Auf der Pressekonferenz am Donnerstag verkündete Merlin Polzin das nach den Eindrücken aus der Trainingswoche Erwartbare: Kapitän und Sturm-Hoffnung Yussuf Poulsen fällt wegen Oberschenkelproblemen, wie auch Jordan Torunarigha (Achillessehne), gegen den 1. FC Heidenheim aus. Das könnte eine Chance für Robert Glatzel bedeuten.

Ist einen Schritt näher an die Startelf gekommen: HSV-Angreifer Robert Glatzel. IMAGO/Eibner
Der gebürtige Münchner hat einst für den Samstagsgegner gespielt und im Unterhaus für den HSV vier Jahre lang verlässlich getroffen, ist seit Vorbereitungsbeginn in der internen Stürmer-Hierarchie aber auf Platz drei abgerutscht.
Dass er nun zur Option wird, hat jedoch weder mit seiner Heidenheimer Vergangenheit noch mit seinen besonderen Verdiensten zu tun, sondern mit der aktuellen Situation: Poulsen ist schon wieder im Krankenstand und Königsdörffer noch immer nicht in der Verfassung der Vorsaison. Hinzu kommt: Gegen den FCH könnte sich das Hamburger Spiel verändern.
Gegen Heidenheim könnte es auf Strafraumpräsenz ankommen
Polzin hat nach dem Aufstieg ganz bewusst auf eine kompaktere Defensive, weniger Ballbesitz und im Angriff auf Anlauf- und Sprinter-Qualitäten setzen wollen. Glatzels Kernkompetenzen kommen bekanntermaßen besser zur Geltung in einer Mannschaft, die mehr Ballbesitz hat und Strafraumpräsenz benötigt. Genau das war in den zurückliegenden Tagen ein großes Thema, auch innerhalb der Leadership-Gruppe, die am Dienstag zusammengekommen ist. Danach verriet mit Daniel Elfadli ein Führungsspieler: "Wir müssen mehr Torgefährlichkeit entwickeln, müssen besser nachschieben und brauchen auch eine bessere Strafraumbesetzung." Also Glatzel?
Polzin will sich zwei Tage vor dem ersten Richtungsweiser der noch jungen Spielzeit naturgemäß nicht festlegen, beschäftigt sich aber mit der Thematik, die Herangehensweise zu verändern in einer Partie, in der der Aufsteiger allein aufgrund der Ausgangslage gezwungen sein wird, aktiver als zuletzt zu sein. "Es ist auf jeden Fall ein Gedanke", sagt der Coach und erklärt: "Ich bin sehr froh, dass ich Mittelstürmer mit unterschiedlichen Qualitäten habe." Der verletzte Poulsen gilt als intensiver Anläufer, der seit Vorbereitungsbeginn formschwache Königsdörffer besticht durch Tempo, Glatzel ist ein Strafraumstürmer. "Bobby hat Präsenz", sagt Polzin, "deshalb ist das ein Gedanke."
Der inzwischen 31-Jährige hatte sich schon zu Beginn der Vorbereitung intensiv mit der veränderten Situation auseinandergesetzt, sehr genau registriert, dass sich die Hierarchie zu seinen Ungunsten verschoben hat und gleichzeitig versichert, diese Situation annehmen zu wollen. Genau diese Haltung bescheinigt der Trainer Glatzel nun auch. "Bobby ist ein sehr verdienter Spieler, der in der 2. Liga einen großen Anteil an der Entwicklung des Vereins hatte", sagt Polzin, "und dennoch geht es darum, dass für uns in der Bundesliga eine Entwicklung stattfindet. Er ist sehr fleißig und versucht, die Dinge umzusetzen, über die wir im Sommer gesprochen haben. In der Hinsicht hat er definitiv Schritte gemacht."
Beim Test während der Länderspielpause gegen Hannover (1:3) überzeugte er nach seiner Einwechslung nicht nur als Elfmetertorschütze, sondern auch als Anspielstation, beim 0:5 in München bekam er als Joker seine ersten Bundesligaminuten im HSV-Trikot. Folgt gegen Heidenheim der nächste Schritt, in die Startelf? "Bobby stellt sich der Situation", sagt Polzin, "und vor allem stellt er den HSV und den Erfolg der Mannschaft über alles." Womöglich erhält er gegen Heidenheim in einer Partie, die zu seiner Spielweise passen könnte, auch die Chance, von Beginn an entscheidend zum Erfolg beizutragen.
Sebastian Wolff