In einer Phase, in der fast alles wunderbar funktioniert, tut sich ein Spieler leichter, auch wenn so ziemlich alles neu für ihn ist: Ime Okon liefert bei Hannover 96 dafür ein Beispiel.

Glückwunsch vom Kapitän: Enzo Leopold gratuliert Hannovers Debüt-Torschützen gegen Magdeburg, Ime Okon. IMAGO/Noah Wedel
Was für ein Gefühlsmix für Ime Okon am vergangenen Samstag. Auf der ungewohnten rechten Seite der Abwehr-Dreierkette sollte Hannovers neuer Verteidiger, ansonsten eher links in der Formation, gegen den 1. FC Magdeburg diesmal ran. Echte Anpassungsprobleme offenbarte der 21-Jährige nicht. Wie gewohnt schaltete er sich mutig in die Offensive ein, positionierte sich auch wie selbstverständlich bei jener Ecke, die Maurice Neubauer in der 44. Minute von der rechten Seite trat - und vollendete mit platziertem Kopfball zur 2:0-Pausenführung für 96!
"Ich bin so glücklich. Ein unbeschreibliches Gefühl. Ich habe im Training viel dafür gearbeitet", freute sich der Südafrikaner, fünfmaliger Nationalspieler für sein Land, über seinen Premierentreffer in Deutschland. Von Super Sport United Pretoria war der in Florida, einem kleinen Ort mit berühmtem Namen in der Nähe von Johannesburg, geborene Abwehrspieler in eine Umgebung gewechselt, in der zunächst so ziemlich alles neu und ungewohnt für ihn war. Von Beginn an überzeugte er bei den Niedersachsen, spielte von Beginn an und erzielte nun sein Premierentor. "Meine Kollegen, der Trainer - alle hier unterstützen mich. Ich konnte etwas zurückgeben, darauf bin ich stolz", so Okon. "Wir haben ein sehr ehrgeiziges Team. Sie helfen mir auch, mit Fehlern umzugehen."
Denn fast hätte er in der zweiten Halbzeit noch zum Wackeln gebracht, was er vorher mit aufgebaut hatte. Ein schlimmer Fehlpass auf den eigenen Torhüter Nahuel Noll leitete einen Ballbesitz für den FCM ein, in dessen Folge Okon beim Bereinigungsversuch obendrein ein Handspiel im Strafraum unterlief - eine Aktion, über die er sich sichtlich ärgerte. "Es ist nie einfach, wenn du einen Fehler machst. So etwas kann passieren im Fußball. Ich kann daraus nur lernen, wie ich es mit dieser Erfahrung beim nächsten Mal besser machen kann." Mit dem fälligen Elfer verkürzten die Gäste per Nachschuss auf 2:1, es wurde eine Weile noch einmal brenzlig. Doch Benjamin Källman machte mit seinem 3:1 den Sack zu - der Rest war Jubel vor einer erneut großen Kulisse von 40 000 Zuschauern.
"Ein cooler Typ, richtig lustig"
Okon ist das beste Beispiel, wie sich ein Neuankömmling in einem ungewohnten Umfeld entfalten kann, wenn dort, wie momentan, alles wunderbar funktioniert. Mit ihm und dem Japaner Hayate Matsuda, dem der Führungstreffer zum 1:0 gelungen war, verzeichnete Hannover beim Ausbau seiner makellosen Bilanz in dieser Saison (drei Spiele, drei Siege) gleich zwei Tor-Debütanten. "Wir freuen uns für beide", sagt Kapitän Enzo Leopold. "Gerade für Ime war es ein Glücksgefühl für die ganze Mannschaft. Es muss nicht das einzige Tor von ihm gewesen sein. Er ist ein cooler Typ, richtig lustig. Er ist sehr dankbar für das Ganze hier, es ist schon neu für ihn. Ich glaube, er fühlt sich sehr wohl." So kann Okon seinen Traum beim aktuellen Tabellenführer leben. Er selbst sagt: "Ich hatte immer das Gefühl, dass es eines Tages so kommen würde. Ich habe mein Leben lang hart dafür gearbeitet. Und wenn du hart arbeitest, bekommst du immer das Resultat." Letzteres bedeutete am Tag seines großen Auftritts aber keine große Freudenfeier im Anschluss. "Ich bin so müde, ich werde erst einmal eine langen, guten Schlaf nehmen."
Michael Richter