Seit Jahren warnt die Baubranche vor einer Krise beim Wohnungsbau. Nun zeigt sich diese auch bei den Fertigstellungszahlen. Wurden 2023 noch 294.400 Wohnungen gebaut und damit etwa so viel wie im langjährigen Durchschnitt, entstanden im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur noch 251.900 Wohneinheiten.
Nun macht sich bemerkbar, dass Bauherren seit Beginn des Ukraine-Kriegs immer weniger neue Projekte angestoßen haben. Denn die gestiegenen Kosten bei Baustoffen und Energie und vor allem die höheren Zinsen machen den Bau von Mietwohnungen unattraktiv. Auch viele Privatleute nehmen vom Bau von Einfamilienhäusern Abstand.
Höhere Zinskosten schlagen jetzt voll durch
Während 2023 viele Projekte fertiggestellt wurden, die noch zu günstigen Konditionen finanziert worden waren, schlagen die gestiegenen Finanzierungskosten nun mehr und mehr durch. „Die Wohnungsbaupolitik der Ampel ist krachend gescheitert und hinterlässt massive Schleifspuren beim Wohnungsbau“, sagte Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der Union im Bundestag.
„In Deutschland wird zu wenig und zu langsam gebaut“, konstatierte Bauministerin Verena Hubertz (SPD). Neben den ungünstigen Rahmenbedingungen verwies sie auf komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren und undurchsichtige Förderbedingungen.
Die Wohnungsbaupolitik der Ampel ist krachend gescheitert und hinterlässt massive Schleifspuren beim Wohnungsbau
Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der Union
Die Baugenehmigungen der vergangenen Jahre lassen erwarten, dass 2025 und 2026 noch weniger Wohnungen fertiggestellt werden als im vergangenen Jahr. Um das zu verhindern, will Hubertz den sogenannten Bauüberhang von 760.000 Wohnungen abbauen.
Dabei handelt es sich um Bauprojekte, die bereits genehmigt wurden, bei denen die Bauarbeiten aber noch nicht begonnen haben. Oft liegt das daran, dass die Bau- und Finanzierungskosten höher sind als von den Projektentwicklern erwartet.
Bauen dauert immer länger
Hubertz versprach der Branche nun, steuerliche Anreize zu verbessern und Neubauförderprogramme radikal zu vereinfachen. Man werde die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen und auf serielles und modulares Bauen setzen, sagte Hubertz weiter.
Tatsächlich wird der Wohnungsbau von quälend langen Prozessen behindert. Durchschnittlich vergehen in Deutschland 26 Monate von der Bewilligung bis zum fertigen Neubau, schreibt das Statistische Bundesamt – sechs Monate mehr als 2020. Im vergangenen Jahr erloschen sogar 29.000 Baugenehmigungen für Wohnungen, weil die in der Regel die mehrjährige Gültigkeitsdauer abgelaufen sei.
© dpa/Katharina Kausche
„Das Ziel muss sein: Mehr Wohnraum, weniger Hürden“, forderte der Immobilienverband ZIA und verlangte einfachere Baustandards. Der Neubau-Turbo müsse jetzt starten, nicht erst morgen und schon gar nicht übermorgen, sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger. Gemeint ist der Bau von neuen Stadtteilen ohne Bebauungsplan – eine entsprechende Reform des Baugesetzbuches will Hubertz möglichst schnell durch Kabinett und Bundestag bringen.
Inzwischen zeichnet sich langsam eine Trendwende bei der Baukonjunktur ab. Die Zahlen seien immer noch katastrophal, sagte Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), kürzlich. Allerdings habe das Neugeschäft mit Immobilienkrediten 2024 und Anfang 2025 deutlich zugelegt.
Schlechte Nachrichten für Mieter
Da der Wohnungsmangel in den Städten sich bei einer Flaute am Bau verschärft, erwarten viele Experten aber zunächst weiter steigende Mieten und Immobilienpreise. Wohnungen und Häuser verteuerten sich laut dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) zuletzt so stark wie seit Mitte 2022 nicht mehr. Und gerade in den Städten ziehen die Mieten seit Jahren kräftig an.
Die SPD will deshalb auch den Mieterschutz ausbauen. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) will die Mietpreisbremse, die Mieterhöhungen bei Neuvermietungen begrenzt, nicht nur verlängern, sondern auch auf zwischen 2014 und 2019 gebaute Gebäude ausweiten.
Die Wohnungswirtschaft fürchtet, dass das Investoren abschreckt. Hubigs Ankündigung sei „ein eklatanter Wortbruch – und das ausgerechnet zu Beginn einer neuen Regierungskoalition“, sagte der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko.
Grüne legen Gesetzentwurf vor
Zugleich setzt die Opposition Schwarz-Rot unter Druck, mehr für notleidende Mieter zu tun. Am Freitag brachten die Grünen dazu einen eigenen Gesetzentwurf im Bundestag ein. „Die Mieten in unserem Land sind zu hoch und sie steigen weiter. Für Millionen Menschen ist das eine enorme Belastung und deshalb brauchen wir dringend ein faires Mietrecht“, sagte der bau- und wohnpolitische Sprecher Kassem Taher Saleh.
Die mietenpolitische Sprecherin Hanna Steinmüller forderte die Bundesregierung auf, mehr für den gemeinnützigen und sozialen Wohnungsbau zu tun. Die meisten Wohnungen seien jedoch im Bestand. Man müsse verhindern, dass sie so schnell teurer würden. „Wenn Vermieter Wohnungen auf Vordermann bringen, dürfen sie zurecht die Miete erhöhen“, betonte Steinmüller. „Aber Mietsteigerungen, die nur möglich sind, weil die anderen Wohnungen teurer werden, wollen wir begrenzen.“
Der Gesetzentwurf der Grünen sehe vor, die Mietpreisbremse zu entfristen und Schlupflöcher etwa bei möblierten Wohnungen zu schließen, so Taher Saleh. Strengere Regeln schlagen die Grünen auch bei an die Inflation gekoppelte Indexmieten und Eigenbedarfskündigungen vor. Teilweise plant die schwarz-rote Koalition ähnliche Regelungen. (mit dpa)