesprecher der Staatsanwaltschaft der F.A.Z. auf Anfrage mit. Die Beweismittel befänden sich in der Auswertung; das könne mehrere Monate dauern. „Anschließend wird festzustellen sein, ob sich der Anfangsverdacht, der zur Durchsuchung führte, bestätigt hat oder nicht.“ Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.

Mario O. bereits im Oktober 2023 verurteilt

Es ist nicht das erste Mal, dass gegen Mario O. ermittelt wird. 2023 wurde O. wegen „Verbreitung kinderpornographischer Schriften“ zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt, wie das Magazin „Siegessäule“ zuerst berichtete. Das Urteil wurde am 26. Oktober 2023 gesprochen. Im selben Jahr trat Parka in einer Folge der ZDF-Sendung „Böhmi brutzelt“ in Erscheinung, die gerade auf Social Media für Diskussionen sorgt. In der Kochshow, die im Sommer dieses Jahres eingestellt wurde, lud Moderator Jan Böhmermann jeweils einen prominenten Gast pro Folge ein, um mit ihm dessen Lieblingsspeise zu kochen. In der Folge vom 12. August 2023 kochten Parka und Böhmermann Königsberger Klopse, während sie über das Altern oder Schminktipps aus der Travestiekunst plauderten und sich Anekdoten aus ihrem Leben erzählten.

Im Verlauf schilderte Jurassica Parka eine Situation aus der Werbebranche, in der sie tätig war: „In der Agentur hatten wir mal ein Meeting: Jemand hatte Sperma auf der Tastatur. Kollege war sauer – anonym, klar.“ Später fragte Böhmermann: „Drag ist wieder politisch, oder? Rechte machen auf Familienschützer und hetzen gegen queere Lesungen.“ Parka entgegnete ihm: „Genau. Natürlich lesen Dragqueens keine Kinderbücher vor, weil sie Kinder geil finden – sondern sie möchten einfach nur Geschichten vorlesen. In ein paar Wochen mach ich auch eine Drag-Lesung in einer Kinderbibliothek, ich bin sehr gespannt, wie das so wird. Weil ich habe mit Kindern jetzt nicht so viele Berührungspunkte – ich bin ein sehr homosexueller Mann.“

Folge von ZDF-Sendung „Böhmi brutzelt“ entfernt

Zu diesem Zeitpunkt war O. zwar noch nicht verurteilt, die Ermittlungen gegen ihn hatten jedoch bereits begonnen. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der F.A.Z. mitteilte, hatte die Polizei Berlin am 8. März 2023 das Verfahren eingeleitet; die Staatsanwaltschaft übernahm am 6. April 2023. Auf Nachfrage der F.A.Z., ob das ZDF von den Ermittlungen zum Zeitpunkt der Folge von „Böhmi brutzelt“ wusste, antwortet die Rundfunkanstalt: „Dem ZDF waren die Vorwürfe zum Zeitpunkt der Produktion und Ausstrahlung nicht bekannt.“ Das Urteil sei erst gefallen, nachdem die Sendung im Juni aufgezeichnet und im August 2023 ausgestrahlt worden war. Bis Dienstagmittag konnte die Folge noch in der ZDF-Mediathek angesehen werden. Auch auf Youtube war ein Clip zu sehen; beides wurde jedoch mittlerweile gelöscht. Das bestätigte auch das ZDF: Im ZDF-Streamingportal und auf Youtube sei die Sendung „nicht mehr abrufbar“.

Mehrere Institutionen in der queeren Kulturszene verkündeten angesichts der aktuellen Ermittlungen, die Zusammenarbeit mit Jurassica Parka einzustellen. Das Berliner BKA-Theater, an dem Parka seit 2015 die Talkshow-Reihe „Paillette geht immer“ moderierte, schrieb auf Facebook, „alle geplanten Gastspiele von Jurassica Parka“ seien abgesagt. Margot Schlönzke, mit der Parka den Podcast „Parka und Schlönzke“ fünf Jahre lang betrieben hatte, schrieb ebenso auf Facebook, dass sie die Zusammenarbeit „frühestmöglich ausgesetzt“ habe. Der Podcast wurde mittlerweile offline gestellt. Nach Angaben des Magazins „Siegessäule“ kündigte auch das Kulturzentrum „SchwuZ“ eine Stellungnahme an. Erwartet werde, dass die Veranstalter die dortige Reihe „Popkicker“, bei der Parka mitwirkte, ebenso einstellten.

Mario O. selbst äußerte sich in der vergangenen Woche in einer Videobotschaft auf Instagram. Darin verkündete er, bis auf Weiteres nicht mehr öffentlich aufzutreten. Als Grund nannte O. „ein Ermittlungsverfahren wegen eines mutmaßlichen Onlinevergehens“. Zudem habe er in jüngster Vergangenheit mit seiner Suchterkrankung zu kämpfen; er sprach von „Kontrollverlust“, „Substanzmissbrauch“ und „selbstzerstörerischen Tendenzen“. Außerdem berichtete O., dass er sich einer Freundin anvertraut habe, die nun gezielt Gerüchte und Falschinformationen über ihn streue. Seine Fans bittet er „nicht jeden Scheiß“ zu glauben. Von Kinderpornografie ist in dem kurzen Videoclip nicht die Rede.

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