Shell prüft mit Beratern laut einem Medienbericht eine mögliche Übernahme des Konkurrenten BP. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach will der britische Ölkonzern aber zunächst noch weitere Rückgänge des Aktienkurses und des Ölpreises abwarten, bevor eine Entscheidung über ein Übernahmeangebot getroffen wird. Ein endgültiger Beschluss soll laut Bloomberg wahrscheinlich davon abhängen, ob der Aktienkurs des Rivalen weiter fällt.
Die Beratungen befinden sich demnach noch in der Anfangsphase, und Shell könnte sich auch für weitere Aktienrückkäufe und ergänzende Akquisitionen anstelle einer solchen Großübernahme entscheiden. »Wie wir bereits mehrfach betont haben, konzentrieren wir uns stark darauf, den Wert von Shell zu steigern, indem wir uns weiterhin auf Leistung, Disziplin und Vereinfachung konzentrieren«, sagte ein Shell-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters zu dem Bericht. BP lehnte eine Stellungnahme ab.
Lange Zeit waren BP und Shell nahezu gleich groß, doch in den vergangenen Jahren ist Shell auf fast die doppelte Größe von BP angewachsen und erreicht einen Marktwert von umgerechnet rund 175 Milliarden Euro. Eine Übernahme des Londoner Rivalen würde Shell zu einer noch größeren Kraft in der globalen Energiebranche machen und dem Konzern eine Größenordnung verschaffen, die mit den US-Energieriesen Exxon und Chevron vergleichbar wäre. Eine Fusion würde jedoch angesichts der Größe auch regulatorische Prüfungen der Aufsichtsbehörden nach sich ziehen.
Wettbewerbsfähigkeit vor Klimaschutz
Viele europäische Energiekonzerne haben in letzter Zeit ihre Klimaziele und die Ziele für erneuerbare Energien abgeschwächt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den US-Konkurrenten wiederzuerlangen, die stärker auf Öl und Gas setzen. Nun investieren auch die europäischen Konzerne wieder mehr in fossile Energien.
Dazu gehört auch BP. Der Konzern verzeichnete 2024 einen Rückgang des Gewinns um 35 Prozent auf 8,9 Milliarden Dollar. BP-Chef Murray Auchincloss will den britischen Konzern deshalb auf Wachstum trimmen, dafür hat er im Februar einen Strategieschwenk verordnet. BP will nun bis 2027 seine jährlichen Investitionen in Öl und Gas auf zehn Milliarden Dollar erhöhen.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor unter Berufung auf Insider berichtet, dass BP das Ziel aufgeben werde, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 um das Zwanzigfache zu steigern.
Auch Shell hat angekündigt, sich künftig auf sein Kerngeschäft mit Öl und Gas konzentrieren zu wollen. So haben Shell und TotalEnergies etwa einen Teil ihrer geplanten Investitionen für den Bau des größten Kohlendioxidabscheidungs- und -speicherungsprojekts in den Niederlanden zurückgezogen. Die Technologie ist zwar umstritten, gilt aber als ein möglicher Pfeiler für eine klimaneutrale Zukunft (lesen Sie hier einen ausführlichen Bericht darüber). Die niederländische Regierung will nun finanziell für die ausfallenden Ölmultis einspringen, auch weil das Projekt Teil der Strategie zur Erreichung der niederländischen Klimaziele ist.
Klimawandel lässt unter anderem Lebensmittelpreise steigen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern unterdessen, dass die globale Energieerzeugung schnell umgestellt werden muss, um die Erderwärmung zu begrenzen. Fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas müssten so schnell wie möglich durch erneuerbare Energien wie Wind, Sonne und Wasser ersetzt werden, so der einhellige Konsens. Zudem brauche es eine drastische Reduktion der CO₂-Emissionen. Bereits jetzt nehmen Extremwetter zu, die Meeresspiegel steigen, und wichtige Ökosysteme sowie die Biodiversität leiden drastisch.
Das kommt auch im Portemonnaie der Verbraucherinnen und Verbraucher an: Der Klimawandel wirkt sich etwa auf die Lebensmittelproduktion aus, weshalb in Europa die Preise von vielen Lebensmitteln wie Olivenöl, Orangen , aber auch von Bier oder von importierten Lebensmitteln wie Kakao steigen. Paprika kosteten hierzulande im März dieses Jahres 34,5 Prozent mehr als zwölf Monate zuvor, was an einer angespannten Marktsituation liegt, unter anderem durch Extremwetter in Spanien. Der Klimawandel verstärkt Extremwetterereignisse.