Die Sperrung eines italienischsprachigen Blogs konservativer Katholiken durch Google hat in Italien, in den USA und anderen Ländern heftige Proteste gegen die als Zensur kritisierte Maßnahme ausgelöst. Ohne Angaben von Gründen war in der Nacht zum vergangenen Samstag der Blog „Messa in Latino“ (blog.messainlatino.it) von Googles Blogspot-Plattform entfernt worden. Wer den Blog (lamessainlatino.blogspot.com) aufzurufen versucht, erhält die Nachricht, der Blog sei „leider entfernt“ worden und die Adresse sei „für neue Blogs nicht verfügbar“.
Die Betreiber und Nutzer des gelöschten Blogs mutmaßen, dass die Abschaltung durch den Algorithmus wegen Verstoßes gegen die sogenannten Hassrede-Regeln des Blogspots und von Google insgesamt erfolgte. Danach sind Inhalte untersagt, „die Gewalt gegen Einzelpersonen oder Gruppen aufgrund von Hautfarbe oder ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Behinderung, Alter, Nationalität, Veteranenstatus, sexueller Orientierung, Geschlecht, geschlechtlicher Identität oder anderen Eigenschaften fördern oder billigen“ oder die mit „systematischer Diskriminierung oder Ausgrenzung verbunden sind“.
Mehr als eine Million Aufrufe im Juni
Der Blog und die gleichnamige Website (messainlatino.it) werden von vier katholischen Laien in Italien betrieben, verantwortlich ist der Unternehmer und Publizist Luigi Casalini. Der Blog verzeichnete im Juni 1.027.000 Aufrufe und umfasst rund 22.000 Beiträge, die nun nicht mehr zugänglich sind. Weitere 250 Beiträge seien bereits geplant gewesen, teilte Casalini mit. Der Blog wurde 2007 gegründet, nachdem Papst Benedikt XVI. in einem Erlass die Feier der außerordentlichen Messe nach dem Alten oder Tridentinischen Ritus (vornehmlich in lateinischer Sprache) ohne nennenswerte Einschränkungen zugelassen hatte – neben der ordentlichen Messe (in der jeweiligen Landessprache), wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) modernisiert worden war. Der Kampf um die Alte oder Lateinische Messe, deren Feier Papst Franziskus mit einem eigenen Erlass von 2021 stark eingeschränkt, ja fast verboten hatte, ist zu einer Art Schlachtruf für traditionalistische und ultrakonservative Katholiken geworden.
Schon vor der kompletten Löschung des Blogs waren vorübergehend einige Beiträge gelöscht worden, die nach Protesten der Blogbetreiber jedoch wieder freigeschaltet wurden. In den Interviews und Postings ging es um „klassische“ Forderungen konservativer Katholiken: Frauen sollen auch künftig nicht für das Priesteramt zugelassen werden; homosexuelle Beziehungen seien inhärent widernatürlich und dürften nicht die Segnung in irgendwelcher Form durch katholische Geistliche erfahren; das Priesterzölibat dürfe nicht angetastet werden. Es sind dies Forderungen, die zwar im Einklang mit dem geltenden römisch-katholischen Katechismus stehen, vom Google-Algorithmus jedoch als Verstoß gegen das Verbot von Diskriminierung und Hassrede „entlarvt“ werden können.
Die Anwälte der Blogbetreiber haben Anfang dieser Woche rechtliche Schritte eingelegt mit dem Argument, „Messa in Latino“ sei „ein Blog zur katholischen Lehre und Liturgie, der dem Lehramt der Heiligen Römischen Kirche treu ist“. Deshalb sei die von Google vorgenommene „ungerechtfertigte Zensur in keiner Weise verständlich“. Die Rechtsvertreter des Blogs beklagen unter Bezugnahme auf Artikel 21 der italienischen Verfassung („Jedermann hat das Recht, die eigenen Gedanken durch Wort, Schrift und jedes andere Mittel der Verbreitung frei zu äußern. Die Presse darf weder Genehmigungen noch der Zensur unterworfen werden.“) eine inakzeptable „Unterdrückung der Gedanken- und Meinungsfreiheit“. Dies füge den Blogbetreibern einen „schweren finanziellen und Imageschaden“ zu. Sie fordern die sofortige Wiederfreischaltung des Blogs und aller Blogbeiträge. Die Abschaltung des Blogs „Messa in Latino“ begreifen viele traditionalistische Katholiken als Teil einer Strategie des linken Mainstreams, als Hassrede gebrandmarkte konservative Ansichten mittels Zensur aus der öffentlichen Debatte zu verbannen.