Rheinland-Pfalz: Chaos bei Freien Wählern in Mainz

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Dafür, dass es im Mainzer Landtag ruhig zugeht, verschicken die Freien Wähler auffallend oft unruhige Pressemitteilungen, auch mal kurz nach Mitternacht, Betreff: „EILT“. Wobei, streng genommen verschickten sie die Mitteilungen, denn seit Montag gibt es die Fraktion nicht mehr.

Bei der vergangenen Landtagswahl 2021 hatten die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz 5,4 Prozent geholt und waren mit sechs Abgeordneten in den Landtag eingezogen. Zeitweise hatten sie sogar davon geträumt, bei der nächsten Landtagswahl die FDP in der Ampelregierung abzulösen. Aber nach Streitigkeiten auch um die Ausrichtung der Partei hatte Ende September zunächst ein Abgeordneter in der späten Sonntagnacht, dann ein zweiter seinen Austritt aus der Fraktion verkündet. Damit verliert die ihren Status, denn eine Fraktion braucht mindestens fünf Abgeordnete.

Klare Kritik am „konservativen Flügel“

Aber auch die verbleibenden vier schufen Stoff für Pressemitteilungen, darunter der Landesvorsitzende Stephan Wefelscheid. Er kündigte an, sein Amt Ende des Jahres aufgeben zu wollen. Wefelscheid hatte sich zuletzt weit über Rheinland-Pfalz hinaus einen Namen gemacht mit seiner Kritik an Kurs und Wortwahl des Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger. Zu Hause in Eifel, Hunsrück, Westerwald kam das nicht nur gut an: Ende Juni war er nicht zum Fraktionschef gewählt worden, Ende September bestimmten ihn die Delegierten auf einem Parteitag nicht einmal zum Tagungspräsidenten. Seinen Rückzug begründete er damit, dass die Partei einen „sehr, sehr konservativen Flügel“ habe. Wenn auf dem Parteitag ein Antrag eingereicht werde, keine Regenbogenflaggen mehr an öffentlichen Gebäuden zu erlauben, sei er nicht mehr der richtige Vorsitzende. Noch klarere Worte fand der Landesschatzmeister, der sein Amt ebenfalls aufgeben will. Er sprach von Versuchen, „die Inhalte der Landespartei zu verschieben, raus aus der Mitte der Gesellschaft, hin zum rechten Rand des politischen Spektrums“.

Aber wie geht es weiter? Die beiden ausgetretenen Abgeordneten haben angekündigt, weiter fraktionslos im Landtag sitzen zu wollen. Ihnen droht nach Informationen des SWR der Parteiausschluss. Die vier rund um Stephan Wefelscheid wollen eine parlamentarische Gruppe bilden, einen entsprechenden Antrag haben sie bereits gestellt, um weiterhin „als Sprachrohr unserer Kommunen zu fungieren“. So steht es zumindest in der bisher letzten Pressemitteilung.

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