Sprache der Österreicher: Red Deitsch!

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In der Partie Monozentriker gegen Plurizentriker liegen Letztere uneinholbar vorn. Jedenfalls in Österreich. Diesen Nachweis führt derzeit der in Vancouver lehrende Anglist und Auslandsösterreicher Stefan Dollinger. Und zwar mit der, nach eigenen Angaben, „umfassendsten Sprachstudie“, die Österreich je zuteilwurde.

Dollinger hat vor vier Jahren die Studie „Österreichisches Deutsch oder Deutsch in Österreich?“ vorgelegt, mittlerweile in der dritten Auflage. Auch wenn sich unsere Nachbarn eine größere Lässigkeit dem Leben gegenüber attestieren, beim Thema „Gemeinsame Sprache“ hört der Spaß auf.

Wer als Tourist schon mal statt Gebäck ein Brötchen in Wien bestellt hat, kennt das Gefühl. Im Café Engländer demütigen die Ober deutsche Gäste gern mit der Frage „Wünschen die Dame Konfitüre zum Schnitzel?“

Dollinger jedenfalls, als Sohn des Eisenbahnknotenpunkts Attnang-Puchheim sozusagen von Geburt an Plurizentriker, ermittelt online. Seit Ende Mai haben 39.000 Österreicher und ein paar Hundert Zerquetschte Deutsche, die im Land leben, Auskunft gegeben, ob Deutsch für sie eine Sprache (mono) oder eine mit Unterschieden in den einzelnen deutschsprachigen Ländern (pluri) sei. 94 Prozent der Österreicher sind, unabhängig von Herkunft, Alter und Bildungsgrad, Plurizentriker.

Deutsches Hochdeutsch klingt arroganter

Dass nicht nur die Badener und Württemberger alles können außer Hochdeutsch, weiß man; Gleiches gilt für Altbayern, Franken, Alemannen, Schweizer, Südtiroler. Sie alle eint, dass sie ihre Hochdeutsch-Kompetenz eher tiefer hängen würden. Anders Österreich, das seine Hochdeutsch-Variante, so das Ergebnis der Studie, nicht nur für gebildeter, schöner und sympathischer als das deutsche Hochdeutsch hält, sondern auch für korrekter und präziser. Deutsches Hochdeutsch empfinden alle Teilnehmer als arroganter, die in Österreich lebenden Deutschen halten allerdings umgekehrt deutsches Hochdeutsch für gebildeter, korrekter und präziser.

Bis Ende September kann noch abgestimmt werden, teilnahmeberechtigt sind Inländer und Ausländer, die länger dort gelebt haben. Im Idealfall soll ein Prozent der Bevölkerung mitmachen, es fehlen also noch gut 50.000 Stimmen. Aber aufatmen ist schon erlaubt, entgegen der germanistischen Lehrmeinung, so Dollinger, sei „keine Entnationalisierung des Deutschen feststellbar“ – die jüngere Generation zeige keine verringerte Wertschätzung dem österreichischen Standarddeutsch gegenüber.

Angelobung und Bankomat, Kukuruz, Paradeiser, Faschiertes und Eierspeis, Jänner und Feber, Häferl, Leiberl und Mistkübel, Urgenz und Terminisierung sind wie das Jausnen und das Fladern und Tausende weitere Austriazismen nicht bestandsgefährdet. Vielleicht geht sich sogar noch mehr aus – nicht einmal ein halbes Prozent der Duden-Einträge trägt den Vermerk „österreichisch“.

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