Polarlichter und Komet Tsuchinshan-Atlas: Was in diesen Nächten am Himmel flimmert - und wie man es fotografiert

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Für Hobbyfotografen sind es spannende Tage: Derzeit ziehen Polarlichter über den Nachthimmel, sehen konnte man das Naturphänomen bereits über Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hamburg und Bayern. Zugleich steigen die Chancen, in Deutschland einen vorbeiziehenden Kometen samt Schweif beobachten zu können. Tsuchinshan-Atlas – auch C/2023 A3 genannt – könnte nach Angaben der Vereinigung der Sternfreunde in Bensheim ab Samstag und in den darauffolgenden Nächten mit bloßem Auge oder einem Fernglas gesehen werden. Zurzeit entfernt er sich wieder von Sonne und Erde und wird immer lichtschwächer und schwerer zu erkennen.

Lietzen in Brandenburg

Lietzen in Brandenburg

Foto: Patrick Pleul / dpa
Hamburg-Duvenstedt

Hamburg-Duvenstedt

Foto: Nick Ehlers / dpa
Wandlitzsee in Brandenburg

Wandlitzsee in Brandenburg

Foto: Andreas Stroh / IMAGO

Die Polarlichter sind ein Ergebnis des derzeitigen Brodelns auf der Sonne: Deren Aktivität schwankt in einem etwa elfjährigen Zyklus. Der aktuelle Zyklus hat gerade sein Maximum – ein solches dauert ein paar Jahre, in denen es stets relativ viele Sonneneruptionen gibt. Die bunten Himmelslichter entstehen, wenn koronale Massenauswürfe (CME), also riesige Wolken aus Sonnenplasma, auf das Magnetfeld der Erde treffen.

Die Massenauswürfe können geomagnetische Stürme erzeugen. Die US-Wetterbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) meldete in der Nacht zu Freitag, dass die aktuellen Stürme Kategorie G4 erreicht hätten. Im Mai waren in großen Teilen Deutschlands Polarlichter sichtbar, die von einem Sturm der Kategorie G5 ausgelöst wurden, der höchsten Kategorie. (Sehen Sie die Fotos vom Mai hier).

Ashford in Großbritannien

Ashford in Großbritannien

Foto: Gareth Fuller / Press Association / dpa
Chicago in den USA

Chicago in den USA

Foto: Tyler Pasciak LaRiviere / Chicago Sun-Times / AP / dpa

Einmaliger Besucher vom Rand des Sonnensystems

Der Komet Tsuchinshan-Atlas bewegt sich seit sehr langer Zeit auf die Sonne zu. Astronomen in einem Observatorium in China entdeckten ihn erstmals am 9. Januar 2023 als winzigen Fleck in großen Teleskopen. Ein Komet ist ein kleiner Himmelskörper, der sich auf einer elliptischen Bahn um die Sonne bewegt und hauptsächlich aus Eis, Staub und Gestein besteht.

 Ob der kleine Himmelskörper jemals wieder an der Erde vorbeifliegt, ist ungewiss

Tsuchinshan-Atlas am 2. Oktober in Namibia: Ob der kleine Himmelskörper jemals wieder an der Erde vorbeifliegt, ist ungewiss

Foto: Michael Jäger,Gerald Rhemann Un / WAA / dpa

Der Tsuchinshan-Atlas zählt zu den nicht periodischen Kometen, die – wenn überhaupt – erst nach längeren Zeiträumen wieder in Erdnähe kommen. »In absehbarer Zeit wird Tsuchinshan-Atlas wohl nicht wiederkehren«, heißt es beim Haus der Astronomie. Der Besucher stammt demnach aus der Oortschen Wolke, einer kugelförmigen Ansammlung von Objekten am äußersten Rand des Sonnensystems. Eine vergleichbare Helligkeit hatte zuletzt im Sommer 2020 der Komet Neowise (C/2020 F3).

Am Samstag sei die Sichtbarkeit noch schwierig, sagt Uwe Pilz von der Vereinigung der Sternfreunde, helfen kann ein Fernglas. Anfang der Woche wird er wohl am besten zu sehen sein – wenn das Wetter mitspielt. Danach wird Tsuchinshan-Atlas rasch immer lichtschwächer, zudem stört das Licht des zunehmenden Mondes. Am Donnerstag, 17. Oktober, ist Vollmond – der größte und hellste des Jahres.

 Ein Fotograf steht nach Sonnenuntergang auf einem Feld und wartet auf den Kometen Tsuchinshan-Atlas

Petersdorf in Brandenburg: Ein Fotograf steht nach Sonnenuntergang auf einem Feld und wartet auf den Kometen Tsuchinshan-Atlas

Foto: Patrick Pleul / dpa

Um den 20. Oktober öffnet sich zwischen Dämmerung und Mondaufgang ein Fenster echter Dunkelheit, zumindest weit entfernt vom Lichterglanz der Städte. Allerdings wird der Komet, der zu diesem Zeitpunkt hoch am Himmel steht, dann bereits stark verblasst und geschrumpft sein. »Die Sichtbarkeit mit dem freien Auge endet um den 25. Oktober herum, für Geübte unter einem dunklen Himmel vielleicht noch ein paar Tage später«, so Pilz.

So gelingen Fotos der Naturphänomene:

Wie findet man den Kometen und Polarlichter am Himmel?

Jeweils nach Sonnenuntergang sollten sich Interessierte einen Platz mit guter Sicht zum Westhorizont suchen. Dort leuchtet der Abendstern, der helle Planet Venus. Streckt man den Arm aus, liegt der Komet Tsuchinshan-Atlas gut zwei Fäuste rechts der Venus, wie Uwe Pilz erklärt. »Der Arm muss gerade gehalten werden, also so weit vom Auge weg, wie es geht.« Mit Glück erkennt man dann einen hellen Punkt, dahinter ein Schweif. Auch die etwa von Heise.de  empfohlenen Sternhimmel Apps »Sky Guide« (iOS) und »Stellarium Mobile« (iOS und Android) können bei der Suche helfen.

Die gleichen Bedingungen gelten für das Beobachten von Polarlichtern: möglichst weit weg von künstlichem Licht – in der Stadt gelingt das auch in Kleingärten, in denen hohe Bäume verboten sind.

Wie fotografiert man?

Bei modernen Smartphones reicht bereits der »Nachtmodus«, so Frank Lungenstraß vom Planetarium Galileum in Solingen. An eine Tischkante angelehnt kann man gute Weitwinkelaufnahmen machen, bei denen man den Schweif des Kometen erkennen kann. Bei Handys ohne Nachtmodus braucht man ein Stativ. Oder man fixiert das Gerät und nutzt den Selbstauslösemodus für unverwackelte Fotos.

Wer mit Kameras fotografieren will, nutzt ebenfalls am besten ein Stativ. »Die Programmautomatik hat in den Nächten Pause, zunächst stellt man auf den manuellen Modus um«, sagte der Fotograf Markus Kiili, der sich auf Nordlichter spezialisiert hat, der dpa. Der Autofokus wird nur einmal gebraucht – um die Bilder in die Unendlichkeit scharfzustellen. »Dann muss man den Autofokus gleich ausschalten.« Sonst werden die Bilder unscharf, oder der Auslöser funktioniert gar nicht erst.

Am besten ist ein Weitwinkelobjektiv, um bei Polarlichtern möglichst viel Grün und Pink am Himmel einzufangen. Kiili verwendet meist ein lichtstarkes 14-Millimeter-Objektiv mit Festbrennweite. »Die Blende sollte möglichst klein, die Linse also möglichst weit geöffnet sein.« Auch die ISO-Einstellungen kann der Fotograf ändern, um die Belichtungszeit zu verkürzen. Das ist besonders sinnvoll, wenn sich die Nordlichter am Himmel recht schnell verändern. Bei einer langen Belichtungszeit erhält man sonst eventuell nur farbige Flecken auf dem Foto. Bei ISO-Zahlen über 1600 steigt allerdings auch das Bildrauschen.

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