Beamte ins Rentensystem Union schmettert Vorschlag von Bas ab – Wirtschaftsweise Schnitzer findet ihn sinnvoll
Kanzleramtschef Thorsten Frei hat dem Vorstoß von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas zur Reformierung des Rentensystems eine klare Absage erteilt. Aber es gibt auch Fürsprecher.
12.05.2025, 07.16 Uhr

Demonstration zum 1. Mai in Chemnitz: Renten werden zum Riesenproblem
Foto: Sebastian Willnow / dpaDie Rentenpläne der neuen Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) haben in der schwarz-roten Koalition nach Aussagen von Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) keine Chance auf Umsetzung. »Ich finde dazu auch keine Belegstelle im Koalitionsvertrag«, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD zu dem Vorschlag, auch Beamte in das gesetzliche Rentensystem einzubeziehen. »Das ist nicht common sense in der Koalition.«
Bas habe ihre Position deutlich gemacht, aber man dürfe diese Äußerungen nicht überbewerten. Frei übte aber auch inhaltliche Kritik an dem Vorschlag. »Man kann über alles reden. Aber es ist kein tragbares Finanzierungsmodell, weil klar ist: Jeder, der einbezahlt in die Rente, der kriegt auch was raus.« Es helfe nicht, einfach die Basis der gesetzlichen Rentenversicherung zu verbreitern. Das Grundproblem sei, dass heute nicht mehr sechs Erwerbstätige auf einen Rentner kämen wie in den Sechzigerjahren, sondern nur noch 1,5 Erwerbstätige.
Bas hatte vorgeschlagen, auch Politiker, Selbstständige und Beamte in das Rentensystem einzahlen zu lassen, das wegen der wachsenden Zahl an Rentenempfängern unter Druck gerät. Der frühere Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte immer wieder betont, dass ein solcher Weg wegen der im Grundgesetz geschützten Sonderregeln für Staatsdiener kaum umsetzbar sei.
»Die Integration ist kein Pappenstiel, es braucht eine lange Übergangsphase.«
Von anderer Stelle in der SPD kommt jedoch auch Rückendeckung für den Vorstoß. Das sei Beschlusslage der Partei, sagte der SPD-Sozialexperte und bisherige Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Bundestag, Bernd Rützel, der »Augsburger Allgemeinen«.
Bas hat ihren Vorschlag damit begründet, dass die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung verbessert werden müssten. In die Rentenversicherung sollten deshalb auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Der Deutsche Beamtenbund hatte den Vorstoß umgehend abgelehnt. Die Linke und der Sozialverband VdK begrüßten die Initiative dagegen.
Rützel wies darauf hin, dass durch die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten die Beitragsbasis in der Rentenversicherung verbreitert würde. Die Beiträge würden zunächst stabilisiert. »Das Gerechte daran ist, dass alle ihren solidarischen Beitrag leisten.« Aber es gebe auch Herausforderungen: »Die Integration ist kein Pappenstiel, es braucht eine lange Übergangsphase.«
Beitragsbasis würde verbreitert
Auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer spricht sich für die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem aus. Beamte in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, löse zwar nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es komme also auf das Zahlenverhältnis der jüngeren Generation zur älteren Generation an. »Und das verschlechtert sich.«
Dennoch sei es »sinnvoll«, das Pensionssystem der Beamten zu reformieren und in ein allgemeines Rentensystem für alle zu überführen – »schon um sicherzustellen, dass alle Einschränkungen, die man von gesetzlich Versicherten verlangt beziehungsweise verlangen sollte, auch eins zu eins auf sie übertragen werden«. Konkret nannte Schnitzer etwa die Begrenzung des Anstiegs der Rentenansprüche und die Erhöhung des Renteneintrittsalters.
Dem Caritas-Verband geht es wiederum eher darum, auch diejenigen in das Rentensystem einzubeziehen, deren Erwerbsbiografie durch einen zeitweisen oder gar mehrfachen Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit gekennzeichnet ist. »Wer nur von der Hälfte seines Lebenserwerbseinkommens Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlt, weil er immer wieder größere Teile seiner Erwerbsarbeit in selbstständige Tätigkeit investiert, hat ein großes Risiko, am Ende in Altersarmut zu enden«, sagte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Wenn die Regierung Menschen zu Unternehmensgründungen und Selbstständigkeit ermuntern will, muss sie die damit verbundenen Risiken verlässlich absichern.«
Welskop-Deffaa erinnerte daran, dass die Parteien sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt hatten, neue Selbstständige, die sich noch in keinem Alterssicherungssystem befänden, in die Rentenversicherung einzubeziehen. »Es ist unverständlich, warum eine Woche nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags nun über diesen Konsens ein Streit entfacht«, kritisierte die Caritas-Präsidentin.
Die Grünen fordern sogar noch viel weitergehende Reformen. »Wir sollten die gesetzliche Rente schrittweise zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in die auch Abgeordnete einzahlen«, sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Niemand sollte aber den Eindruck erwecken, damit allein ließe sich die Finanzierung einer guten Rente sichern, da muss mehr kommen von Bundesministerin Bas und der Koalition.«
In der »Rheinischen Post« warf Audretsch der Union vor, nur eigene Interessen im Blick zu haben. »Dass die Union Sonderprivilegien für Abgeordnete verteidigt, zeigt, dass sie mehr am persönlichen Vorteil orientiert ist als an einer guten Rente für die breite Bevölkerung«, sagte er.